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Grüne werfen Altkanzler Schröder in Ukraine-Krise Geschichtsverzerrung vor

Archivmeldung vom 13.03.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.03.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Doris Oppertshäuser
Bild: Helga Ewert  / pixelio.de
Bild: Helga Ewert / pixelio.de

Die Grünen haben mit scharfer Kritik auf Äußerungen von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) reagiert, der das Vorgehen Russlands auf der Krim mit dem Kosovo-Krieg verglichen hatte: Der Grünen-Europapolitiker Manuel Sarrazin warf Schröder vor, einen "unpassenden und geschichtsverzerrenden" Vergleich gezogen zu haben. "Die Lage im Kosovo war zum Zeitpunkt des Eingreifens des Westens bereits von Gewalt geprägt, serbische Einheiten gingen gegen die Zivilbevölkerung vor und es gab stichhaltige Berichte über einen anstehenden Völkermord", sagte Sarrazin "Handelsblatt-Online". "Zudem hat Wladimir Putin sich in Sachen Krim, im Gegensatz zum Fall Kosovo, weder um ein vorheriges noch um ein nachfolgendes Einbinden des Völkerrechts bemüht."

Schröder hatte bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung "Die Zeit" davor gewarnt, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen seines völkerrechtswidrigen Handelns mit erhobenem Zeigefinger gegenüber zu treten. Er selbst habe das Völkerrecht gebrochen, als es um die deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg gegen Serbien während seiner Regierungszeit gegangen sei, betonte der Altkanzler. Für das, was gegenwärtig auf der Krim passiere, sei der Kosovo "die Blaupause". In beiden Fällen handele es sich "formal" um eine Verletzung der Charta der Vereinten Nationen. Auch das von der Krim-Regierung für den 16. März angesetzte Referendum über eine Abspaltung von der Ukraine und den Anschluss an Russland verglich Schröder mit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien.

Mit Unverständnis reagierte auch der Völkerrechtsprofessor Christian Tomuschat von der Berliner Humboldt-Universität auf die Ausführungen Schröders. Eine Parallele zum Kosovo-Konflikt lasse sich nicht ziehen, "weil die Kosovaren eine freie Entscheidung getroffen haben, während die geplante Volksabstimmung auf der Krim unter dem Druck der russischen Invasionstruppen steht", sagte Tomuschat "Handelsblatt-Online". Putins Vorgehen auf der Krim sei klar rechtswidrig. Offensichtlich habe Russland in massivem Umfang militärische Streitkräfte auf die Krim verbracht, weit über den Umfang hinaus, der in dem Stationierungsabkommen zwischen ihm und der Ukraine vertraglich festgelegt worden sei. "Jeder solche Truppenaufmarsch auf fremdem Staatsgebiet ist rechtlich als Aggression zu werten", sagte Tomuschat. Eine Rechtfertigung für sein Vorgehen könne Russland zudem nicht mit der Behauptung finden, dass es notwendig gewesen sei, die "rechtmäßigen Interessen der Bevölkerung" auf der Krim zu schützen. "Von einer Bedrohungslage für die russischstämmigen Menschen auf der Krim kann nicht die Rede sein, zumal diese Menschen ja auch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung bilden", erläuterte Tomuschat.

Völkerrechtler hält Unabhängigkeit der Krim für illegitim

Der Freiburger Völkerrechtler Dietrich Murswiek hält die Unabhängigkeitserklärung der Krim von der Ukraine für völkerrechtswidrig. "Ich sehe nicht, dass die auf der Krim lebenden Russen in ihrer Existenz bedroht sind", sagte Murswiek der "Berliner Zeitung". Der Jurist verwahrte sich zugleich gegen einen Vergleich mit der Abspaltung des Kosovo. "Zum Selbstbestimmungsrecht der Völker gehört ihr Recht auf Existenz", führte Murswiek aus und erklärte: "Wenn die als Volk definierte Gruppe in dem Staat, in dem sie lebt, in ihrer Existenz bedroht ist und sie dieser Bedrohung nur durch Abspaltung von diesem Staat entgehen kann, hat sie ein Recht auf Sezession. Das war im Kosovo wohl der Fall." Murswiek, der an der Universität Freiburg lehrt, befasst sich seit Jahren mit Fragen des Selbstbestimmungsrechts und Minderheitenschutzes.

