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Uranmunition: Grimme-Preisträger nach Film über Tabuthema unter „Berufsverbot“

Archivmeldung vom 14.09.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.09.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Urankern eines panzerbrechenden DU-Geschosses Kaliber 30 mm
Urankern eines panzerbrechenden DU-Geschosses Kaliber 30 mm

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Regisseur und Grimme-Preiseträger Frieder Wagner hat viele große Dokumentationen für ARD und ZDF gedreht. Nach seinem Film „Deadly Dust – Todesstaub“ über die Auswirkungen von Uranmunition nach Einsätzen der Nato im Irak und in Jugoslawien bekam er keine Aufträge mehr. Was ist so gefährlich an dem Film, der bis heute nicht im Fernsehen lief?

Im Interview, das von Armin Siebert geführt wurde und auf der deutschen Webseite des russischen online Magazins "Sputnik" zuhören ist, heißt es: "Herr Wagner, warum lief Ihr Film „Deadly Dust“ nicht im Fernsehen?

„Deadly Dust“ baut ja auf einer Fernsehproduktion für den WDR auf – „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“. Im April 2004 wurde er zum Tschernobyl-Tag einmal gesendet. Und obwohl dann der Film im Herbst den Europäischen Fernsehpreis auf der ÖkoMedia bekommen hat, ist er nicht wiederholt worden. Egal, was ich dann vorgeschlagen habe, ich habe keinen Auftrag mehr bekommen. Ich habe mich dann mit einem Redaktionsleiter im WDR besprochen und habe gefragt, wie das sein kann. Schließlich haben wir gemeinsam große Produktionen gemacht – sehr erfolgreich, von den Kritikern hochgelobt. Er zögerte erst, sagte aber dann: „Du gilst im Haus beim WDR als schwierig. Was besonders gravierend ist: Die Themen, die du vorschlägst, sind besonders schwierig. Mehr wage ich an dieser Stelle nicht zu sagen.“

Was ist denn an diesem Film so schwierig oder gefährlich?

Ein Jahr vorher habe ich mich mit dem Spiegel-Redakteur Siegesmund von Ilsemann unterhalten, der lange vor meiner Zeit, im Jahr 2001 einen großartigen Beitrag über den tödlichen Staub im Spiegel gebracht hatte. Da hat er wunderbar erklärt, wie gefährlich das ist, hat Scharping angegriffen usw. Und er hat mir gesagt, Uranmunition und die Folgen – das ist in der Bundesrepublik ein Tabuthema. Selbst er, der zu dem Thema so lange recherchiert hätte und so sehr drin steckte, würde in keiner Sendeanstalt oder großen Zeitung mehr dazu etwas veröffentlichen können.

Was sind denn die Auswirkungen von Uranmunition?

Uranmunition wird aus abgereichertem Uran gefertigt, das ist ein Abfallprodukt der Atomindustrie. Man hat festgestellt, dass wenn man aus diesem abgereicherten Uran einen Stab mit einer Spitze formt und ihn beschleunigt, dann geht er durch Beton, Stahl, Eisen, Stahlbeton wie ein heißes Messer durch Butter. Das war für die Militärentwickler natürlich das Signal: Daraus müssen wir eine Waffe fertigen! Das Wunderbare war für sie auch, dass diese Waffe kein Schießpulver brauchte. Man braucht nur einen Antrieb, damit das Geschoss fliegt. Wegen des hohen Gewichts – das ist ja fast doppelt so schwer wie Blei – hat das Geschoss eben diese verheerende Wirkung, dass es durch alles durchgeht. Dabei spitzt sich dieser Uranstab auch noch zu. Er dreht sich und es passiert dasselbe wie bei einem Bleistift. Von der Bleistiftspitze wird beim Spitzen etwas abgerieben und die Spitze formt sich weiter. Genau dasselbe passiert bei abgereichertem Uran. Dieser Abrieb entzündet sich bei der großen Reibungshitze von 1000 bis 5000 Grad und verbrennt explosionsartig. Wenn es einen Panzer trifft, entzündet sich das Material im Panzer, die Geschosse, das Benzin, der Turm fliegt weg. Vorher verglüht natürlich in Bruchteilen von Sekunden die Besatzung.

Was für Auswirkungen hat der Staub, der sogenannte „Deadly Dust“?

