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Neue Westfälische (Bielefeld): Die griechische Tragödie

Archivmeldung vom 06.05.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Europa steht am Scheideweg. Treffender hätte Angela Merkel die Situation Griechenlands, der Europäischen Union und der Gemeinschaftswährung Euro nicht formulieren können. Doch ausgerechnet an diesem Punkt der Entscheidung herrscht weitgehend Ratlosigkeit, welche Richtung einzuschlagen ist. Das Kartenmaterial ist veraltet, und die um Auskunft befragten Kundigen weisen in verschiedenste Richtungen.

In Griechenland herrschen Wut und Trauer. Wütend sind die Griechen vornehmlich auf jene, die den Staatsbankrott befördert haben. Finanzjongleure und Zocker, die auch schon mit ihren dubiosen Geschäften die Weltfinanzkrise maßgeblich verschuldeten. Diese Wut haben sie gemein mit Franzosen, Deutschen und Amerikanern. Die Wut ist verständlich angesichts der ohnmächtigen Beobachtung, dass Griechenlands Wohlhabende am Desaster der eigenen Nation Milliarden verdienen. Sie kauften mit günstigen Krediten der Europäischen Zentralbank griechische Staatsanleihen, die ihnen ein Vielfaches an Profit einbringen. Diese Wut wird seit gestern überlagert von Trauer über den grausamen Tod von drei Landsleuten in einer von einem entfesselten Mob in Brand gesetzten Bank. Mit dieser Brandstiftung wurde der Protest kriminalisiert und in einen direkten Zusammenhang mit Mord und Totschlag gebracht. Dieses sinnlose Verbrechen wird den Protest eindämmen. Spätestens jetzt muss das Nachdenken beginnen über den eigenen Beitrag zur griechischen Tragödie - etwa durch Steuerbetrug und -hinterziehung. Umfragen zufolge lehnen ohnehin 60 Prozent der Griechen Streiks gegen das Sparpaket ab. Längst hat die griechische Tragödie eine europäische Dimension. Hätten die Zocker an den Börsen und in vielen Banken nicht gierig längst neue Opfer wie Spanien, Portugal, Irland und Italien ausgeguckt, wäre die Gesundung des griechischen Patienten mit europäischen Hausmitteln kein Problem. Zumal dann nicht, wenn der Staat die Banken in die Pflicht nähme. Deren angekündigte freiwillige Beteiligungen sind allerdings eher ein Marketing-Gag als ein ernstzunehmender Beitrag. Zu Recht sind die Deutschen besorgt, dass die Politik die Finanzmärkte nicht unter Kontrolle bringen wird. Angela Merkel formulierte das überraschend ehrlich im Bundestag, als sie sagte, in letzter Konsequenz werde der Steuerzahler, also wir alle, die Zeche zahlen. Zeit also, Nägel mit Köpfen zu machen und die Banken in die Pflicht zu nehmen. Aus gutem Grund beharrt die SPD auf einer Finanztransaktionssteuer. Finanzgeschäfte würden steuerlich gleich behandelt wie der Austausch von Waren und Dienstleistungen in der Realwirtschaft. Industriefirmen werden schon beim Kauf von Rohstoffen und Vorprodukten über die Mehrwertsteuer vom Staat zur Kasse gebeten. Spekulationen an den Börsen und Finanzgeschäfte werden aber bislang nicht besteuert. Letztlich geht es nicht um mehr Einnahmen, sondern um Gleichbehandlung.

Quelle: Neue Westfälische

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