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Bürgermeister von Lampedusa schlägt Alarm: Flüchtlingsstrom reißt nicht ab

Archivmeldung vom 01.06.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.06.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Lampedusa ist die größte der drei Pelagischen Inseln im Mittelmeer zwischen Tunesien und Sizilien.
Lampedusa ist die größte der drei Pelagischen Inseln im Mittelmeer zwischen Tunesien und Sizilien.

Foto: User:NormanEinstein
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die italienische Insel Lampedusa im Mittelmeer, der südlichste Punkt des EU-Territoriums, ist seit Jahren ein Ort, der Zuwanderer aus Afrika empfing, die sich dann auf das Festland und weiter in andere EU-Länder begaben. Dort entstanden schon mehrfach Krisensituationen, die sich auf den Flüchtlingsansturm zurückführen ließen, vor allem nach dem so genannten „arabischen Frühling“ 2011. Aber in letzter Zeit gab es kaum noch Medienberichte über die Lage auf Lampedusa.

Wie aber der Bürgermeister der Insel, Salvatore Martello, in einem exklusiven Interview für Sputnik sagte, stranden auf der Insel weiterhin ständig neue Zuwanderer.

Einst war Martello ein linker Politiker, verließ aber wegen grundsätzlicher Kontroversen die Reihen der Demokratischen Partei und wurde 2017 mit seinem Wahlprogramm „Alziamoci“ („Lasst uns aufstehen“) zum Bürgermeister gewählt. Er beklagte sich, dass man in Rom die Insel Lampedusa und ihre 5000 Einwohner schon längst vergessen habe, die sich aber in einer sehr schwierigen Lage befänden, weil die Insel immer neue Migranten aufnehmen müsse. Der Name Lampedusa hat wieder Schlagzeilen gemacht, als dort wieder Schiffe verschiedener NGO mit Flüchtlingen erschienen. Das letzte Schiff von Sea Watch sei am 19. Mai angekommen – und sofort beschlagnahmt worden.

Dem Bürgermeister zufolge sind die Einwohner nach wie vor unzufrieden mit der Situation auf der Insel.

Mit welchen Problemen und Risiken werden die Einwohner der Insel konfrontiert?

Das Hauptproblem besteht darin, dass sich in den letzten Jahren nichts geändert hat. Illegale Zuwanderer erschienen im Hafen von Lampedusa auch früher, und das passiert auch jetzt immer wieder. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist: Warum sind unsere Einwohner böse? Weil man uns im Stich gelassen hat: zunächst 2009, als die ersten Zuwanderer kamen, und die Regierung wollte sie auf Lampedusa für eine unbestimmte Zeit bleiben lassen.

Dann während des „arabischen Frühlings“ 2011 und schließlich im September 2017, als hier Tunesier ankamen, die gegen das Gesetz verstießen und in der Stadt Probleme auslösten. Ohne diese Migranten ist das Leben auf Lampedusa ganz normal – selbst jetzt. Sie strandeten 2018 schon  – und kommen immer wieder. Da gibt es nur einen Unterschied: Ihre Zahl ist inzwischen geringer geworden.

Wie viele Zuwanderer kommen jetzt?

Seit Anfang dieses Jahres sind es 400 Illegale. Sie kamen mit so genannten „Geisterbooten“, die direkt im Hafen von Lampedusa eintrafen. Und weitere 165 oder 167 wurden mit Schiffen verschiedener NGO hierher gebracht. Dabei berichten die Medien nur über diese Landungen.

Weil solche Geschichten aus der Sicht der Medien interessanter sind, oder?

Könnte es dafür gewisse politische Gründe geben?

Wenn es solche gibt, dann wissen wir auf Lampedusa nichts davon – mit uns hat darüber niemand gesprochen.

Funktioniert das „Salvini-Gesetz“ (über den Grenzschutz)?

Naja, wenn immer neue Illegale zu uns kommen und wenn im Hafen immer neue Boote erscheinen, dann funktioniert das Gesetz wohl nur teilweise. Vielleicht wird es in irgendwelchen anderen Fragen gewisse Ergebnisse bringen, aber auf Lampedusa bleibt das Problem Zuwanderer genauso akut wie in den früheren Jahren.

Bekommen Sie Hilfen von der Regierung oder von der EU – als Einreiseland der Flüchtlinge?

Nein, Lampedusa bekommt nichts. Mehr noch: Die gesamte Finanzierung, die wir früher bekamen, wurde von der aktuellen Regierung abgeschafft.

Wie viele Zuwanderer könnte die Insel noch aufnehmen? Können Sie das verkraften?

Bisher erschienen auf der Insel höchstens 100 Flüchtlinge auf einmal, und das verkrafteten wir. Der Hotspot ist für 96 Personen bestimmt, und der restliche Teil ist vorerst geschlossen, weil er nach einem Brand im Jahr 2018 wiederaufgebaut werden muss.

Wie beeinflusst der Flüchtlingsansturm die Wirtschaft der Insel?

Eigentlich kaum. Es gibt negative Folgen für unsere Fischer, denn wenn die Zuwanderer nicht mit Booten kommen, heißt das, dass ihre Boote versunken sind. Und gerade dort fangen die Fischer den Fisch. Und wenn ihre Netze sich unter dem Wasser festhaken und zerrissen werden, werden sie dafür von niemandem entschädigt.

Auf Lampedusa liegt übrigens auch die militärische Grenze Europas und der Nato. Vor kurzem wurde auf der Insel eine neue Radaranlage aufgestellt. Ist ein Zuwachs der militärischen Aktivitäten zu verzeichnen?

Es wurden keine neuen Radare aufgestellt, aber die alten wurden durch neue ersetzt. Was die Militarisierung angeht, so kann ich nicht sagen, sie wäre intensiver geworden. Die Zahl der Kriegsschiffe ist seit meinem Amtsantritt als Bürgermeister konstant geblieben, ist möglicherweise sogar etwas gesunken. Außerdem gibt es keine Militärschiffe mehr, die das Mittelmeer während des Einsatzes „Sophia“ bewacht hatten. Jetzt sind dafür die Luftstreitkräfte zuständig.

Lassen Sie uns über die jüngste Europawahl sprechen. Warum schnitt die Lega Nord auf Lampedusa so gut ab?

Naja, wenn 600 Stimmen einen grandiosen Erfolg bedeuten… Diese Angaben werden genutzt, um die Italiener zu überzeugen, dass die ganze Insel für die Lega gestimmt hätte. Aber von den 5000 Einwohnern sind nur 26 Prozent zu den Wahlurnen gegangen, also nur 1400 Wähler. Die Partei hat 600 von insgesamt 5000 Stimmen bekommen.

Weil die italienische Regierung Lampedusa einfach vergessen hat – wir müssen uns mit unseren Problemen selbst auseinandersetzen, die ihretwegen  entstanden sind. Und die Einwohner der Insel müssen darunter leiden.

Wie sollte die Politik zur Aufnahme der Zuwanderer verändert werden?

Das sollten Sie lieber den Innenminister Salvini fragen. Im Paragraph 2 des Grenzschutzgesetzes handelt es sich um Strafen von 5000 Euro für jeden Fischer, der einen (illegalen) Migranten rettet. Das erklärt vieles…"

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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