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Kalikokrebs: Erstmals Gewässer vollständig von invasiver Tierart befreit und erfolgreich saniert

Archivmeldung vom 01.08.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.08.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Kalikokrebs mit erhobenen Scheren.
Quelle: Karsten Grabow (idw)
Kalikokrebs mit erhobenen Scheren. Quelle: Karsten Grabow (idw)

Am „Dreizack“ in Rheinstetten quaken die Laubfrösche wieder und auch die Königslibellen sind zurück. Biologen der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe sowie der Stadt Rheinstetten ist es gelungen, ein Gewässer erstmals vollständig vom Kalikokrebs zu befreien und erfolgreich zu sanieren. Im Rahmen eines von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg geförderten Forschungsprojekts haben die Wissenschaftler Maßnahmen entwickelt, die Wirkung zeigen: Baumstammbarrieren um das Gewässer und Kies auf dem Boden verhindern, dass sich die hochinvasiven Krebse dort ansiedeln.

Der „Dreizack“: Vom Kalikokrebs vollständig befreites Gewässer.
Quelle: Andreas Martens (idw)
Der „Dreizack“: Vom Kalikokrebs vollständig befreites Gewässer. Quelle: Andreas Martens (idw)

Seit vielen Jahren breitet sich der hochinvasive Kalikokrebs am Oberrhein aus und bedroht einheimische Amphibien und Libellen. Gemeinsam mit der Stadt Rheinstetten ist es Biologen der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe nun gelungen, ein Gewässer erstmals vollständig von Kalikokrebsen zu befreien und erfolgreich zu sanieren. Im Rahmen des von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg geförderten Forschungsprojekts „Management des invasiven Kalikokrebses zum Schutz von Amphibien und Libellen in Kleingewässern“ haben die Wissenschaftler entsprechende Konzepte entwickelt und untersucht. Umgesetzt hat sie in den vergangenen Jahren die Stadt Rheinstetten.

Baumstammbarriere und Kiesschicht zeigen Wirkung

Eine Baumstammbarriere verhindert, dass die über Land wandernden Krebse zum Gewässer gelangen, und eine Kiesschicht an Ufer und Boden sorgt dafür, dass die Krebse keine Röhren bauen können. Das ist wichtig, weil die Krebse in diesen Röhren sogar das Austrocknen des Gewässers überleben. „Im Dreizack gibt es jetzt eindeutig keine Kalikokrebse mehr“, bilanziert Andreas Stephan, Doktorand am Institut für Biologie und Schulgartenentwicklung. „Seit Monaten haben wir in den 25 Fangsteinen, mit denen wir das Monitoring des Gewässers realisieren, keine Kalikokrebse mehr gefangen. Die Art ist dort definitiv nicht mehr vorhanden.“

„Wir freuen uns sehr, dass ein erster Erfolg bei der Bekämpfung des invasiven Kalikokrebses durch eine Kombination von Maßnahmen - insbesondere Habitatveränderungen und die Schaffung von Barrieren - am ‚Dreizack‘ in Rheinstetten verzeichnet werden kann und damit heimische Amphibien und Libellen das Gewässer wieder als Lebensraum nutzen können“, betont Stephanie Rebsch, Geschäftsführerin der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg.

Die Situation schien nahezu aussichtslos

Stattdessen schlüpfen jetzt am „Dreizack“ wieder Königslibellen und auch der hochgradig schützenswerte Laubfrosch ist zurück, nachdem er in Rheinstetten vom Aussterben bedroht schien. „Von Ende April bis Mitte Juni haben wir am Dreizack rund 260 Larvenhäute der Großen Königslibelle gefunden“, freut sich Prof. Dr. Andreas Martens, Leiter des Instituts für Biologie und Schulgarten­entwicklung über diesen neuen „guten Bestand“. Mit dem „Dreizack“ konnte auch das für den Laubfrosch wichtigste Gewässer in Rheinstetten saniert werden.

„Für mich schien die Situation nahezu aussichtslos“, sagt Martin Reuter, Umweltbeauftragter der Stadt Rheinstetten. Mit Reuter haben die Biologen im Rahmen des Forschungsprojekts eng zusammengearbeitet und ihre Maßnahmen abgestimmt. Nun zeigt am „Dreizack“ die Große Königslibelle wieder ihre Flugkünste und abends erklingt das laute Konzert der Laubfrösche. Denn jetzt gibt es dort keine Kalikokrebse mehr, die Kaulquappen, Laich oder Larven zum Verhängnis werden könnten.

Über das Forschungsprojekt

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Management des invasiven Kalikokrebses zum Schutz von Amphibien und Libellen in Kleingewässern“, das von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg aus Erträgen der Glücksspirale gefördert wird, haben Biologen der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe nachhaltige Managementmaßnahmen entwickelt, um die Bestände des Kalikokrebses zu reduzieren. Start war Mitte 2017, Projektende ist im Dezember 2020. Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist mit seinem Referat 56 Naturschutz und Landschaftspflege fachlich eingebunden und unterstützt die Arbeit der Wissenschaftler.

Über den Kalikokrebs

Der aus Nordamerika stammende Kalikokrebs (Faxonius immunis) hat sich am Oberrhein seit 1993 dramatisch ausgebreitet. Anders als der Kamberkrebs, der Signalkrebs, der Rote Amerikanische Sumpfkrebs und der Marmorkrebs steht er bisher nicht auf der EU-Liste invasiver gebietsfremder Arten. Kalikokrebse können in Kleingewässern hohe Dichten aufbauen und sind damit eine besondere Bedrohung für gefährdete Amphibien und Libellenarten. Unter unseren klimatischen Bedingungen schlüpft die Brut im späten Frühjahr, zumindest ein Teil der Krebse kann bereits im ersten Jahr geschlechtsreif werden. Mit bis zu 495 Eiern pro Weibchen (Durchschnitt: 150) haben Kalikokrebse eine hohe Fortpflanzungsrate und können Massenbestände mit 45 Krebsen pro Quadratmeter Wasserfläche entwickeln.

Sie gehen über Land und besiedeln so auch isolierte Gewässer, im Frühjahr wandern selbst die Eier tragenden Weibchen. Der Kalikokrebs überträgt – wie alle amerikanischen Fluss­krebs-Arten – den Erreger der Krebspest, ohne daran selbst unter normalen Bedingungen ernsthaft zu erkranken. Darüber hinaus ist er gegenüber anderen bei uns vorkommenden Flusskrebs-Arten ziemlich aggressiv. Kalikokrebse dürfen daher auf keinen Fall weiterverbreitet werden. Insbesondere sollten sie nicht in Gartenteiche eingesetzt werden, denn von dort können sie leicht entkommen.

Quelle: Pädagogische Hochschule Karlsruhe (idw)

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