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Kahrs besteht auf EU-Beitrittsoption für Türkei

Archivmeldung vom 19.06.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Flagge von Türkei
Flagge von Türkei

Der Chef der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs, ist Forderungen nach einem Aussetzen der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei angesichts der Gewalteskalation in türkischen Städten entgegengetreten: "Wir müssen die Beitrittsoption aufrecht erhalten", sagte Kahrs der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe).

Das sei die einzige Möglichkeit, Druck auf die Türkei auszuüben, ohne dass es die Türken als Druck empfänden. Die Türken ließen sich mit einem EU-Beitritt sammeln, während Regierungschef Recep Tayyip Erdogan das Land spalte. "Wir können es uns nicht leisten, dass die Türkei auseinander fliegt", warnte Kahrs.

Roth: Erdogan verbreitet Angst und Schrecken

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan vorgeworfen, mit seinem Vorgehen gegen die Protestbewegung Angst und Schrecken zu verbreiten. Der gestrige Sonntag sei geprägt gewesen "von der Rede von Erdogan, der Angst und Schrecken verbreitet hat, der auf ausländische Medien geschimpft hat und sie verantwortlich gemacht hat", so die Grünen-Chefin am Montag im Gespräch mit dem "Deutschlandfunk".

Ärzte und Anwälte seien verhaftet worden und Hotelbesitzern sei Haft angedroht worden, wenn sie "Terroristenvandalen" aufnehmen würden. "Ich muss Ihnen sagen, es ist eine dramatische Polarisierung und Eskalation, die er betreibt. Er hetzt sozusagen seine Anhänger auf die demokratische Bewegung hier in der Türkei", beschrieb Roth die Lage. Die Grünen-Politikerin hatte am Samstagabend an den Protesten in der türkischen Hauptstadt teilgenommen und wurde selbst vom Tränengas-Einsatz der Polizei getroffen. "Ich habe auch nichts mehr gesehen, ich konnte nicht mehr atmen, das war ziemlich fürchterlich", sagte die Grünen-Vorsitzende.

Schockenhoff kritisiert gewaltsames Vorgehen der türkischen Polizei

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Schockenhoff (CDU), hat das gewaltsame Vorgehen der türkischen Polizei kritisiert. "Das massive und unverhältnismäßige Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte widerspricht allen europäischen Standards - insbesondere der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. An diese Standards muss sich auch ein Land wie die Türkei halten, wenn es Beitrittsverhandlungen mit der EU führen will", sagte Schockenhoff am Montag in Berlin. "Das gewaltsame Vorgehen ist für einen Beitrittskandidaten unwürdig."

Die Unions-Bundestagsfraktion fordere den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan "nachdrücklich auf, umgehend seinen persönlichen Beitrag für eine Deeskalation und für einen Dialog mit den Demonstranten zu leisten und nicht das Gegenteil zu tun. Auch die Demonstranten müssen zum Dialog bereit sein", betonte Schockenhoff. Der Konflikt könne nur friedlich gelöst werden.

Türkei-Unruhen alarmieren deutsche Wirtschaft

Angesichts der massiven Unruhen in Istanbul schlägt die deutsche Wirtschaft Alarm. "Die aktuellen Auseinandersetzungen in der Türkei sehen die Unternehmen zunehmend mit Sorge. Die politischen Gräben sind scheinbar tiefer als von den meisten bisher angenommen", sagte der Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, "Handelsblatt-Online". Noch sei es zu früh, um negative wirtschaftliche Konsequenzen zu konstatieren. "Doch die dort engagierte deutsche Wirtschaft registriert die Entwicklung sehr aufmerksam."

Treier wies darauf hin, dass die Türkei angesichts ihres Leistungsbilanzdefizits auf das Vertrauen internationaler Investoren angewiesen sei. "Die Achillesferse des Landes ist das hohe Leistungsbilanzdefizit", sagte er. Die Türkei brauche Kapital aus dem Ausland, vielfach aus Deutschland. "Wenn es aber dauerhaft Auseinandersetzungen gibt, kann das zu Kapitalabflüssen führen."

Auch Jürgen Matthes, Leiter des Kompetenzfelds Internationale Wirtschaftsordnung im Institut der deutschen Wirtschaft Köln, gab zu bedenken, dass das hohe Leistungsbilanzdefizit die Türkei "durchaus ökonomisch angreifbar" mache, weil dahinter auch kurzfristig abziehbare Auslandskredite stünden. "Wenn die Unruhen anhalten und sich möglicherweise noch weiter ausbreiten, könnten die internationalen Investoren und Ratingagenturen schnell nervös werden", sagte Matthes "Handelsblatt-Online".

Auch wenn die Türkei zwar nicht in der ersten Reihe der deutschen Handelspartner stehe - im Land 2012 rangierte sie auf Platz 18 der Rangliste im Warenhandel –, wie der IW-Experte betont, stehe viel auf dem Spiel. Immerhin gingen inzwischen mehr als 20 Milliarden der deutschen Warenausfuhren in die Türkei und die deutschen Unternehmen erwirtschafteten einen Überschuss von über acht Milliarden Euro. "Damit steht bei einer möglichen Eskalation der politischen Krise in eine Wirtschaftskrise durchaus einiges auf dem Spiel", sagte Matthes.

Luxemburgs Außenminister Asselborn für weitere EU-Gespräche mit der Türkei

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat sich dafür ausgesprochen, trotz der fragilen Lage in der Türkei Ende Juni ein weiteres Kapitel in den EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara zu öffnen. Ein Verzicht auf diesen Schritt wäre eine "Niederlage für das türkische Volk", sagte Asselborn dem "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe).

