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Börsen-Zeitung: Die neuen Carry Trader Analyse

Archivmeldung vom 16.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Seit Beginn der Finanzkrise haben viele der großen Investoren ihre Carry Trades rückabgewickelt. An ihre Stelle sind neue, kleinere Marktteilnehmer getreten, die die Zinsunterschiede der unterschiedlichen Volkswirtschaften ausnutzen wollen - auch Privatanleger suchen die Vorteile.

Das Geschäftsmodell ist denkbar plausibel: Carry Trader verschulden sich in einer niedrig verzinsten Währung und investieren das Geld in einer hoch verzinsten Währung. Bei einem Leitzins von 0,5% in Japan und bis vor kurzem 8,25% in Neuseeland ließen sich da erkleckliche Gewinne erzielen. Wer liquide war, ließ sich das Geschäft nicht entgehen. Innerhalb der G-10-Währungen waren zuletzt der Yen, der Schweizer Franken und der kanadische Dollar die attraktivsten Kreditwährungen, investiert wurde in neuseeländische und australische Dollar sowie norwegische Kronen. Doch spätestens seit Beginn der Finanzkrise begann das Geschäft der Carry Trader riskanter zu werden: Schließlich sorgten die Turbulenzen auch für hohe Schwankungen an den Devisenmärkten, und Volatilität mag der Carry Trader überhaupt nicht - denn ein steigender Yen oder ein fallender Kiwi-Dollar ist stets dazu angetan, die Rendite aus den Zinsdifferenzen aufzufressen. Die großen Player, die Fonds und institutionellen Investoren haben sich aber wohl ohnehin schon aus dem Geschäft verabschiedet. Viele von ihnen, unter anderem die Investmentbanken, hatten zu viele Probleme und zu wenig überschüssige Liquidität, Stück um Stück wurden die Carry Trades rückabgewickelt. Nun trifft nach der Finanzkrise auch noch der starke Dollar die Carry Trader. Denn ein Nebeneffekt der Hausse des Greenback ist die Abwertung des australischen und des neuseeländischen Dollar.

Doch mittlerweile hat sich eine andere Händlerklasse etabliert, die in den großen Banken als "Kimono-Trader" bekannt ist. Mit dem Begriff bezeichnen die Banker japanische Hausfrauen, die mit der Haushaltskasse in neuseeländischen oder australischen Dollar zocken. Neutraler gesagt sind es japanische Kleinanleger, die den Zinsvorteil ausnutzen. Vor allem der Neuseeland-Dollar hat es den Japanern angetan: Immerhin machen Geschäfte des Währungspaars Yen/Kiwi-Dollar schätzungsweise knapp die Hälfte der offenen Positionen an der Tokioter Finanzbörse aus.

Es gibt noch eine weitere Gruppe von Privatleuten, die von den Zinsdifferenzen profitieren wollen. In Osteuropa finanziert eine stetig größer werdende Zahl privater Häuslebauer ihr neues Wohneigentum in Yen. In Ländern wie Rumänien, Polen oder Ungarn werden zwischen 40 und 60% der neuen Hypothekenkredite in Yen abgeschlossen. Das könnte zum Problem werden, wenn die Bank of Japan den Leitzins anheben sollte, der Yen aufwertet und sich die Kredite der Osteuropäer verteuern. Doch auch einige der großen Institute könnten nervös werden, wenn der Yen aufwertet: Aus Marktkreisen verlautet, dass sich zahlreiche Banken auf beiden Seiten des Atlantiks in größerem Stil in Yen refinanzieren. Der günstige Zinssatz hat dabei den Vorteil, dass man die Bilanz billig ausgleichen kann, die durch strukturierte Produkte in Schieflage geraten war. Immerhin war es erstaunlich, dass der Yen von der Krise fast unbeschwert vor allem zum Dollar relativ billig geblieben ist. Wurden zunächst Yen benutzt, um in Vorkrisenzeiten die Leverage zu finanzieren, so wird jetzt die Nachfrage dadurch gestärkt, dass mit Yen die Schäden der hohen Leverage ausgeglichen werden. Der Carry Trade in Yen hat die Tendenz zum Wachsen, heißt es. Zu Beginn der Krise seien Positionen allenfalls kurzfristig zurückgefahren worden.

Obgleich der Carry Trade für die großen Investoren aktuell etwas weniger lukrativ ist: Aussterben wird er nicht, vor allem wenn man auf möglichst risikoarme Varianten innerhalb großer Währungen setzt und die tendenziell volatileren Emerging Markets außen vor lässt. Betrachtet man die drei am niedrigsten und drei am höchsten verzinsten Valuten des G-10-Universums, ließ sich zumindest vor der Krise im Monatsschnitt betrachtet fast immer Geld verdienen - spätestens wenn die Investoren mehr Lust auf Risiko haben und die Währungen weniger schwanken, dürften auch die großen Investoren wieder bei den Carry Trades dabei sein.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Martin Hampel)

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