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OECD fordert Euro-Rettungsfonds in Billionenhöhe

Archivmeldung vom 27.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Experten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben von der Euro-Zone einen Euro-Rettungsfonds in Höhe von einer Billion Euro zum Schutz vor der Schuldenkrise gefordert. Das würde die Erwartungen der Finanzmärkte übertreffen und zugleich Vertrauen schaffen, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria am Dienstag in Brüssel. Bereits Anfang März wurde bekannt, dass die OECD einen Billion Euro schweren Rettungsfonds fordere, um eine Ausbreitung der Schuldenkrise zu stoppen.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs hatten auf ihrem jüngsten Gipfeltreffen vereinbart, dass der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM mit 500 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Neben einer ESM-Aufstockung müsse Europa der OECD zufolge dafür sorgen, dass die Banken über genügend Geld verfügen, um die Krise zu meistern. Die EU-Staaten diskutieren gegenwärtig über die Höhe der Mittel zur Schuldenbekämpfung. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Montag eine Erhöhung des Euro-Rettungsfonds von 200 Milliarden Euro vorgeschlagen. Das greife aber laut OECD-Analyse deutlich zu kurz.

CDU-Haushälter Willsch befürchtet endlose Euro-Rettung

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch hat angesichts der Regierungspläne für eine höhere Haftung Deutschlands bei der Euro-Rettung vor den Folgen für die Steuerzahler gewarnt. "Solange wir den Irrweg, Länder vollständig aus der Marktfinanzierung zu nehmen, weitergehen, wird das nicht aufhören: bis jetzt sind alle roten Linien nach anfänglich heftigen Dementis umstandslos überschritten worden", sagte Willsch im Interview mit "Handelsblatt-Online". "Sobald der dauerhafte ESM steht, ist die Schuldenunion perfekt: es wird nicht aufhören, bis alle Defizite und Schulden der Peripherieländer bei den soliden Ländern gelandet sind."

Auf lange Sicht laufe alles auf einen Länderfinanzausgleich in Europa hinaus, sagte Willsch weiter. "Die Steuerzahler werden dies irgendwann zu spüren bekommen. Ebenso die mittelständischen Unternehmen, die nicht ihren Standort ins Ausland verlegen können." Denn irgendwo müsse das Geld, das in den Schuldenstaaten ausgegeben werde, erwirtschaftet oder eingespart werden.

Willsch erwartet vor diesem Hintergrund "kritische Nachfragen" seiner Fraktionskollegen bei der Bundesregierung. Wenn Ende März eine erneute Ausweitung des deutschen Haftungsvolumens beschlossen werden sollte, werde es zudem "einige heiße Diskussionen geben", ist sich das Mitglied im Bundestags-Haushaltsausschuss sicher. Die Regierung habe mehrmals versprochen, dass der deutsche Anteil am ESM die 190 Milliarden auf keinen Fall übersteigen werde. Auch die CSU habe sich für eine klare Obergrenze ausgesprochen. "Wenn das jetzt nicht mehr gelten soll, wird das vielen Kollegen nicht gefallen." Willsch hofft, dass seine Parteifreunde entsprechende Konsequenzen und sich gegen weitere Euro-Rettungsmaßnahmen stellen. "Ich werbe dafür, den ESM generell abzulehnen", sagte er. Die Abgeordneten seien ja alle auch in Wahlkreisen unterwegs. "Da findet sich kein Wähler, der die Schuldenunion befürwortet."

Grüne sehen Merkel bei Euro-Rettung in der Sackgasse

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, hat die Festlegung der Bundesregierung auf eine Kombination der beiden Euro-Rettungsschirme EFSF und ESM kritisiert. "Einmal mehr steckt damit das Krisenmanagement von Schwarz-Gelb in der Sackgasse", sagte Schick "Handelsblatt-Online". Die einst von den Grünen geforderte Banklizenz für den EFSF wäre die bessere Lösung gewesen: "Das hätte auch der Europäischen Zentralbank (EZB) erspart, in die zweifelhafte die Rolle des wichtigsten Krisenmanagers der Euro-Zone gezwungen zu werden", sagte Schick. Aus seiner Sicht wäre auch für den ESM eine Banklizenz die bessere Lösung: "So könnte der EZB der Ausstieg aus ihrer fragwürdigen Rolle des wichtigsten Banken- und Staatenretters der Euro-Zone jenseits parlamentarischer Kontrolle, Auflagen und Transparenz ermöglicht werden", sagte er. "Und es stünden ein für allemal ausreichend Mittel bereit, um zu verhindern, dass aus staatlichen Liquiditäts- gefährliche Solvenzkrisen werden."

Mit der geplanten parallelen Nutzung von EFSF und ESM und der zumindest temporären Ausweitung des Garantierahmens sieht Schick dagegen erneut eine rote Linie überschritten, die in der schwarz-gelben Koalition gezogen wurde. "Nun müssen die Koalitionsfraktionen klären, ob sie bereit sind, das entgegen früherer Verlautbarungen mitzutragen."

