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Katalonien am Rande eines Bürgerkrieges?

Archivmeldung vom 27.09.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.09.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Karte von Katalonien
Karte von Katalonien

Foto: wikipedia.org
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Über die Unabhängigkeit Kataloniens soll am Sonntag, dem 1. Oktober, ein Referendum entscheiden. Laut Umfragen gibt es in der autonomen Region etwas mehr Gegner der „Scheidung“ von Spanien als Anhänger: 49 gegen 41 Prozent. Dabei glauben die meisten Katalanen, das Recht auf den Volksentscheid zu haben, was Madrid vehement zurückweist.

In der deutschen Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" heißt es dazu weiter: "Der weltbekannte Urlaubsort Barcelona wurde auf einmal zum „Nest“ der Rebellion: Tausende Menschen, die ihr Vorgehen via Whatsapp und anderen mobile Apps koordinieren, versammeln sich auf Plätzen, schwingen mit katalanischen Fahnen und rufen zur Gründung eines freien und unabhängigen Staates auf.

Katalonien hatte schon öfter versucht, den Rahmen seiner Selbstverwaltung bis zur absoluten Souveränität zu erweitern. Besonders bekannt wurde die Gründung eines halbunabhängigen Staates innerhalb der Spanischen Republik im Jahr 1931.

Damals bekamen die Katalanen das Recht auf die Wahl ihres eigenen Parlaments, auf die Bildung der eigenen Regierung und des eigenen Gerichtssystems und sogar ihren eigenen Präsidenten. Als aber die spanische Republik den Bürgerkrieg verlor, verlor Katalonien auch alle diese Freiheiten.

Diese bekam sie erst nach dem Ende der Franco-Diktatur zurück. 1979 erhielt die Region den autonomen Status, gleichzeitig wurden die Rechte der katalanischen Sprache anerkannt. Seitdem hat Katalonien wieder sein eigenes Parlament und seine eigene Regierung (Generalitat) und bemüht sich allmählich darum, nicht nur autonom, sondern wirklich unabhängig zu werden.

Die spanischen Parteien verloren in Katalonien alle Wahlen. Zu einem wahren Tag der Schande der regierenden Volkspartei wurde der 27. September 2015: Bei der Wahl des katalanischen Parlaments, in dem 135 Abgeordnete sitzen, bekam sie nur elf Sitze – nur einen Sitz mehr als die radikale ultralinke, separatistische „Kandidatur der Volkseinheit“.

Da in Madrid niemand Lust hatte, eigene Schuld anzuerkennen, mussten Schuldige dringend gefunden werden. Zu Sündenböcken wurden die verantwortungslosen katalanischen Politiker, die bewusstlosen Volksmassen und – Überraschung! – der Kreml abgestempelt.

Allgegenwärtiger Putin

„In Katalonien setzte Russland denselben Apparat zur Verbreitung von ‚Fake News‘ ein, wie auch in den USA und der EU, die es schwächen wollte. Unsere Redaktion ist zu diesem Schluss gekommen, nachdem sie zahlreiche prorussische Websites und Profile auf Facebook analysiert hatte. Neben den Kampagnen zugunsten von Brexit, Marine Le Pen und der deutschen Ultrarechten betrachtet der Kreml die katalanische Unabhängigkeitsbewegung als ein weiteres Instrument zur Spaltung Europas und zum Ausbau des russischen Einflusses in der internationalen Arena.“

Diese Worte fanden sich nicht auf der Website irgendwelcher Verschwörungstheoretiker, die dem Kreml die Absicht vorwerfen, freie Völker zu seinen Sklaven zu machen, die Demokratie zu zerstören und über die ganze Welt zu regieren. Ganz und gar nicht. Diese Worte gehören David Alandete, einem der bekanntesten Autoren der angesehenen spanischen Zeitung „El Pais“.

