Spahn verlangt "europäischen nuklearen Schutzschirm"

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Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) spricht sich für den unmittelbaren Zugriff Deutschlands auf Atomwaffen aus. "Die russische Aggression ist eine ganz neue Bedrohungslage", sagte Spahn der "Welt am Sonntag". Europa müsse abschreckungsfähig werden. Dafür seien US-Atombomben auch in Deutschland stationiert. "Aber das reicht auf Dauer nicht."
Frankreichs und Großbritanniens reden, möglicherweise auch über eine
eigene Teilhabe mit anderen europäischen Staaten." Das werde viel Geld
kosten. "Aber wer Schutz will, muss ihn eben auch finanzieren", so
Spahn.
Es sei sich der Vorbehalte in Deutschland, Atommacht zu
werden, bewusst, so der CDU-Politiker. "Ich weiß, welche Abwehrreflexe
sich jetzt sofort regen, aber ja: Wir sollten eine Debatte über einen
eigenständigen europäischen nuklearen Schutzschirm führen. Und das
funktioniert nur mit deutscher Führung. Wer nicht nuklear abschrecken
kann, wird zum Spielball der Weltpolitik."
Es sei nicht davon
auszugehen, dass eine Atommacht wie Frankreich anderen Bündnispartnern
finalen Zugriff auf französische Nuklearwaffen gewähren werde, so Spahn:
"Aber für eine europäische Atommacht gäbe es mehrere Ideen, auch wenn
manche erst mal verkopft und theoretisch klingen. Zum Beispiel die, dass
die Zuständigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten nach dem Zufallsprinzip
rotiert. Dann bleibt auch ein potenzieller Gegner im Ungewissen."
Spahn
forderte auch von den übrigen Nato-Partnern verstärkte Anstrengungen
zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit. "Aber wenn wir uns im
nordatlantischen Bündnis gegenseitig versprechen, uns gemeinsam zu
schützen, müssen alle den dafür nötigen Beitrag erbringen. Daher erwarte
ich das auch von Spanien." Auf dem Nato-Gipfel in dieser Woche hatte es
Spanien abgelehnt, wie im Bündnis vereinbart, pro Jahr fünf Prozent des
Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung und die nötige Infrastruktur
auszugeben.
Bei Angriffen Dritter auf Nato-Gebiet müssten alle
Bündnispartner bereit zur Verteidigung sein, stellte Spahn klar: "Wir
Deutsche sollten uns an den Gedanken gewöhnen, dass wir gefordert sind,
wenn Nato-Territorium angegriffen wird. Wir müssen im Ernstfall bereit
sein, jeden Quadratmeter Litauens zu verteidigen."
Von Iran
fordert der Unionsfraktionsvorsitzende den völligen Verzicht auf
Atomkraft. "Man muss das iranische Regime generell daran hindern, sein
Atomprogramm fortzusetzen", so Spahn. Das gelte auch für zivile
Anwendungen: "Wer Nuklear-Technologien für zivile Zwecke nutzt, kann mit
genug krimineller Energie auch Atombomben bauen. Und Mullahs mit Bombe
haben der Welt gerade noch gefehlt", sagte Spahn.
Quelle: dts Nachrichtenagentur