Chinas neue Religions-Verordnung: Die PAP zerstört eine riesige Padmasambhava-Statue im Kloster Samye
Archivmeldung vom 06.06.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Jens BrehlDas Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD), Dharamsala, Indien, erhielt aus zuverlässiger Quelle Mitteilung, daß die PAP (Bewaffnete Volkspolizei) Mitte Mai 2007 im Kloster Samye eine kolossale Statue von Padmasambhava, der beim Volk auch unter dem Namen Guru Rinpoche verehrt wird, zerstört und den Schutt der Statue an einen unbekannten Ort abtransportiert hat.
In dem den Buddhisten heiligen Monat Saka Dawa kam eine Fahrzeugkolonne voller PAP-Soldaten zu dem Kloster Samye, Kreis Dranang, Präfektur Lhoka, TAR. Sie rissen eine fast vollendete, riesige verkupferte und vergoldete Statue von Guru Padmasambhava nieder, die dank der großzügigen Spende (800.000 Yuan) zweier chinesischer Gläubigen aus der Industriestadt Guangzhou in der Provinz Guangdong angefertigt worden war. Die Förderer und die Leute vor Ort waren schockiert und tief betrübt über diesen unvorstellbaren Akt der Zerstörung eines Kunstwerks von solch hoher religiöser Bedeutung.
Das Kloster Samye, das am Ufer des
Yarlung Tsangpo im Kreis Dranang der Präfektur Lhoka liegt und als das erste
jemals auf tibetischem Boden errichtete Kloster gilt, geht auf das Jahr 779
zurück, als der tibetische König Trison Detsen mit seinem Bau begann. Später
übergab er es dem berühmten buddhistischen Meister Padmasambhava, der das
Bauwerk vollendete.
Um zu verhindern, daß etwas über ihre Tat nach außen dringe, hinderte die PAP Pilger, Gläubige und ausländische Touristen daran, das Kloster Samye zu besuchen. Ein riesiges Aufgebot von chinesischen PAP-Soldaten war um das Kloster-Gelände herum stationiert. Einige dort wohnende Tibeter, die die Mönche wegen der Zerstörung gefragt hatten, wagten nicht die Information weiterzugeben. Die Klosterbeamten antworteten den Gläubigen auf ihre Fragen, die Statue sei niedergerissen worden, weil kein neues religiöses Bauwerk ohne offizielle Genehmigung errichtet werden dürfe. Ein Tibeter vor Ort äußerte sich dem TCHRD gegenüber so: "Die Tibeter in Lhoka, besonders im Kreis Dranang, wagten nicht den Offiziellen offen die Meinung zu sagen, aber in ihrem Herzen sind sie äußerst besorgt und fürchten, daß die Demolierung der Statue Guru Rinpoches und der Abtransport des Schutts wieder die finsteren Zeiten der Kulturrevolution heraufbeschwören könnte."
Am 1. Januar 2007 traten neue "Maßnahmen für die Regelung der religiösen Angelegenheiten", die in 56 Artikeln festgelegt und am 29. September 2006 von dem 11. Ständigen Ausschuß der TAR-Regierung beschlossen wurden, in Kraft. Anstatt die Religionsfreiheit zu schützen, zielen diese neuen Bestimmungen darauf ab, die Regierungspolitik gegenüber religiösen Vereinigungen, deren Mitarbeitern und den einzelnen Gläubigen strikt durchzusetzen. Insbesondere ermächtigt die neue Verordnung die Beamten, die Restriktionen und staatliche Kontrolle nach Belieben zu intensivieren.