Mit ihm ist auch Melissa Rossi einverstanden, die die Leser von „Yahoo News“ über die hinterlistigen Absichten Moskaus informierte: „In Katalonien ist eine unerhörte Situation entstanden. Die Separatisten werden aus dem Ausland intensiv unterstützt, vor allem von WikiLeaks-Gründer Julian Assange, der ein engagierter Befürworter der katalanischen Unabhängigkeit ist. Er wird schon seit langem verdächtigt, für Russland zu arbeiten, das versucht, die westlichen Demokratien zu destabilisieren, indem es die sezessionistischen Bewegungen von Schottland bis zu Texas unterstützt.“

Damit wollen die furchtlosen europäischen Journalisten und Analytiker endlich herausgefunden haben: Die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien wurde von Moskau inspiriert, das sich grundsätzlich um die Vernichtung des einheitlichen Europas bemüht. Nicht ganz klar ist allerdings, wie mit dieser Version die Massenaktionen zur Unterstützung Kataloniens in ganz Europa übereinstimmen dürften, beispielsweise in den Niederlanden, deren Teilnehmer ausriefen: „Wir wissen, wie es ist, unter der spanischen Herrschaft zu leben!“

Unter solchen Bedingungen hat die Regierung in Madrid im Grunde zwei Auswege: entweder den Zerfall des Landes hilflos zu beobachten oder Gewalt anzuwenden. Die zweite Variante scheint ihr besser zu gefallen, denn laut Umfragen würden 76,6 Prozent der Bevölkerung Kataloniens die Unabhängigkeitsideen unterstützen, sollte Madrid Barcelona „wegziehen“ lassen. Wenn es aber zu einer richtigen Konfrontation kommen sollte, selbst ohne Waffen (Wirtschaftsmaßnahmen würden genügen), dann würden „nur“ 37,3 Prozent der Katalanen für ihre Freiheit kämpfen.

Die zentralen Behörden verstehen, dass auf dem Spiel nicht mehr und nicht weniger als Spaniens Existenz als Staat steht. Sie greifen auf harte Maßnahmen zurück, indem die Führer der Separatisten festgenommen werden. Doch diesmal scheint das „gewaltsame“ Szenario nicht zu funktionieren.

Madrid hat der katalanischen Regierung die Kontrolle über bewaffnete Kräfte auf dem Territorium der autonomen Region entzogen. Zum Interimsbefehlshaber über alle Abteilungen der Guardia Civil, der Nationalen Polizei und der autonomen Polizei Kataloniens wurde der Oberst Diego Perez de los Cobos ernannt.

Es muss aber nicht sein, dass es tatsächlich zur Konfrontation kommt. Vor allem besteht die katalanische Regierung, die so verbissen um die nationale Selbstbestimmung kämpft, aus ganz unterschiedlichen gemäßigten Rechten, Zentristen und Ultralinken, die sich nur über eine Frage einig sind, nämlich über die Unabhängigkeit.

Über alle anderen Fragen streiten sie sich vehement: Während die Rechtszentristen beispielsweise für die weitere EU-Integration plädieren, wollen die Sozialisten und Linken schnellstmöglich aus der Europäischen Union austreten.

Wenn Madrid weiterhin auf die Peitsche-und-Zucker-Politik zurückgreift und einerseits eine Umverteilung von Steuern verspricht, andererseits aber mit einer militärischen Einmischung droht, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass die Rechten und Zentristen ein Abkommen mit der zentralen Regierung akzeptieren werden, ohne einen Bürgerkrieg zu riskieren. Es könnte aber auch sein, dass sie dann keine weitere politische Karriere machen werden – die Anhänger der Unabhängigkeit würden ihnen diesen „Verrat“ nicht verzeihen.

Eines ist klar: Wenn die spanische Regierung jetzt die katalanische Sezessionsbewegung nicht entschlossen unterdrückt, indem sie deren Führer beseitigt (ob milde oder grob, ist weniger wichtig) und zugleich die wirtschaftlichen Gründe für die „Rebellion“ aufhebt, wird sie sich künftig unbedingt mit einer noch größeren Welle des katalanischen Unabhängigkeitsbewegung auseinandersetzen müssen."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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