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Bürger gegen Europas größtes US-Army-Lager für giftige Chemikalien in der Pfalz

Archivmeldung vom 02.09.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.09.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: s.media / pixelio.de
Bild: s.media / pixelio.de

In der Südpfalz soll das größte Gefahrenstofflager der US-Armee in Europa einstehen. Eine Bürgerinitiative wehrt sich dagegen, dass die US-Army nicht offenlegt, welche Chemikalien dort gelagert werden sollen. Die Erweiterung des Chemielagers wird inzwischen im Landtag diskutiert und Behörden auf Bundesebene wurden eingeschaltet. Dies berichtet berichtet die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik".

Weiter heißt es in der Meldung: "In der Südpfalz soll das größte Gefahrenstofflager der US-Armee in Europa einstehen. Eine Bürgerinitiative wehrt sich dagegen, dass die US-Army nicht offenlegt, welche Chemikalien dort gelagert werden sollen. Die Erweiterung des Chemielagers wird inzwischen im Landtag diskutiert und Behörden auf Bundesebene wurden eingeschaltet.

Das Gefahrenstofflager zwischen den Orten Lingenfeld und Germersheim versorgt US-Streitkräfte in ganz Europa mit Chemikalien wie Kraftstoffzusätzen und Enteisungsmitteln. Nun soll die Kapazität der seit 2013 genutzten Halle von bisher 70 Tonnen auf 1.900 Tonnen erweitert werden. Die entspricht einer 27fachen Vergrößerung. Damit wäre dies das größte Gefahrstofflager der US-Army in Europa. Neben Schmiermitteln und Ölen sollen auch 50 Tonnen Chemikalien der höchsten Gefahrenklasse in dem Depot eingelagert werden. Ein entsprechender Antrag, in dem diese als extrem gesundheitsgefährdend und hochgiftig einzustufenden Stoffe allerdings nicht vollständig aufgeführt werden, liegt der Kreisverwaltung Germersheim vor. Der Antrag der Logistikeinheit des US-Verteidigungsministeriums „Defense Logistics Agency/Distribution Europe“ konnte vier Wochen lang im Kreisamt eingesehen werden. Anschließend gab es eine zweiwöchige Frist, in der die Bürger von Germersheim und Lingenfeld Einwände einreichen konnte. Diese Frist läuft am 7. August ab.

Bisher liegen laut Kreisverwaltung knapp 40 Einwände vor. Allerdings kommen die Eingaben von einem Kreis von etwa zehn Personen, die sich nun in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben. Bei deren Gründung am 1. August herrschte großer Andrang; knapp 200 interessierte Bürger waren anwesend.

Die Bürger befürchten Gefahren für die Umwelt und Sicherheit durch die giftigen Stoffe und kritisieren mangelnde Transparenz von Seiten der Amerikaner. In dem Antrag sind oft nur die Lagerklassen der Chemikalien angegeben, aber nicht die genauen Stoffbezeichnungen.

Michael Gauly, Leiter des Dezernats Bauen, Umwelt, Abfallwirtschaft bei der Kreisverwaltung Germersheim, der die Einwände sammelt, erläutert:

„Die Einwände beziehen sich vor allem auf die Lagerung der Gefahrenstoffe und auf die Möglichkeiten, im Falle eines Unfalls zu reagieren.“

Die US-Armee spricht von etwa 200 LKWs täglich, die das Lager anfahren würden. Die Gefahrgutlaster nutzen die Bundesstraße, aber teilweise auch Umleitungen durch Wohngebiete. Sollte es auf der Anfahrt zu Unfällen kommen, wären die Gefahren für die Anwohner nicht abzuschätzen.

Matthias Joa, Landtagsabgeordneter der AfD in Rheinland-Pfalz glaubt nicht, dass bei den derzeitigen Möglichkeiten adäquat auf einen Störfall reagiert werden könnte:

„Ich habe meine Zweifel, dass die Feuerwehr der US-Army und die umliegende Feuerwehr, die ja nicht vergrößert werden, bei einer 27fachen Vergrößerung der Lagerkapazitäten des Depots im Fall der Fälle damit umgehen könnten. Erst recht, wenn sie gar nicht genau wissen, was dort gelagert ist.“

Ein weiterer Kritikpunkt in den Einwänden der Bürger gegen das Depot ist die Auflistung der Gefahrenstoffe. Auch hier räumt Gauly ein:

„Auch wenn viele Stoffe für sich scheinbar weniger gefährlich sind, ist bisher unklar, wie die Stoffe bei möglichem Kontakt und Vermischung im Falle eines Schadens reagieren würden.“

In der Kategorie der hochgiftigen Stoffe sind nur wenige Einzelposten aufgeführt, unter anderem Dimethylsulfat, ein Kampfstoff aus dem Ersten Weltkrieg. Dies weckt Zweifel daran, dass alle Stoffe, die in dem Depot gelagert werden sollen, nur logistischen und nicht auch militärischen Zwecken dienen. Dabei habe die DLA (Defense Logistics Agency) im Antrag „Repräsentative Stoffe“ ausgewählt, also jene, die am häufigsten vorkommen. Die Kritiker vermuten, dass die US-Army einen Freibrief wolle, alles lagern zu können.