Die Bundesregierung hatte sich am Montag dazu bereit erklärt, die verfügbaren Mittel für die Euro-Rettung vorübergehend zu erhöhen. Kanzlerin Merkel sagte in Berlin, nach der Einrichtung des dauerhaften Rettungsfonds ESM könne sein Vorgänger, der EFSF, parallel dazu weiter laufen. Dies gelte, bis die schon gewährten Hilfen für Griechenland, Portugal und Irland zurückgezahlt seien. Diese müssten dann nicht auf den ESM angerechnet werden. Dadurch könnte sich die insgesamt verfügbare Summe auf bis zu 700 Milliarden Euro erhöhen, sobald der permanente Rettungsfonds seinen vollen Umfang erreicht hat. Im Zuge einer Kombination würde sich die Haftungsobergrenze für Deutschland auf knapp 230 Milliarden Euro erhöhen.

Ökonomen sehen Vergrößerung der Euro-Rettungsschirme skeptisch

Führende Ökonomen sehen die vorübergehende Vergrößerung der Euro-Rettungsschirme mit großer Skepsis. "Letztlich wird die Währungsunion nicht durch Hilfspakete, sondern nur durch Reformen in den Peripherieländern gerettet", sagte der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, "Handelsblatt-Online". Hinzu komme, dass mehr Geld die Märkte immer nur kurzfristig beruhige. Mehr Geld entspanne auch die italienischen Abgeordneten, die über das Reformpaket von Premier Mario Monti entscheiden müssen. "Aber nur mit Angstschweiß auf der Stirn stimmen sie Montis Arbeitsmarktreformen zu, die die weitgehende Unkündbarkeit italienischer Angestellter beenden soll", fügte Krämer hinzu. Ähnlich äußerte sich der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater. "Es ist richtig, dass ein größerer Kreditmechanismus vor allem Spekulanten vor Angriffen auf den Euro schützen kann", sagte Kater "Handelsblatt-Online". "Trotzdem wird der Euro nicht über die Kreditmechanismen gerettet, sondern über erfolgreiche Reformmaßnahmen in Südeuropa." Das dürfe bei der Diskussion über die Überwindung der Euro-Krise nicht in den Hintergrund gedrängt werden.

Nach Meinung des Konjunkturchefs des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, spricht zwar für eine Vergrößerung der Euro-Schirme, dass dann die Chancen geringer seien, erfolgreich dagegen zu zocken. "Allerdings muss sich der Fonds ja selbst auch Kapital am Finanzmarkt beschaffen", gab der Ökonom zu bedenken. "Und das wird umso schwieriger - und teurer - je größer er ist." Wichtiger sei deshalb derzeit, dass sichergestellt sei, dass der Fonds selbst immer liquide bleibe, notfalls mit der Europäischen Zentralbank (EZB) als letzter Finanzierungsoption. Widerspruch kommt vom Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn. Er hält die Entscheidung für eine Vergrößerung der Schirme für richtig, denn sie erhöhe die Glaubwürdigkeit der Stabilisierungsbemühungen. "Mit dem verstärkten Mitteleinsatz können ! mehr und länger verbilligte Kredite an Krisenstaaten vergeben werden, was für eine erfolgreiche Konsolidierung entscheidend ist", sagte Horn "Handelsblatt-Online". "Die höhere Haftung vermindert also gleichzeitig das Risiko ihres Eintretens."

Merkel zu Aufstockung des Euro-Rettungsschirms bereit

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist bereit die Mittel zur Euro-Rettung aufzustocken. Es sei vorstellbar, den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und seinen Vorgänger EFSF einige Jahre parallel aufzuspannen, so Merkel am Montag in Berlin. Das würde heißen, dass zusätzlich zu den 500 Milliarden Euro des ESM weitere 200 Milliarden Euro aus dem EFSF hinzu kommen. Die Kombination beider Rettungsschirme solle solange anhalten, bis die EFSF-Gelder von den Programmländern zurückgezahlt sind, so die Kanzlerin. Insgesamt hat der EFSF ein Volumen von 440 Milliarden Euro. Davon sind 200 Milliarden Euro für Hilfszahlungen an Irland, Portugal und Griechenland verplant. Der Rettungsschirm EFSF sollte bislang im Juni 2013 auslaufen. Als EFSF-Ersatz wird der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der bereits im Juli 2012 in Kraft treten soll, fungieren. Dieser hat ein Kreditvolumen von 500 Milliarden Euro, welches laut Merkel dauerhaft festgeschrieben werden soll. Zur Erreichung des Kreditvolumens sollen die Euro-Länder bis 2017 in fünf Tranchen Kapital einzahlen. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, war bereits seit einiger Zeit die Nutzung von EFSF-Mitteln diskutiert worden. Bislang hatte die Bundesregierung dem jedoch ablehnend gegenüber gestanden.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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