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"Team Wallraff" ermittelt in Großküchen

Archivmeldung vom 08.06.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.06.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Günter Wallraff (2014)
Günter Wallraff (2014)

Foto: Michael Schilling
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die neueste Folge der Reportagereihe "Team Wallraff"(Montag, 8.Juni, 21.15 Uhr) dokumentiert, wie unappetitlich und unhygienisch es in manchen deutschen Großküchen zugeht, die Gerichte für Kitas, Schulen und Pflegeheime produzieren. Enthüllungsjournalist Günter Wallraff und seine RTL-Reporterkolleginnen Stefanie Albrecht und Düzen Tekkal ermittelten Undercover, dass sogar in einigen Fällen abgelaufene Waren verarbeitet werden, möglicherweise, um Kosten zu sparen. Ihre Recherchen zeigen auch, wie das Geschäft zwischen Sonderpostenhändlern und Großküchen funktioniert, die bei ihrer Massenproduktion beim Einkauf sparen wollen.

Rund 14 Millionen Menschen - vom Kindergartenkind bis zum Senior - essen täglich Gerichte, die in einer Großküche produziert werden. Das "Team Wallraff" wollte wissen, unter welchen Bedingungen die Verpflegung für die Schwächsten in unserer Gesellschaft - Kinder, alte und kranke Menschen - hergestellt wird und was in den verkauften Gerichten so alles enthalten ist. Die Reporterin Stefanie Albrecht arbeitete dazu Undercover im Herbst und Winter des vergangenen Jahres in mehreren Großküchen. Erste Station: die Firma vitesca in Wuppertal (Tagesproduktion: bis zu 25 000 Mittagessen für Kindergärten und Schulen in Deutschland), die mit drei Kochmützen zertifiziert ist - der laut ag Schulverpflegung höchsten positiven Bewertung. In ihrer Probewoche wurde sie gleich angehalten, schimmelige Gurken zu verarbeiten. Mehrfach entdeckte sie Waren, die nach dem Cook- und Chill-Verfahren (erst kochen, dann innerhalb von 90 Minuten auf 3 Grad runterkühlen) nicht ordnungsgemäß gechillt wurden, um eine mögliche Keimbildung auszuschließen. Und sie fand diverse Fleischpackungen, deren gekennzeichnetes Verbrauchsdatum längst abgelaufen ist. Bei mehreren Kisten Bio-Hackfleich, einer leicht verderblichen Ware also, das zu "Chili con carne" verarbeitet werden soll, war das Verbrauchsdatum laut Kennzeichnung sogar seit über neun Monaten abgelaufen! Eine Straftat, wie ein Anwalt für Lebensmittelrecht klarstellt.

In der Großküche der Duisburger Firma diversa, die täglich 600 Essen für Kindergärten und Grundschulen zubereitet, lernte Stefanie Albrecht, wie man dort zum Teil kocht, ohne zu Kochen: Im Rahmen eines Schnupperpraktikums erlebte sie, wie aus kalt zusammengerührten Zutaten wie Wasser, Tomatenpulver, Chilipulver, Dosengemüse und Soja-Hack ein "Chili sin Carne" zusammengerührt wurde, das erst in der Schule kurz vor der Ausgabe zum ersten Mal erhitzt wird. Weil Günther Wallraff schon mehrfach auf die Qualität des Essen in den Häusern der Marseille Kliniken AG aufmerksam gemacht worden war, meldete er sich in einer ihrer Einrichtungen, dem Pflegeheim Amarita in Oldenburg, Undercover zum Probeessen an. Außerdem schleuste sich die RTL-Reporterin Düzen Tekkal dort als Küchenhilfe für ein Praktikum im letzten Jahr ein. Sie erlebte dort diverse Nachlässigkeiten im Umgang mit der Lebensmittelverarbeitung und unhygienische Zustände. So sah sie mehr als einmal, dass Teller mit Essen oder Desserts, die aus dem Speisesaal zurückkommen, ungekühlt in der warmen Küche bereit gehalten wurden - ein Nährboden für Keime. Dabei erschien ihr die Küche nicht sehr sauber. Heimlich nahm sie diverse Proben, um die Hygienebedingungen dort untersuchen zu lassen. Ein Lebensmitteltechniker stellte u.a. Darmkeime und Schimmelbefall fest. Als "Team Wallraff" die Marseille Kliniken um eine Stellungnahme bat, bekam es zunächst statt einer Auskunft lediglich eine Rechnung über 293,69 Euro für den Aufwand, den sie betreiben müssten, um die Fragen zu beantworten. Erst nachdem die Zahlung verweigert wurde, erhielt Team Wallraff eine kostenlose Stellungnahme.

Um herauszufinden, wie Großküchen besonders kostengünstig an Waren gelangen, schlüpfte Günter Wallraff selbst in die Rolle eines Catering-Inhabers. Er traf verschiedene Lebensmittelgroßhändler und erfuhr, dass es spezielle Listen gibt, die nicht mehr frische oder kurz vor Ablauf des MHD stehende Waren zum Schnäppchenpreis anbieten.

Unterstützung bei ihren gut zehnmonatigen Recherchen erhielt das "Team Wallraff" von dem ehemaligen Lebensmittelkontrolleur Franz Voll, dem Fachanwalt Dr. Remo Klinger und der Ernährungswissenschaftlerin Alexa Iwan. Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, erklärt im Interview, warum der Bund bis heute nur freiwillige Qualitätsstandards vorgeben kann. Skeptisch äußert er sich zu der schon häufiger gestellten Forderung, den Steuersatz für Schulessen von 19 auf 7 Prozent wie z.B. beim Tierfutter zu senken: "Wenn wir die Steuer nur reduzieren bei denen, die das gewerblich machen, ist die Frage, ob dann nicht noch billiger produziert wird, überhaupt nicht beantwortet." Immerhin will der Bundesminister die RTL-Recherchen zum Anlass nehmen, die Fragen rund um einheitliche Qualitätsstandards noch einmal im Kreis der Länderkollegen zu besprechen.

Die aktuelle "Team Wallraff"-Ausgabe wurde kurzfristig um rund eine halbe Stunde verlängert. Jan Rasmus, Ressortleiter Investigativer Journalismus und Dokumentation bei RTL: " Das 'Team Wallraff' hat eine Fülle überraschender Einblicke in eine Branche bekommen, die eine hohe Verantwortung für die gesunde Ernährung ihrer zumeist jungen und alten Kunden trägt. Wir haben uns bei der Endproduktion zu der Sendezeitverlängerung entschieden, weil uns klar wurde, dass dieses komplexe Thema mehr Raum braucht." Im Anschluss an die "Team Wallraff"-Reportage berichten Günter Wallraff und seine Reporterkollegin Stefanie Albrecht ab ca. 22.50 Uhr im Magazin "EXTRA" über ihre Recherchen.

Quelle: RTL Television GmbH (ots)

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