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WAZ: Die Finanznöte der Revierstädte

Archivmeldung vom 30.04.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.04.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Griechen haben über ihre Verhältnisse gelebt. Ja, ja, diese Griechen. Wir könnten ihnen ein Lied davon singen, hier im Ruhrgebiet. Jeder Stadt ihr Konzerthaus, jedem Fußballklub seine Arena. Das war selbstverständlich in der Kulturhauptstadt und Fußball-Metropole. War. Denn so wie die Griechen ersticken auch die Revierstädte an ihren Schulden und werden fremdregiert. Sie sind nicht allein Schuld an dieser Misere, aber wer ist das schon?

Eingedenk der jahrzehntelangen Leucht- und Kirchturmpolitik in den Ruhrgebiets-Rathäusern war es mehr als ungewöhnlich, dass Essens OB Paß dem Traditionsklub Rot-Weiß Essen den Stadionbau vor die Füße werfen wollte - zumindest für einen Tag. Es ist das erste echte Eingeständnis, dass die lobbygetriebene Lokalpolitik alten Schlages nicht mehr funktioniert. Nicht, wenn Sportlern in städtischen Hallen der Putz aufs Haupt rieselt. Die Not ist so groß, dass sogar der uralte Nichtangriffspakt bröckelt. Der ging so: Die Sportler meckern nicht über den Kulturetat, dafür üben sich Theatermanager in Schweigen, wenn's ums neue Stadion geht. Denn beide trifft der gleiche Vorwurf vieler Bürger: Wofür ein neues Konzerthaus oder Stadion, wenn unsere Kindergärten und Schwimmbäder vergammeln oder gleich dicht gemacht werden? Sie haben den Blick fürs große Ganze, den die Politik verweigert.

Das Standardargument, das eine habe nichts mit dem andern zu tun, es handele sich schließlich um ganz verschiedene Töpfe, hat anno 2010 ausgedient. Es hat verdammt lang gedauert. Natürlich hat jeder Einzeletat mit der einen, großen Finanzmisere zu tun. Was die Städte jahrzehntelang verdrängt haben, übernimmt nun der Regierungspräsident, zum Beispiel indem er Bochum das neue Konzerthaus streicht.

Dabei ging es nie nur um Leuchttürme. Die Abwehrkämpfe fanden überall statt. So sehr sich die Parteien in den Ausschüssen oder in den Stadtteilparlamenten das Jahr über stritten: Jeden Advent überfiel sie eine seltene Einigkeit, nur ja noch den letzten Euro aus ihrem Etat auszugeben, damit es nächstes Jahr nicht weniger gibt. So mancher Straßenbuckel wurde im Dezember ersonnen. Die Folge: Heute haben alle weniger und in der Tat nichts mehr zu verteilen.

All dies ist freilich nur die halbe Wahrheit. Noch jeder Bundesfinanzminister hat stabilere Kommunalfinanzen versprochen und den Städten am Ende doch nur neue Kosten aufgebürdet. Doch sich dahinter zu verstecken, ist zu wenig. Man darf das Stadion nicht gegen das Schwimmbad und den Jugendtreff ausspielen? Und ob man darf.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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