So unterscheidet er zwischen defensivem und offensivem Selbstbestimmungsrecht. Unter letzterem versteht der Völkerrechtler "das Recht einer Gruppe, die (noch) nicht in einem eigenen Staat organisiert ist, über seinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Status selbst zu bestimmen". Dabei könne "es in der Regel nicht um Sezession, also um die Abspaltung von einem bestehenden Staat gehen, sondern nur um Autonomie unterhalb der Schwelle der Sezession, etwa durch eine bundesstaatliche Lösung oder die Gewährleistung von Minderheitenrechten, etwa das Recht auf die eigene Sprache", so Murswiek. Die sezessionistischen Tendenzen in Schottland beurteilt der Freiburger Völkerrechtler hingegen positiv, da "sich Mehrheitsgesellschaft und Minderheitsgesellschaft auf ein Verfahren geeinigt haben, das beide Seiten akzeptieren. Und um das sie nun demokratisch ringen, indem sie um die Gunst der schottischen Wähler werben. Das Völkerrecht akzeptiert solche Entscheidungen." Murswiek hat vor dem Bundesverfassungsgericht unter dem anderen den CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler in seiner Klage gegen den Einsatz deutscher Tornados in Afghani stan vertreten. Auch mit der Präventivkriegsstrategie des früheren US-Präsidenten George W. Bush hat sich Murswiek kritisch befasst.

Gysi: Zahlreiche Faschisten in ukrainischer Übergangsregierung

Der Oppositionsführer und Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, hat kritisiert, dass in der ukrainischen Übergangsregierung zahlreiche Faschisten vertreten seien. "Auf dem Maidan gab es viele demokratische Kräfte, aber auch Faschisten. Der Westen machte direkt und indirekt mit", sagte Gysi am Donnerstag im Bundestag. Die USA, die EU sowie die Bundesregierung hätten die neue Führung der Ukraine dennoch sofort anerkannt, monierte der Linken-Politiker. "Der Vize-Premierminister, der Verteidigungsminister, der Landwirtschaftsminister, der Umweltminister, der Generalstaatsanwalt, das sind Faschisten. Der Chef des nationalen Sicherheitsrates war Gründungsmitglied der faschistischen Swoboda-Partei", so Gysi nach der Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die zuvor über die Lage in der Ukraine gesprochen hatte. "Zumindest die Bundesregierung hätte hier eine Grenze ziehen müssen - schon aufgrund unserer Geschichte." Es gebe in der Ukraine Übergriffe auf Juden und Linke. "Gegen all das sagen Sie nichts. Mit diesen Swoboda-Leuten reden Sie", so der Linken-Fraktionschef in Richtung Bundesregierung. "Ich finde das einen Skandal."

Merkel: Vorgehen Russlands "eindeutiger Bruch völkerrechtlicher Prinzipien"

Das Vorgehen Russlands auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein "eindeutiger Bruch völkerrechtlicher Prinzipien". Es sei "beklemmend, was wir derzeit in der Mitte Europas erleben", sagte Merkel am Donnerstag mit Blick auf die Lage in der Ukraine in einer Regierungserklärung im Bundestag. Das geplante Referendum auf der Krim sei "eine Verletzung der ukrainischen Verfassung", betonte die Kanzlerin. "Es geht um die territoriale Unversehrtheit eines europäischen Nachbarlandes." Die Situation im ehemaligen Jugoslawien sei "in keiner Weise mit der Situation in der Ukraine vergleichbar", so Merkel, die einer Lösung des Konflikts mit militärischen Mitteln eine kategorische Absage erteilte. "Militärisch ist der Konflikt nicht zu lösen. Militärisches Vorgehen ist keine Option." Die Bundesregierung unterstütze die Übergangsregierung in Kiew darin, "eine Regierung für alle Ukrainer zu sein", sagte die Kanzlerin. Zudem drohte Merkel Moskau mit weiteren Sanktionen: Für den Fall, dass Russland nicht bereit sei, auf den "Weg des Rechts zurückzukehren", sei mit weiteren Sanktionen zu rechnen. Sollte es keine Verhandlungen geben, die Resultate bringen, würden die Außenminister der EU am kommenden Montag "weitere Maßnahmen beschließen", so Merkel, die in ihrer Regierungserklärung Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) für dessen "unermüdlichen Einsatz" in der Krise in der Ukraine dankte.

Bundesregierung will Aufklärung der Todesschüsse vom Maidan

Die Bundesregierung dringt auf eine internationale Aufklärung der Todesschüsse während der Proteste im Februar in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Das geht aus einer "Handelsblatt-Online" vorliegenden Antwort des Europa-Staatsministers im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), auf eine Anfrage der Vize-Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hervor. "Die Bundesregierung setzt sich – auch gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union – für eine umfassende und transparente, unter Einbeziehung internationaler Institutionen erfolgende, Aufklärung aller Gewaltakte in Kiew ein", heißt es in dem Schreiben. "Dies gilt auch für die Todesfälle in der Zeit vom 18. bis 20. Februar 2014." Bei den blutigen Zusammenstößen waren etwa 100 Menschen ums Leben gekommen und Hunderte weitere verletzt worden.

