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DUH: Fahrverbote für Diesel-PKW in deutschen Städten ab 2016 und Entzug der Typengenehmigung als Folge des Audi/VW-Skandals in den USA

Archivmeldung vom 19.09.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.09.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Maximilian Geiß - DUH
Bild: Maximilian Geiß - DUH

Mit einem Paukenschlag gab die kalifornische Umweltbehörde CAL EPA am gestrigen Freitag bekannt, dass sie die Audi AG und der Volkswagen AG bei der rechtswidrigen Manipulation der Abgasreinigung von 482.000 Diesel-PKW in den USA überführt hat. "Die Nutzung von Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen um die Luftqualitätsvorschriften zu umgehen, ist illegal und bedroht die Gesundheit der Bürger" so die kalifornische Behörde. Nun droht dem Volkswagenkonzern eine Rekordstrafe von bis zu 18 Mrd $ und ein behördlich angeordneter Rückruf aller betroffenen Fahrzeuge. Zudem hat die CAL EPA angekündigt, weitere Diesel-Pkw von VW/Audi sowie weiterer Hersteller zu untersuchen.

"Einfach gesagt, diese Autos haben eine Software, welche die Abgaskontrollen beim normalen Fahren ausschaltet und bei Abgastests anschaltet", so Cynthia Giles von der Environmental Protection Agency EPA. Folge solcher Manipulationen sei, dass die Autos die in den USA festgelegten Abgas-Grenzen um das bis zu 40-Fache überschreiten.

Das Problem besteht nicht nur in den USA sondern in noch deutlich stärkerem Umfang in Europa vor allem bei den deutschen Herstellern VW, Audi, BMW, Mercedes, Ford und Opel. Auf die betrügerischen Manipulationen der Abgaskatalysatoren deutscher Diesel-PKW-Hersteller wurde die kalifornische Umweltbehörde durch Abgastests der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie insbes. eine Untersuchung des International Council on Clean Transportation (ICCT) aus dem Herbst 2014 aufmerksam. Ende Februar 2015 weilte auf Einladung der DUH der ehem. Kalifornische Umweltminister James M. Strock für drei Tage in Berlin und Brüssel. In einem Parl. Abend und einer Bundespressekonferenz in Berlin sowie bei Gesprächen im EU-Parlament und der EU-Kommission ging es um die zunehmende Missachtung von Abgasvorschriften für CO2 und NO2 durch deutsche PKW-Hersteller. Gemeinsam mit dem kalifornischen Umweltpolitiker Stock forderte die DUH bereits vor über einem halben Jahr die Bundesregierung dazu auf, endlich die gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollmessungen durchzuführen. Hierzu existieren bei uns ähnlich strenge Vorschriften wie in den USA.

"Die gestern bekannt gewordene Überführung von VW und Audi der vorsätzlichen Gesundheitsgefährdung durch im Realbetrieb unwirksame Diesel-Abgaskatalysatoren wird in den USA mit einer Milliarden-$-Strafe und einem behördlichen Rückruf aller betroffenen knapp 500.000 Fahrzeuge geahndet. In Deutschland hingegen kämpft die Bundesregierung für das Recht der Autobauer auf die Verschmutzung der Atemluft, hintertreibt geplante Kontrollvorschriften der EU-Kommission und verweigert behördliche Nachkontrollen selbst bei Überschreitungen der Stickstoffdioxid-Werte um 2.500 Prozent", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. "Wir werden nun vor den nationalen Gerichten Fahrverbote für Diesel-Pkw erstreiten und in Deutschland widerrechtlich erteilte Typengenehmigungen durch die Zulassungsbehörde Kraftfahrbundesamt anfechten."

Die DUH protestierte anlässlich der Eröffnung der IAA am Donnerstag in Frankfurt mit einem 13 Meter langen und über vier Meter großen aufblasbaren Auto und dem Slogan "Diesel-Abgase töten" gegen die vorsätzliche Nichteinhaltung gesetzlicher Grenzwerte für die giftigen Dieselabgase durch die deutschen Autokonzerne. Und sie kritisiert die Bundesregierung, die auf jegliche Kontrollen verzichtet - mit verheerenden gesundheitlichen Folgen vor allem für Kinder, ältere Menschen und Kranke.

Seit zehn Jahren werden die Grenzwerte für das besonders gesundheitsgefährdende Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in der Atemluft deutscher Städte massiv überschritten. Dennoch werden auf Druck der Autoindustrie bis heute keine ausreichend wirksamen Maßnahmen ergriffen. In dem der DUH vorliegenden Schreiben der EU-Kommission vom 18.6.2015 zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens kritisiert die EU-Kommission massiv das Eintreten Deutschlands für schmutzige Diesel-PKW und die aktive Verwässerung zukünftiger Abgasstandards auf EU-Ebene durch die deutsche Bundesregierung.

Wie in Kalifornien, so regeln auch in Deutschland bzw. Europa eigentlich die Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und 692/2008, dass die Abgasgrenzwerte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im Normalbetrieb eingehalten werden müssen. Die Verwendung von 'Abschalteinrichtungen' wie gerade in den USA durch VW und Audi zweifelsfrei nachgewiesen, ist ausdrücklich verboten. Als Verstoß gilt zudem die Abgabe falscher Erklärungen bei Genehmigungsverfahren und Verfälschung von Prüfzeugnissen. Deutschland ist außerdem bei festgestellten Verstößen verpflichtet, Sanktionen festzulegen. Diese müssen "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein - so wie dies uns Kalifornien vormacht. Schließlich ist die Übereinstimmung der in Betrieb befindlichen Fahrzeuge mit dem gemessenen Testfahrzeug nachzuweisen. Die Funktionsfähigkeit der emissionsmindernden Einrichtung muss während der normalen Lebensdauer der Fahrzeuge bei normaler Nutzung gegeben sein.

Der Unterschied zu den USA bzw. Kalifornien: Das Kraftfahrtbundesamt verweigert sowohl die Durchführung von Kontrollmessungen als auch behördlich angeordnete Rückrufaktionen amtlichen Rückrufen aufgrund von Verstößen gegen Umweltvorschriften.

Hintergrund:

Der motorisierte Straßenverkehr trägt in Deutschland 64 Prozent zur Belastung durch giftiges Stickstoffdioxid (NO2) bei. 80 Prozent des Verkehrsbeitrages stammen von Dieselfahrzeu-gen, davon etwa die Hälfte von PKW. Insgesamt sind Diesel-PKW demnach für 26 Prozent der NO2-Belastung in Städten verantwortlich. Aus Sicht der DUH müssen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung deshalb insbesondere bei Diesel-PKW ansetzen. Eine aktuelle Studie des King's College London zur Luftverschmutzung in Großbritanniens Hauptstadt kommt zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2010 über 9.400 Menschen vorzeitig an NO2 (5.879 Menschen) beziehungsweise Feinstaub (PM 2,5) (3.537 Menschen) gestorben sind. Nach einer neuen Studie des Max Planck Institut für Chemie in Mainz ist allein der der Feinstaub für jährlich 35.000 Todesfälle verantwortlich.

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)

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