Die Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Türkei sind seit einigen Jahren ausgesetzt. In der kommenden Woche wollten die EU-Außenminister jedoch die Eröffnung eines neuen Verhandlungskapitels beschließen. Angesichts des gewaltsamen Vorgehens gegen türkische Demonstranten wird jedoch Kritik an diesem Schritt laut. Laut EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle werde die Entwicklung in den nächsten Tagen genau beobachtet.

Militärandrohung in der Türkei: SPD fordert Bundesregierung zum Handeln auf

Nachdem die türkische Regierung in dem seit zwei Wochen andauernden Machtkampf mit den Demonstranten den Einsatz der Armee angedroht hat, hat die SPD die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. "Die Bundesregierung und die Europäische Union haben nicht nur im Hinblick auf die Beitrittsverhandlungen klare Worte zu finden. Eine solche Drohung widerspricht auch den Grundsätzen einer Mitgliedschaft im Europarat und der OSZE ebenso wie denen der Nato", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, "Handelsblatt-Online". "Die Bundesregierung muss rechtzeitig auf solche unverhältnismäßige Drohungen reagieren und eine deutliche Haltung gemeinsam mit unseren Partnern entwickeln."

Mützenich wies darauf hin, dass die jüngsten Ereignisse in der Türkei die Beziehungen zur EU bereits "schwer belastet" hätten. "Die Drohung mit dem Einsatz des Militärs gegen die eigene Bevölkerung würde jedoch eine weitere, dramatische Eskalation des Konflikts bedeuten", warnte der SPD-Politiker.

Gerade vor dem Hintergrund des über Jahrzehnte andauernden, massiven Einflusses des Militärs auf die Innenpolitik, wäre dies ein "verhängnisvoller" Schritt "Solche Drohungen sind inakzeptabel und bedeuten einen schweren Rückschlag für die jahrelangen Bemühungen um eine klare Trennung zwischen Politik und Militär, für die nicht zuletzt die AKP-Regierung eingetreten ist", sagte Mützenich weiter. "Dies war ein wichtiger Meilenstein für den Beitrittsprozess und Grundlage für die strikte Gewaltenteilung zu Gunsten einer sich demokratisierenden Gesellschaft."

Machtkampf in der Türkei verschärft sich

Der Machtkampf zwischen der Regierung und den Demonstranten in der Türkei hat sich verschärft. Sollten die Proteste weiter anhalten, droht die türkische Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nun sogar mit dem Einsatz des Militärs. Die Demonstrationen seien illegal, sagte Vize-Ministerpräsident Bülent Arinc am Montag gegenüber dem Fernsehsender TRT und sollte der Einsatz der Polizei nicht ausreichen, würden notfalls "Elemente der Streitkräfte" diese verhindern.

Die türkische Bevölkerung formierte sich derweil erneut zu Protestzügen: In der Hauptstadt Ankara gingen Beobachtern zufolge rund 1.000 Menschen auf die Straße und auch in Istanbul, dem Ausgangspunkt der Demonstrationen, marschierten Tausende Richtung Taksim-Platz.

Die gewaltsame Räumung des wochenlang besetzten Gezi-Parks in Istanbul am vergangenen Wochenende ist derweil scharf kritisiert worden: Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei das Vorgehen "zu hart" gewesen. "Das, was im Augenblick in der Türkei passiert, entspricht nicht unseren Vorstellungen von Freiheit der Demonstration, der Meinungsäußerung", so Merkel im Gespräch mit dem Fernsehsender RTL.

Teile der deutschen Bevölkerung haben sich ebenfalls schon mehrfach solidarisch mit den türkischen Demonstranten gezeigt: In Berlin versammelten sich beispielsweise in Kreuzberg und vor der türkischen Botschaft Menschen mit Plakaten, auf denen "Taksim ist überall" zu lesen war.

Auch auf EU-Ebene wird die Situation in der Türkei genau beobachtet. In der kommenden Woche wollten die EU-Außenminister die Eröffnung eines neuen Kapitels der EU-Beitrittsverhandlungen beschließen. Angesichts des gewaltsamen Vorgehens gegen türkische Demonstranten wird jedoch Kritik an diesem Schritt laut.

Die türkische Protestbewegung richtete sich ursprünglich gegen den geplanten Abriss des Gezi-Parks in Istanbul, weitete sich aber zu einer allgemeinen Demonstrationswelle gegen die Erdogan-Regierung aus. Dieser wird vorgeworfen, zu autoritär zu regieren und die Rechte der Bürger einzuschränken.

Militärandrohung in der Türkei: Roth fordert klare Worte der Nato

Angesichts der Drohung der türkischen Regierung, auch die Armee gegen Demonstranten einzusetzen, hat Grünen-Chefin Claudia Roth klare Worte der Nato gefordert. "Das Militärbündnis muss politisch Einfluss nehmen und deutlich machen, dass es nicht akzeptiert, wenn die türkische Regierung mit der Armee droht und brutal mit den Sicherheitsbehörden vorgeht", sagte Roth der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstagausgabe).

Schließlich sei die Türkei Mitglied des Bündnisses. Roth betonte weiter, zugleich müsse auf allen Regierungsebenen massiver Druck auf die Regierung Erdogan ausgeübt werden. Darüber hinaus sei mehr zivilgesellschaftliche Solidarität mit den Demonstranten in der Türkei notwendig. So gebe es "über 80 Partnerschaften zwischen deutschen und türkischen Städten. Auch hier erwarte ich von den Kommunen ein Zeichen an die türkische Demokratiebewegung", sagte die Parteivorsitzende der Grünen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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