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Frankreich: Wer sind die „Rotstifte“?

Archivmeldung vom 18.01.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.01.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Stylos Rouges
Stylos Rouges

Bild: Stylos Rouges

Bei den Protestaktionen in Frankreich handelt es sich nicht ausschließlich um die „Gelbwesten“. Weniger bekannt ist die Bewegung der „Stylos Rouges“ („Rotstifte“), die gerade ebenfalls einen Aufschwung erlebt. Sputnik hat mit Teilnehmern der Proteste und Gewerkschaftsleitern über die mögliche Vereinigung verschiedener Bewegungen gesprochen.

Auf der deutschen Webseite des russischen online Magazins heißt es weiter: "An den Protestaktionen beteiligen sich Lehrkräfte, die von ihren Gewerkschaften enttäuscht sind und ebenfalls zum Handeln auffordern: von der Blockade von Schulen bis zur Weigerung, Zeugnisse auszustellen. Die Bewegung wurde am 12. Dezember 2018 gegründet, und inzwischen sind daran etwa 60.000 Menschen beteiligt.

„Gelbwesten“, „Blaulichter“, „Rotstifte“ – die Protestwelle, von der Frankreich gerade erfasst wurde, bekommt immer neue Farben. Wie auch die am meisten bekannten „Gelbwesten“, sind die erwähnten Bewegungen auf Facebook entstanden. Wie ihre Vorgänger, wollen sie, dass man ihnen zuhört, ohne dass sie aber auf traditionelle Methoden zurückgreifen.

Die Protestbewegung „Les Stylos Rouges“, die erst am 12. Dezember des vergangenen Jahres ins Leben gerufen wurde, vereinigt vor allem Lehrer, deren Zahl inzwischen bei etwa 60.000 liegt. Das ist ziemlich beeindruckend, wenn man bedenkt, dass es in Frankreich insgesamt 880.000 LehrerInnen gibt. Sie lassen sich ihre Gehälter nicht gefallen und sind zudem von der Gewerkschaftsbewegung enttäuscht, die ihre Rechte aus ihrer Sicht mangelhaft verteidigt.

Die „Rotstifte“ sind zu aktiven Handlungen bereit: Schulhäuser erobern, die Ausstellung von Zeugnissen verweigern usw. Möglicherweise werden sie Eltern aufrufen, ihre Kinder vorerst nicht zur Schule zu bringen. Die erste Versammlung der „Rotstifte“ fand am 12. Januar unweit des Henry-IV-Lyzeums statt, das einst Präsident Emmanuel Macron besuchte. Die zweite Versammlung wurde am 16. Januar vor dem Rectorat de Créteil organisiert.

Ob die beiden französischen Protestbewegungen sich vereinigen könnten? Mit dieser Frage befasste sich Sputnik.

„Ich muss mich wundern, dass dies nicht schon früher passiert ist. Man sagt schon seit 20 Jahren, dass es in zehn Jahren passieren würde. Jetzt geht das tatsächlich vom Volk aus, und die Regierung hat Angst davor“, sagte der Lehrer Rodolphe Dumouch, der sich an der Bewegung „Les Stylos Rouges“ beteiligt gegenüber Sputnik France.

„Im Laufe vieler Jahre werden die meisten Berufe abgewertet, und Vertreter dieser beruflichen Gemeinschaften beginnen, zu protestieren – eine nach der anderen. Und das ist noch nicht alles – meines Erachtens werden irgendwann auch Ärzte und Pharmazeuten an der Reihe sein.“

Dumouch zeigte sich überzeugt, dass verschiedene Protestbewegungen sich vereinigen werden, „auch wenn die Behörden alles tun werden, um das zu behindern. „Das wird passieren, wenn Bauern gleichzeitig mit Beamten auf die Straßen gehen, wenn die CGT-Gewerkschaft gemeinsam mit Kleinhändlergewerkschaften und Taxifahrer mit SNCF-Mitarbeitern protestieren.“

Allerdings lässt eine Mitteilung der „Rotstifte“ vom 14. Januar vermuten, dass dies noch nicht bald passieren könnte. Zwar behaupten sie, „sich Sorgen um Probleme zu machen, die Tausende Mitbürger zur Vereinigung in die ‚Gelbwesten‘-Bewegung gezwungen haben“, aber die Aktivisten der „Stylos Rouges“ präzisieren, mit ihnen nicht verbunden zu sein: „Die ‚Gelbwesten‘ sind eine Bürgerbewegung und wir eine berufliche Bewegung.“

Ein Mathematiklehrer namens Anthony (der Name wurde verändert) aus einem Vorort von Paris zeigte sich pessimistisch hinsichtlich der möglichen Vereinigung und betonte, er hätte „nie an diese Idee geglaubt“. Nach seinen Worten nimmt er die „Blaulichter“ und „Rotstifte“ nicht ernst und glaubt eher an den Erfolg der „Gelbwesten“.

Albert-Jean Mougin, der frühere Vizevorsitzende der Nationalen Gewerkschaft von Lyzeen und Kollegen (Synticat national des lycées et collèges (SNALC), warnte seinerseits, dass der Kampf noch lange nicht gewonnen sei:

„Manche ‚Gelbwesten‘-Vertreter wollen auf der Basis dieser Bewegung eine politische Organisation bilden. Aber da entsteht etwas wie das gallische Dorf von Asterix und Obelix: Sie können sich nicht einigen. Möglicherweise entsteht gerade eine neue Form der ständigen Proteste großer Menschenmengen. Allerdings kann das nicht lange dauern. Die Hauptsache ist, dass wir dann möglicherweise zu einer umfassenden Diskussion, zu einer richtigen Demokratie zurückkehren. Dafür müssten die Franzosen aber den Regierenden wieder vertrauen. Das ist allerdings keine rein französische Erscheinung – solche Probleme gibt es auch in anderen Ländern wie Deutschland, England usw.“

Die meisten Teilnehmer der seit mehreren Wochen andauernden Massenproteste in Frankreich haben aber kein Vertrauen zu ihren Politikern. Der Lehrer Jean-Paul Brighelli verwies darauf, dass die Teilnehmer der Proteste quasi inhomogen seien: „Auf jeder Seite gibt es viele Vorurteile. Sie sollten alle Karten auf den Tisch legen und nachdenken: Wie sind unsere gemeinsamen Forderungen?“ Aber:

„Der Regierung gelingt es, die Protestierenden zu spalten, indem sie behauptet, dass es immer noch die Linken und die Rechten gibt, wobei die Unterschiede eher ‚senkrecht‘ sind: zwischen Oligarchen, die glauben, alles zu dürfen, und der inzwischen zerstörten Basis der Gesellschaft.“

Pierre Chantelot, der nationale Sekretär der Gewerkschaft SNESUP-FSU, zeigte seinerseits etwas mehr Optimismus:

„‚Gelbwesten‘, ‚Blaulichter‘, ‚Rotstifte‘… Es sieht wie ein Regenbogen aus. Aber man sollte die Wut der Franzosen nicht unterschätzen. Am Ende könnten sich diese Bewegungen vereinigen, und es gibt schon entsprechende erfreuliche Zeichen. Wo die ‚Gelbwesten‘ protestieren, werden sie von Rentnern unterstützt, die Menschen, die zur Arbeit müssen, ersetzen. Die Menschen sprechen miteinander und tauschen Meinungen aus. Die ‚Gelbwesten‘ gewinnen dort, wo die Bewegung ‚Nuit debout‘ gescheitert ist. Der ‚menschliche Faktor‘ ist bestimmend, und das ist ein positiver Moment.“

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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