Die Bürgerinitiative kritisiert, dass es keine Notfall- und Wartungspläne für das erweiterte Lager gibt.

Außerdem wird bemängelt, dass die Lagererweiterung nicht gemäß der neuen Störfallverordnung konzipiert wurde. Hier räumt auch Michael Gauly von der Kreisverwaltung Unklarheit ein:

"Das ist eine interessante Fragestellung, da militärische Anlagen eigentlich von der Störfallverordnung ausgenommen sind. Wir haben das zur Prüfung an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr weitergeleitet. Das Ergebnis dieser Prüfung werden wir dann als Grundlage für die weitere Beurteilung heranziehen."

Es gibt Forderungen, so eine weitreichende Entscheidung zumindest im Landtag, wenn nicht sogar auf Bundesebene im Umwelt- und Verteidigungsministerium zu entscheiden. Dies fordert auch Matthias Joa von der AfD:

„Die Bürgerinitiative hat darauf hingewiesen, dass diverse Verfahren nicht eingehalten wurden. So soll zum Beispiel keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Das geht unserer Meinung nach nicht. Außerdem haben die Antragsunterlagen eine große Komplexität. Hier sollte zumindest ein unabhängiger Gutachter beauftragt werden. Und wir halten eine Entscheidung auf kommunaler Ebene für falsch und würden dies gern auf Landesebene behandeln.“

Laut Michael Gauly von der Kreisverwaltung ist jedoch bereits geplant, zumindest mit Fachausschüssen auf Landes- und Bundesebene zusammenzuarbeiten:

„Wir bündeln auf Kreisebene das Emissionsschutzverfahren und die Einwände. Die einzelnen Fachdisziplinen, wie Wasser, Umwelt oder Bodenschutz werden dann jedoch von Fachbehörden auf Landesebene und teilweise auch auf Bundesebene geprüft und bewertet. Die Stellungnahmen dieser Fachgutachter und auch die Stellungnahmen des Antragsstellers, also der US-Behörde und ihrer Gutachter, die die Einwände parallel zugestellt bekommen, werden dann schlussendlich in einem Erörterungstermin besprochen.“

Dieser Termin soll am 12. September sein. Bereits im August will der Umweltausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags über das geplante Gefahrenstofflager debattieren.

Erstaunlich ist, dass der Bürgerinitiative nicht nur „besorgte Bürger“, sondern auch lokale Politiker, wie Reinhard Werner, SPD-Stadtrat in Germersheim und Erwin Leuthner, Ortsbürgermeister von Lingenfeld angehören. Auch Frank Leibeck, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Lingenfeld gegrüßt die Initiative der Bürger:

„Bürgerinitiativen, um mehr Transparenz und Informationen zu bekommen, sind immer begrüßenswert. Wenn dies zum Entscheidungsprozess beiträgt, finde ich das gut. Die Bürgerinitiative möchte ja, dass das Lager nicht erweitert wird. Wenn das am Ende des Prozesses die Entscheidung sein wird, dann ist das aus meiner Sicht auch okay. Wir, als Verbandsgemeinderat Lingenfeld haben zu dem Thema der Erweiterung des Depots erst einmal eine negative Stellungnahme abgegeben, da uns nicht genug Informationen darüber vorliegen.“

Die Bürgerinitiative hat bereits über 1000 Unterschriften gegen eine Erweiterung des Lagers gesammelt, die dem Landrat der Region Fritz Brechtel übergeben werden sollen. Brechtel hat in einer Pressemitteilung bereits signalisiert, dass er die Bürgerinitiative begrüße und für ihn die Sicherheit der Menschen und der Umwelt Vorrang haben.

Gerade in Zeiten des Terrors löst so eine große Ansammlung gefährlicher Stoffe Sorge bei den Bürgern aus. Im Fall eines Angriffs wäre das US-Depot ein hochrangiges Ziel, weil es große Teile der Truppe versorge, so Dietmar Bytzek, Mitinitiator der Bürgerinitiative, in einer Eingabe. Bytzek hat deshalb bei der Kreisverwaltung nicht nur gegen die Erweiterung des Lagers geklagt, sondern sogar die Stilllegung des gesamten Lagers beantragt. Dietmar Bytzek war bisher nicht für ein Interview erreichbar.

Bereits am 14. August besucht Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Südpfalz-Kaserne in Germersheim. Gut möglich, dass die Bürgerinitiative schon dort auf sich aufmerksam machen wird."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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