Für Wirbel hatte in diesem Zusammenhang der heimliche Mitschnitt eines Telefonats des estnischen Außenministers Urmas Paet mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton Ende Februar gesorgt. Darin berichtete Paet unter Berufung auf eine Ärztin, dass Teile der Opposition und nicht der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch die Scharfschützen engagiert haben könnten. Der Minister wies später zurück, ein Urteil abgegeben zu haben, dass die damalige Opposition in Kiew an der Gewalt beteiligt gewesen sei. Zu dem Inhalt des Telefonats nimmt Staatsminister Roth in seinem Schreiben an Wagenknecht keine Stellung. Er merkt lediglich an, dass der Bundesregierung die "Klarstellung" des estnischen Außenministers bekannt sei. Darüber hinaus verfüge die Bundesregierung "nicht über eigene Erkenntnisse", wer für die tödlichen Einsätze von Scharfschützen gegen Maidan-Demonstranten beziehungsweise staatliche Sicherheitskräfte in der Ukraine verantwortlich sei.

Umfrage: Mehrheit der Deutschen lehnt Wirtschaftssanktionen gegen Russland ab

Während sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Krim-Krise auf schärfere Sanktionen gegen Russland vorbereiten, lehnt eine Mehrheit der Deutschen ein solches Vorgehen ab. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, die der digitalen Tageszeitung "Handelsblatt Live" vorliegt. Demnach glauben nur 24 Prozent der Bundesbürger, dass Wirtschaftssanktionen dazu beitragen können, die Krise zu lösen. 69 Prozent sind dagegen der Auffassung, dass Sanktionen nichts an der verfahrenen Situation ändern. Fast der gleiche Anteil der Befragten, 64 Prozent, befürchtet, dass der Konflikt für Deutschland negative Auswirkungen haben könnte. Nur 32 Prozent setzen dagegen darauf, dass die sich die Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland nicht auf die Bundesrepublik niederschlagen werden. Zudem ist mit 57 Prozent mehr als die Hälfte der Bundesbürger der Meinung, dass die alte Regierung in der Ukraine die Hauptschuld an der Eskalation trägt. Gespalten sind die Deutschen bei der Frage, ob die Krim-Krise zu einem Engpass in Deutschland bei der Versorgung mit Erdöl und Erdgas führen wird: 44 Prozent der Befragten erwarten eine Einschränkung der Rohstofflieferungen, 49 Prozent gehen von ungebremsten Öl- und Gasimporten nach Deutschland aus. Schließlich halten 64 Prozent der befragten Bundesbürger Russland nach wie vor für einen verlässlichen Erdgas- und Energielieferanten. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat zwischen dem 7. und 10. März 1.003 Bundesbürger befragt.

Krim-Krise: Egon Bahr ruft Politik zu mehr Realitätssinn auf

Wenige Tage vor den Krim-Referendum zum Anschluss an Russland hat der Moskau-Kenner und "Vater der Ostpolitik", Egon Bahr (SPD), die Politik zu mehr Realitätssinn aufgerufen. Er kenne "kei­nen Po­li­ti­ker, Di­plo­ma­ten oder Be­am­ten in Ber­lin, der daran zwei­felt, dass das Re­fe­ren­dum auf der Krim nur ein Er­geb­nis haben kann: den An­schluss an Russland", schrieb Bahr in einem Beitrag für die "Bild-Zeitung". Zwar könne kaum jemand die Wahrheit öffentlich aussprechen, so Bahr: "Aber es ist die Realität: Die Krim wird Teil Russlands werden." An dieser Tatsache würden auch "die an­ge­kün­dig­ten milden Sanktionen" gegen Russland nichts ändern. Es gelte vielmehr einen Plan vorzulegen, damit die Ukraine nach dem Referendum "in ihrer ter­ri­to­ria­len Ein­heit un­ver­sehrt erhalten bleibt". Notwendig sei sicherzustellen, das "jede Ten­denz zur Ab­spal­tung öst­li­cher Teile der Ukrai­ne nach Russland" verhindert und das Land "nicht Mit­glied der Eu­ro­päi­schen Union" werde, sagte Bahr der "Bild-Zeitung". Dennoch solle der Ukraine "die As­so­zi­ie­rung zur Eu­ro­päi­schen Wirt­schafts­ge­mein­schaft ermöglicht werden". Auf die­sem Wege könne Europa gemeinsam mit Russland und den USA die ge­fähr­li­che Spi­ra­le der ge­gen­sei­ti­gen Drohungen be­en­den: "Die Ukrai­ne ge­hört zu Eu­ro­pa. Alle Be­tei­lig­ten soll­ten sie auf die­sem Wege un­ter­stüt­zen."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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