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EU-Parlamentspräsident: Sechs Milliarden Euro gegen Mittelmeerroute

Archivmeldung vom 25.06.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Tajani beim Kongress der EVP 2012
Tajani beim Kongress der EVP 2012

Foto: Jaqen
Lizenz: CC BY 2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani fordert die Europäische Union auf, deutlich mehr Geld bereitzustellen, um die Flucht von illegalen Migranten über das Mittelmeer zu verhindern. "Nach dem Vorbild der Vereinbarung mit der Türkei, durch die die Balkanroute geschlossen werden konnte, muss die EU mindestens sechs Milliarden Euro investieren, um die Mittelmeerroute zu schließen", schreibt Tajani in einem Gastbeitrag für die "Welt".

Außerdem müssten die Europäer enger zusammenarbeiten mit Transitländern wie Marokko, Tunesien und Algerien. Es sei eine "glaubwürdige europäische Strategie" notwendig. Gleichzeitig kritisierte der Politiker aus Italien die ungerechte Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU: "Von den 650.000 Asylanträgen in 2017 wurden 416.000 in nur drei Ländern gestellt: Deutschland, Frankreich und Italien. Diese offenkundige Ungerechtigkeit hängt mit der Dublin-Verordnung zusammen, an der sich immer häufiger Streitigkeiten und Spannungen zwischen unseren Mitgliedstaaten entzünden. Wir müssen dies ändern." Tajani forderte die Mitgliedsländer unmittelbar vor dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag dieser Woche auf, die Verteilung von Flüchtlingen gerechter zu gestalten.

"Wir benötigen ein automatisches und verpflichtendes Verfahren, nach dem die Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten verteilt werden", so Tajani. Damit stellt er sich gegen Österreichs Bundeskanzler Kurz, die Visegrad-Staaten und weitere Mitgliedsländer, die ein Verteilung nach Quoten vehement ablehnen. Tajani rief die EU-Länder im dem der "Welt"-Gastbeitrag zur Einigung über die Flüchtlingspolitik auf: "Wenn die Mitgliedstaaten keinen gemeinsamen Weg finden, die Ströme von Einwanderern und Asylbewerbern einzudämmen und zu regulieren, droht dem gesamten Projekt der Europäischen Union der Todesstoß versetzt zu werden. Unsere Bürger sind nicht mehr bereit, ein wehrloses Europa zu akzeptieren." Der kommende EU-Gipfel in dieser Woche sei "die letzte Chance, die Erwartungen einer halben Milliarde Europäer nicht zu enttäuschen."

Der Gastbeitrag im vollständigen Wortlaut: Von Antonio Tajani Unsere Bürger sind nicht mehr bereit, ein wehrloses Europa zu akzeptieren. Sie wollen eine Union, die solidarisch mit denjenigen ist, die vor Verfolgung und Kriegen fliehen. Aber entschlossen sollte sie auch gegenüber denjenigen sein, die kein Recht haben, nach Europa einzureisen oder hier zu bleiben. Der EU-Gipfel Ende dieser Woche ist die letzte Chance, die Erwartungen einer halben Milliarde Europäer nicht zu enttäuschen. Nötig sind Mut und eine kurz-, mittel- und langfristige Strategie, die auf zwei Säulen aufbaut. Einerseits müssen wir dafür sorgen, dass diejenigen, die wirklich Anspruch auf Asyl haben, sicher nach Europa gelangen - und dass ab sofort niemand mehr aus den Transitländern und von den afrikanischen Küsten aus nach Europa aufbricht. Andererseits benötigen wir ein automatisches und verpflichtendes Verfahren, nach dem die Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten verteilt werden.

