Donaukurier: Seehofers Einsicht
Archivmeldung vom 22.05.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMinisterpräsident Horst Seehofer bleibt seinem Image treu: Ein Mann, der weiß, was die Menschen aufregt und der sich auch traut, das auszusprechen. Jetzt war, nach längerer bundespolitischer Zurückhaltung des CSU-Chefs, die "Regierungskunst" der Berliner Laienschauspielerschar um Kanzlerin Angela Merkel dran.
Auslöser war der Eiertanz um die Besteuerung der Finanzmärkte. Monatelang beantworteten die Berliner alle Forderungen, die Verursacher der Finanzkrise wenigstens symbolisch an den Kosten des Desasters zu beteiligen, mit Nichtstun. Noch vergangenen Sonntag wollte Merkel vor dem DGB-Bundeskongress davon nichts wissen. Zwei Tage später einigt sich die Koalition dann doch auf eine Finanzmarktsteuer - ohne dass die Kanzlerin es für nötig hält, ihren Sinneswandel zu erklärten. Dafür darf ihr Finanzminister wenig später in Brüssel behaupten, dass die Belastung von Banken und Spekulanten ohnehin zu nichts führt. Seehofer diagnostiziert: Von solcher Politik muss sich die Bevölkerung nur verhöhnt fühlen. Nicht anders, als wenn man jahrelang verkündet, dass nur Investitionen in die Bildung unser Land zukunftstauglich machen, um dann - wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch - bei erster Gelegenheit ausgerechnet die Mittel für Kinderbetreuung und Bildung zusammenstreichen zu wollen. Für dieses Auseinanderklaffen von Rede und Tat - oder Dahergerede und "Sachzwang" - ist der Hesse zu Recht heftig geprügelt worden. Auch von Seehofer, der allen Sparüberlegungen an so falschem Fleck eine klare Abfuhr erteilte. Schließlich genügt es nicht, erklärt der CSU-Chef, zu verstehen. Politiker müssen das Verstandene auch in konkrete Maßnahmen umsetzen. Jetzt steht die Anhebung des Bafög an - zu Recht ein zentrales Vorhaben der Koalition. Schließlich soll die Ausbildungsförderung verhindern, dass nur den Sprösslingen Gutsituierter alle Bildungswege offen stehen. Möglichst gute Ausbildung soll für befähigte junge Leute aller Schichten möglich sein. Aber schon legen sich die Länder quer: Es ist kein Geld da - jedenfalls nicht genug für mehr Bafög, tönen sie. An der Spitze der Nein-Sager: die Ministerpräsidenten Hessens und Bayerns, Roland Koch und Horst Seehofer.
Quelle: Donaukurier