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Rheinische Post: Die SPD zerstört sich selbst

Archivmeldung vom 01.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die SPD will mit Wolfgang Clement ihren ehemaligen Berliner "Superminister" für Wirtschaft und Arbeit und NRW-Ministerpräsidenten wegen parteischädigenden Verhaltens ausschließen. Clement ist der mit Abstand ranghöchste Sozialdemokrat, dem Deutschlands älteste Partei seit 1917 den Stuhl vor die Tür stellte.

Er ist nach eigenem Bekunden "vom Donner gerührt". Und selbst wenn der Beschluss auf dem Instanzenweg kassiert werden sollte, ist das Desaster für die SPD bereits perfekt. Nur weil Clement als Zeitungskolumnist von der Wahl der wirtschaftsfeindlichen hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti gewarnt hatte und auch sonst öfter quer zur konfusen Parteilinie liegt, soll er die SPD verlassen. Deutlicher kann eine Partei ihre Orientierungslosigkeit nicht offenbaren. Die SPD hat unter ihrem grotesk überforderten Parteichef Kurt Beck ihren Kompass verloren. So wird der Wunsch nach dem Rauswurf Clements zusätzlich mit seiner Urheberschaft der Hartz-IV-Reformen begründet. Folgte man dieser Argumentation, müsste die SPD als nächstes ihre Ex-Vorsitzenden Gerhard Schröder und Franz Müntefering sowie ihren wahrscheinlichen Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier ausschließen - sie waren ebenfalls Autoren der Agenda 2010. Die Sozialdemokratie, für die Clement, aber auch Peer Steinbrück, Helmut Schmidt, Friedhelm Fahrtmann oder Klaus von Dohnanyi stehen, wurzelte in einem emanzipatorischen Weltbild und einem praktischen, keinem theoretischen Gerechtigkeitsbegriff. Als das Eintreten für "Freiheit von Unterdrückung" umschreibt das Steinbrück. Das ist allerdings hinderlich für alle in der SPD, die Bündnisse mit der SED-Nachfolgeorganisation "Die Linke" anstreben. Die Clement-SPD war staatstragend, nicht staatsgläubig, offen für die Belange der Wirtschaft und den Fortschritt. Selbst wenn aus diesem Ansatz nicht immer gute Politik erwuchs - Clement gehört zu den erfolglosesten NRW-Ministerpräsidenten -, so ist er nicht falsch. Diese Berechenbarkeit der SPD hat über Jahrzehnte zu ihrem Vorteil gewirkt, zu einem stabilen Parteiengefüge und damit zu einem funktionierenden Gemeinwesen beigetragen. Die SPD der Andrea Nahles und Klaus Wowereit, die sich mit dem Ausschlussbegehren gegen Clement durchsetzte, propagiert dagegen den allumfassenden (Sozial-)Staat und somit die Entmündigung des Einzelnen unter dem Deckmantel der Fürsorge. Clement wollte das nicht kampflos zulassen, sondern um den richtigen Weg streiten. Dies funktioniert in der modernen Demokratie weniger über Ortsvereinsversammlungen als über die Auseinandersetzung in den Medien. Es ist auf keinen Fall verwerflich, sondern ehrenwert. Die Ausschluss-Entscheidung gegen Clement ist deshalb ein Sieg der seelenlosen Funktionärs- über die Volkspartei. Und sie ist ein weiterer Nagel zum Sarg der SPD.

Quelle: Rheinische Post (von Sven Gösmann)


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