Kurzfristig müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen nicht mehr auf eigene Faust aufbrechen, und so die Schleuser daran hindern, das Leben Zehntausender Menschen aufs Spiel zu setzen. Wer wirklich Asyl braucht, darf nicht der Willkür skrupelloser Menschenschmuggler überlassen werden. Wenn niemand mehr aufbricht, bedeutet das auch, dass diese Leute, die mit dem Leben von Männern, Frauen und Kindern Geschäfte machen, keinen Profit mehr machen können. Nach dem Vorbild der Vereinbarung mit der Türkei, durch die die Balkanroute geschlossen werden konnte, muss die EU mindestens sechs Milliarden Euro investieren, um die Mittelmeerrouten zu schließen. Und nach dem Vorbild der Kooperation zwischen der EU und Niger müssen wir mehr mit Transitländern wie Mauretanien, Mali, dem Tschad, Tunesien, Marokko, Algerien und sogar Libyen zusammenarbeiten. Mitte Juli werde ich mich nach Niamey und Agadez begeben, um unsere Zusammenarbeit mit dem Niger zu stärken; dabei werde ich auch eine wirtschaftsdiplomatische Mission mit europäischen Unternehmern leiten.

Von den 650.000 Asylanträgen 2017 wurden 416.000 in nur drei Ländern gestellt: Deutschland, Italien und Frankreich. Diese offenkundige Ungerechtigkeit hängt mit der Dublin-Verordnung zusammen, an der sich immer häufiger Streitigkeiten und Spannungen zwischen unseren Mitgliedstaaten entzünden. Wir müssen dies ändern. Wir benötigen ein gerechteres und effizienteres europäisches Asylsystem. Schon im November 2017 hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit einen Vorschlag für die gerechte Verteilung der Asylbewerber angenommen. Ich habe den Staats- und Regierungschefs der EU geschrieben und sie gebeten, diesen Text als Grundlage für die Reform zu verwenden. Um die unwilligsten Staaten davon zu überzeugen, dass sie diese Umverteilung akzeptieren, muss ihnen die Sicherheit geboten werden, dass die Union die Außengrenzen kontrollieren und dafür sorgen kann, dass niemand mehr von Nordafrika aus in See sticht. Auf diese Weise kämen nach Europa nur diejenigen, die im Rahmen der vom UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge verwalteten Wiederansiedlungsprojekte Anspruch auf Schutz haben.

Diese Menschen würden auf sichere Weise umgesiedelt und gerecht auf die Aufnahmestaaten in der EU verteilt, wie es bereits in den Lagern in der Türkei, in Jordanien oder im Libanon der Fall ist. Ohne eine glaubwürdige europäische Strategie, die sich auf diese beiden Säulen stützt, wird weiterhin jeder auf eigene Faust vorgehen. Das aber bedeutet die Renationalisierung der Migrationspolitik, die Schließung der nationalen Grenzen und das Ende des Schengener Übereinkommens. Parallel dazu muss die Union die Anstrengungen zur Stabilisierung Libyens koordinieren, damit es dort einen Staat gibt, der ihr Gesprächspartner sein kann. Demnächst werde ich nach Libyen reisen, um zu erörtern, welche Rolle das Europäische Parlament bei diesem Prozess und bei der künftigen Abhaltung demokratischer Wahlen spielen kann. Wir sind bereit, Mittel und Kompetenzen zur Verfügung zu stellen - auch im Rahmen einer Konferenz des Parlaments mit allen Beteiligten. Damit die Strategie wirklich effizient ist, muss bei den Ursachen dieser regelrechten Massenauswanderung angesetzt werden. Wir fordern, dass es im nächsten EU-Haushaltsplan Mittel für einen Marshallplan für Afrika gibt. Wir brauchen mindestens 40 Milliarden Euro, um im kommenden Jahrzehnt 500 Milliarden Euro an Investitionen zu mobilisieren. Im Rahmen einer belastbaren Wirtschaftsdiplomatie und von Quoten für legale Einwanderer können diese Investitionen dabei helfen, Rückübernahmeabkommen mit den Herkunftsländern zu schließen. An der Einwanderung droht der europäische Traum zu scheitern. Wir können und dürfen nicht hinnehmen, dass das geschieht. Wir brauchen Mut, Entschlossenheit und den Ehrgeiz, gemeinsam neue Wege zu finden.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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