Der Art. 13 der neuen "Maßnahmen für die Regelung der religiösen Angelegenheiten" verfügt, daß "religiöse Organisationen oder Stätten religiöser Aktivitäten, die den Bau eines religiösen Bauwerks wie etwa eines Standbildes im Freien, einer Stupa oder eines Mani Lhakhang (Struktur, die einen großen Gebetszylinder enthält) planen, nach Einholung der Zustimmung des Amtes für religiöse Angelegenheiten ihrer betreffenden Präfektur- oder Stadtverwaltung beim Department für religiöse Angelegenheiten der Autonomen Region einen Antrag auf Prüfung und Billigung einreichen müssen. Das Department der Volksregierung der Autonomen Region für religiöse Angelegenheiten wird seine Entscheidung, ob es den Antrag billigt oder nicht, innerhalb von 30 Tagen nach dessen Erhalt bekanntgeben.
Religiöse Organisationen und Stätten religiöser Aktivitäten, die ein großes, religiöses Standbild außerhalb des eigentlichen Gebäudes für die religiösen Aktivitäten bauen wollen, müssen die diesbezüglichen Bestimmungen des Staatsrates über religiöse Angelegenheiten befolgen. Gruppen und Einzelpersonen, die keiner religiösen Organisationen oder Stätten für religiöse Aktivitäten angehören, dürfen keine religiösen Bauwerke wie große religiöse Standbilder im Freien oder Mani Lhakhang (Häuschen für Gebetszylinder) errichten."
Der Art. 48 fügt noch hinzu: "Wo in Verletzung der Bestimmungen des Art. 13. dieser Maßnahmen ein religiöses Bauwerk wie etwa eine religiöse Statue im Freien, eine Stupa oder ein Mani Lhakhang außerhalb des Gebäudes für religiöse Aktivitäten ohne Genehmigung gebaut wird, wird das Amt für religiöse Angelegenheiten auf Kreis- oder übergeordneter Ebene einschreiten und den Abbruch der Bauarbeiten oder die Demolierung innerhalb einer festgesetzten Frist gemäß den einschlägigen Gesetzen und Bestimmungen anordnen."
Das TCHRD ist der Ansicht, daß dieser jüngste Akt der
Niederreißung einer Guru Padmasambhava Statue im Kloster Samye darauf hinweist,
daß die neuen Maßnahmen nach ihrer Ankündigung nun gewaltsam in die Tat
umgesetzt werden, was eine Verletzung der Grundrechte des tibetischen Volkes auf
Religionsfreiheit bedeutet. Das TCHRD befürchtet, daß in den kommenden Tagen im
ganzen Land auch in anderen religiösen Einrichtungen ähnliches geschehen wird.
Durchgreifende Restriktionen der politischen und religiösen Aktivitäten werden auf höchster Ebene verfügt. Die jüngsten Maßnahmen besagen, daß die Aussichten auf eine größere religiöse Freiheit, wie sie von der chinesischen Verfassung hochherzig verkündet wird, düster sind, besonders wenn man an Chinas Verhalten in Sachen Religionsfreiheit denkt. Während die Verfassung Chinas den Bürgern die "Freiheit der religiösen Überzeugung" garantiert, schützt sie nicht das Recht, den religiösen Glauben auch offen zur Schau zu stellen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, daß China den Internationalen Vertrag über Bürgerliche und Politische Rechte (ICCPR), den es am 5. Oktober 1998 unterzeichnet hat und der ausdrücklich das Recht auf die Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion verfügt, auch ratifiziert.
Jetzt, wo China die ganze Welt umwirbt, wo es eine Unmenge von politischen Kontakten knüpft und als ein aktiver Mitspieler auf der internationalen Arena auftritt, wo es sich anschickt, durch die Ausrichtung der Olympischen Spiele im nächsten Jahr der Öffentlichkeit seine Kraft und Stärke vor Augen zu führen, wo es seinen Einfluß ausweitet und in seiner Diplomatie raffinierter vorgeht, um zu einer Großmacht zu werden, sollte die freie Welt sich daran erinnern, daß sie Verantwortung trägt und dafür sorgen muß, daß China die Menschenrechte seines eigenen Volkes, der Tibeter und anderer Völker auf seinem Boden respektiert.
Quelle: Pressemitteilung Internationale Gesellschaft fur Menschenrechte (IGFM)