Bei dieser großen Hitze verbrennt also das Material, das abgereicherte Uran zu Nanopartikelchen, wobei jedes Partikelchen hundertmal kleiner ist, als ein rotes Blutkörperchen. Weil diese so winzig sind und überall im Körper herumwandern können – ins Gehirn, durch die Mutter-Kind-Schranke, direkt ins Blut, in die Lunge, in die Nieren, in den männlichen Samen, in die weibliche Eizelle – verursachen sie furchtbare Missbildungen bei kleinen Kindern.

Auch die Nato hat Uranmunition im Krieg eingesetzt, wo genau? Russland erinnert den Westen an alte Sünden

Die Nato hat immer wieder, besonders auch im Kosovo-Krieg, diese Waffe eingesetzt. Sie wurde in Somalia eingesetzt, in Libyen, vorher auch in den zwei Kriegen im Irak. In Afghanistan nutzt man sie bis heute. Inzwischen besitzen 21 oder 22 Staaten diese Waffe und da gehören die sogenannten Großmächte natürlich auch dazu – Russland, USA, Frankreich, Großbritannien usw.

Aber nicht alle diese Länder setzen Uranmunition ein, oder?

Eben! So wie die Amerikaner hemmungslos Gebrauch von der Atombombe gemacht haben, haben sie zusammen mit der Koalition der Willigen in den Nato-Kriegen diese Uranmunition eingesetzt. Und zwar leider ohne Rücksicht auf die Folgen, obwohl den Militärwissenschaftlern vollkommen klar war, wie verheerend die Folgen sind.

Sie sagten, auch im Jugoslawien-Krieg wurden Uranbomben eingesetzt?

Ja und zwar hemmungslos. Die Nato hat bestimmte Punkte skizziert an der Grenze vom Kosovo zu Bosnien-Herzegowina und natürlich auch in Bosnien selbst und hat diese 1995 hemmungslos  bombardiert.

Also wurde die Uranmunition vor allem von den USA eingesetzt?

Von den USA und ihren Koalitionswilligen in all ihren Kriegen, das ist bewiesen. Ich war selbst im Irak und im Kosovo. Wir haben Messungen, Boden- und Wasserproben mitgebracht, auch Gewebeproben. In allen Gewebeproben haben wir abgereichertes Uran festgestellt und was noch schlimmer ist: auch das sogenannte Uran 236. Dieses Uran 236 kommt in der Natur nicht vor, sondern entsteht bei der Wiederaufbereitung von Brennstäben.

Ist der Einsatz von Uranmunition nicht eigentlich ein Verbrechen an der Menschheit und sollte, ähnlich wie Chemiewaffen, geächtet werden? Moskau: Syrische Chemiewaffen wegen USA immer noch nicht vernichtet

Ja, das ist ein Kriegsverbrechen erster Güte, es ist eine Massenvernichtungswaffe. Viele Professoren, mit denen ich gesprochen habe, bezeichneten diese Waffe als Ausrottungswaffe. Denn durch diese strahlenden und hochgiftigen Nanopartikelchen entstehen z.B. Leukämie und Krebs.

Gab es Versuche von Betroffenen von Uranmunition dagegen zu klagen?

Ja, und zwar besonders in Italien, weil es in Italien nie ein Atomkraftwerk gegeben hat. Deshalb haben von 109 an Krebs gestorbenen Soldaten 16 Familien gegen den italienischen Staat geklagt und alle 16 Familien haben gewonnen. Vor einem Gericht wurde bewiesen, dass der Auslöser der tödlichen Krankheit der Einsatz der Uranmunition war – im Kosovo, im Irak usw. Diese Familien haben zwischen 200 000 und 1,4 Millionen Euro Entschädigung bekommen.

Wieso gibt es keinen weltweiten Aufschrei gegen die Nutzung von Uranmunition, von der UNO, Amnesty International, von Politikern?

Ich wundere mich darüber auch. Genau das müsste passieren — es müsste einen Aufschrei geben. Das gab es auch 2001. In der Bundesrepublik und in Europa waren die Zeitungen voll davon, als im Kosovo die ersten portugiesischen und spanischen Soldaten gestorben sind. Der deutsche Verteidigungsminister Scharping wäre ja fast über diese Problematik gestolpert, wenn nicht Nato und UNO gesagt hätten: Das Thema muss raus aus den Medien. Und das ist ihnen gelungen."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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