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Die perfekte Strategie: Barack Obamas Weg zum Triumph

Archivmeldung vom 05.11.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.11.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

2000 und 2004 wurden die Demokraten von der republikanischen Wahlkampfmaschine regelrecht "ausgepowert". 2008 gelingt es ausgerechnet dem ersten afroamerikanischen Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte der USA, die rechtskonservative Phalanx von Bushs Chefstrategen Karl Rove zu durchbrechen.

1.) Die zentrale Message: Change

Als Kandidat des Wandels anzutreten ist eine riskante Strategie, die auf nationaler Ebene meist nur nach zwei aufeinander folgenden Amtsperioden der konkurrierenden Partei angewandt wird. Bill Clinton war der letzte „Change“-Kandidat: Der Gouverneur von Arkansas konnte nicht nur das Weiße Haus nach drei republikanischen Amtszeiten (Ronald Reagan und George Bush sen.) zurückerobern, seine Kampagne bildete auch die Blaupause für Obamas Weg ins Oval Office. Ist die gegenwärtige Administration derart unpopulär wie jene von George W. Bush und die Mehrheit der Öffentlichkeit der Meinung, dass das Land einen neuen Kurs einschlagen sollte, dann ist „Change“ eine machtvolle Botschaft.

Die Kehrseite: Um als glaubwürdiger „Change“-Kandidat zu gelten, braucht es entweder Jugendlichkeit oder einen anerkannten Außenseiterstatus gegenüber politischen Eliten in Washington und eigenen Parteigranden. Barack Obama konnte beides vermitteln – und musste sich im Gegenzug mangelnde Erfahrung vorwerfen lassen.

Sowohl Hillary Clinton als auch „Maverick“ John McCain versuchten, Obama das „Change“-Thema zu entreißen – mit bescheidenem Erfolg. Beide waren bereits zu lange „im Spiel“ um die politische Bühne mit frischem Wind aufzumischen.

2.) Eine „Armee“ aus freiwillige Helfern

Um in den Vorwahlen gegen Hillary Clinton zu bestehen, die zu Beginn auf größere Mittel und stärkere Unterstützung der Parteibasis bauen konnte, rekrutierte Barack Obama ein Meer aus freiwilligen Helfern: Jung, enthusiastisch und diszipliniert „on message“ – es waren keine klassischen Parteisoldaten, die Obamas Botschaft unter die Wähler brachten, sondern tatsächlich begeisterte Helfer, deren Überzeugungskraft die konkurrierenden Wahlhelfer nicht gewachsen waren. Ihnen hat Obama seine Vorwahlsiege sowie die stärkste jugendliche Wahlbeteiligung überhaupt zu verdanken.

Die „Turn out the Vote“-Mobilisierungsoffensive in den letzten Tagen vor der Wahl gilt bereits als erfolgreichste der US-Geschichte. Unter der Leitung von Bush-Chefstratege Karl Rove optimierten die Republikaner ihr sogenanntes „Ground Game“: Meinungsumfragen vergangener Wahlen wurden analysiert, eigene Wähler ausfindig gemacht und in den jeweils als wahentscheidend erachteten Regionen eines Bundesstaates gezielt angesprochen. Die Demokraten brauchten acht Jahre, um diese Strategie zu adoptieren, bevor Obamas Wahlstrategen das “Ground Game” auf ein neues Level hoben.

3.) „It’s all about the Benjamins“ – das liebe Geld bzw. der Internet-Wahlkampf

Wahlkämpfende Parteien sind in den USA von privaten Spendern abhängig. Barack Obama konnte sich am Beginn seiner Kampagne, im Gegensatz zu Hillary Clinton, nicht auf demokratische Großspender verlassen. Stattdessen sammelte der Senator von Illinois Millionen Dollar aus kleinen Spenden im Internet, was ihm im restliche Rennen einen uneinholbaren finanziellen Vorteil verschaffen sollte.

4.) 50-Staaten-Strategie

Mit diesem finanziellen Vorsprung konnte Obamas Wahlkampfteam einen tatsächlich nationalen Wahlkampf führen: Statt sich auf wenige zentrale Swing States zu konzentrieren, investierte man in Werbemittel, Organisation und Mobilisierungskampagnen in tiefroten Bundesstaaten, die George W. Bush mit mehr als zehn Prozent Vorsprung für sich entscheiden konnte. Neben der Aussicht, einige dieser Staaten tatsächlich zu gewinnen, verfolgte diese Strategie vor allem ein Ziel: Den politischen Gegner zu ähnlichen Investitionen in Bundesstaaten zu zwingen, die eigentlich als sicheres republikanisches Kernland galten. Dadurch eröffneten sich auch in den knapperen Swing States neue Möglichkeiten, da John McCain die Mittel fehlten, um Obamas gigantischen Ausgaben für Werbung und Organisation zu neutralisieren. Das Ergebnis: Der finanzielle Muskel seiner millionen Online-Spender und einer wachsende Schar an Volontären hat Obama unterm Strich Siege in den Swing States Ohio, Florida, Virginia, Indiana und Colorado beschert und die politische Landkarte neu gezeichnet.

5.) George W. Bush & Sarah Palin

Über die unpopuläre „lahme Ente“ im Weißen Haus und ihren Einfluss auf die Wahlentscheidung von 52 Prozent der Amerikaner muss man wohl keine Worte mehr verlieren. „Acht weitere Jahre“ drohte einer der zentralen Slogans der Demokraten, der John McCain, der in 90 Prozent aller Abstimmungen im Senat mit George W. Bush gestimmt hatte, an den unbeliebten Präsidenten und Parteikollegen fesseln sollte.

Sarah Palin wiederum mobilisierte zwar die konservative, christlich-fundamentalistische Basis, schreckte umgekehrt jedoch moderate urbane Republikaner und unabhängige Wähler ab. John McCain lieferte Barack Obama mit der Wahl Sarah Palins als Vizepräsidentschaftskandidatin das stärkste Argument gegen den Vorwurf der mangelnden Erfahrung: Palin verfügt über keinen Deut mehr Erfahrung und bewies zusätzlich mangelndes Wissen in ökonomischen und außenpolitischen Fragen.

6.) Finanzkrise

Dieser Punkt führt direkt zur Finanzkrise: John McCain hatte schon des öfteren betont, dass die Wirtschaft nicht sein „guter Anzug“ sei. McCain wollte einen Wahlkampf über Fragen der nationalen Sicherheit und den Irakkrieg führen, bevor die Finanzkrise der republikanischen Strategie einen Strich durch die Rechnung machte. Eine Finanzkrise verlangt nach anderen Führungsqualitäten als ein militärischer Konflikt. Nach dem Crash von Lehmann Brothers war es zu spät für eine Kurskorrektur: Zwei Wochen zuvor hatte McCain Palin nominiert, um konservative „Values“-Voter wie religiöse Abtreibungsgegner zu mobilisieren, bei denen der liberalere „Maverick“ McCain nicht so gut ankommt wie George W. Bush. Wäre der Crash früher über die Wall Street hereingebrochen – McCain hätte wohl einen Wirtschaftsexperten als Vizepräsidentschaftskandidaten bestellt und die Wahl so vielleicht noch gedreht.

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