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Zeitung: Neue Unregelmäßigkeiten bei den Notenbanken Spaniens und Italiens

Archivmeldung vom 08.04.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.04.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de

Im Euro-System der Zentralbanken ist es einem Medienbericht zufolge erneut zu Unregelmäßigkeiten bei der Bewertung von Kreditsicherheiten gekommen. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" haben die Notenbanken in Spanien und Italien die Regeln der Europäischen Zentralbank (EZB) zu großzügig ausgelegt. Banken, die die zu gut bewerteten Papiere bei der Zentralbank einreichen, bekommen dadurch Finanzierungsvorteile von bis zu 12,4 Milliarden Euro.

Die EZB sichert im Gegenzug ihre Risiken schlechter ab, als es ihr eigenes Regelwerk vorsieht. Banken müssen grundsätzlich Wertpapiere oder andere Vermögenswerte verpfänden, um Zentralbankkredite zu erhalten. Dabei werden Risikoabschläge fällig, die umso höher ausfallen, je geringer die Bonität des verpfändeten Wertpapiers ist.

Bereits in der Vergangenheit musste die EZB einräumen, dass nationale Notenbanken Kreditsicherheiten zu großzügig bewertet hatten. Im aktuellen Fall geht es um eine offenbar systematisch falsche Anwendung der Regeln bei staatlich garantierten Bankanleihen. Für ihre Bewertungen haben die Notenbanken das Rating der jeweiligen Regierung herangezogen, das besser ausfällt als das der Banken und deshalb zu geringeren Risikoabschlägen führt.

Die EZB verteidigt das Vorgehen der spanischen und italienischen Notenbank. Weil es kein "Wertpapier-Rating" gebe, würden "die Bewertungsabschläge von den entsprechenden Emittenten- oder Garanten-Ratings bestimmt, und zwar unter der Maßgabe, dass das beste Rating entscheidend ist", erklärte die EZB auf Anfrage. Diese Maxime widerspricht jedoch dem schriftlichen EZB-Regelwerk, wonach ein Garanten-Rating nur dann maßgeblich ist, wenn keine Ratingnote des Emittenten vorliegt.

Im Falle der Bankanleihen müsste also eine Bonitätsbewertung für die jeweilige Bank fehlen. Für alle fraglichen Banken in Spanien und Italien gibt es jedoch sehr wohl Ratings. Deshalb hätten diese Bonitätsnoten zählen, was zu höheren Risikoabschlägen geführt hätte. Trotz mehrerer Nachfragen der "Welt am Sonntag" konnte die EZB keine Erklärung dafür liefern, warum die vorhandenen Banken-Ratings ignoriert wurden.

In Kreisen der Zentralbank wird allerdings beteuert, dass durch die großzügigere Bewertung in der Praxis keine zusätzlichen Kredite ausgegeben worden seien: Banken, die die fraglichen Anleihen bei der Zentralbank verpfändeten, hätten stets über ausreichend andere Sicherheiten verfügt. Das ist aber nur eine Momentaufnahme, da es aktuell keine Liquiditätsengpässe gibt, was sich schnell wieder ändern kann.

Zudem verschafft eine großzügigere Bewertung den Banken Wettbewerbsvorteile. Denn Sicherheiten sind für die Institute quasi flüssiges Geld, weil sie jederzeit bei der EZB eingereicht werden könnten. Und sowohl Ratingagenturen als auch Investoren schauen sehr genau darauf, wie groß das Liquiditätspolster der Geschäftsbanken ist.

Top-Ökonom hält Frankreich für fundamental anfälliger als Italien

Der renommierte Ökonom Thomas Mayer warnt vor den schlechten wirtschaftlichen Fundamentaldaten des Euro-Partners Frankreich. Mayer, zwischen 2010 und 2012 Chefvolkswirt und heute Berater der Deutschen Bank, hat für die in Berlin erscheinende "Welt am Sonntag" (7.4.2013) die Krisenanfälligkeit der 17 Euro-Staaten untersucht.

"Allein auf der Basis der Fundamentaldaten betrachtet könnten französische Finanzwerte mit höheren Risikoaufschlägen als italienische bewertet werden", schreibt Mayer in der Zeitung. "Wegen seines großen politischen Einflusses auf die deutsche und europäische Politik stört sich der Markt jedoch wenig daran. Für Frankreich selbst ist dies allerdings fatal, fehlt doch der unverzichtbare Druck der Märkte für Reformen."

Mayer hat die Leistungsbilanzsalden, die Staatsverschuldung, die Budgetdefizite und die Größe des Bankensektors analysiert. Italien und Belgien müssten "in erster Linie die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Staatsverschuldung sinkt", so Mayer. "Dazu sind nachhaltige und erhebliche strukturelle Budgetüberschüsse notwendig. Malta sollte ebenfalls seine strukturellen Budgetdefizite eliminieren und seinen überdimensionierten Bankensektor verkleinern. Frankreich hat leider erheblichen Nachholbedarf in beinahe allen Bereichen außer bei der Größe seines Bankensektors, der nur leicht über dem Durchschnitt im Euro-Raum liegt."

Portugals Regierung kündigt neue Einsparungen an

Der portugiesische Regierung hat neue Einsparungen angekündigt. Steuererhöhungen hingegen lehnt die Mitte-Rechts-Regierung weiterhin ab, sagte Ministerpräsident Pedro Passos Coelho in einer Fernsehansprache am Sonntag. Stattdessen sollen in den Bereichen Sozialversicherung, Gesundheit, Bildung und staatliche Betriebe die Ausgaben gekürzt werden. Damit will Coelho nach eigenen Worten verhindern, dass das Land ein weiteres Hilfegesuch an die Euro-Länder stellen muss.

Der Ansprache vorangegangen war ein Veto des Verfassungsgerichts in Lissabon am Freitag: Dieses hatte bereits getroffene Kürzungsbeschlüsse der Regierung für ungültig erklärt. Unter anderem kann die geplante Abschaffung des 14. Monatsgehalts für Beamte und Rentner nicht umgesetzt werden. Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva sprach sich trotz der Zuspitzung der Finanzkrise in seinem Land gegen eine Ablösung der Regierung und gegen Neuwahlen aus.

US-Ökonomin warnt vor Folgen lockerer Geldpolitik

Die US-Ökonomin Carmen Reinhart hat die Politik der führenden Notenbanken kritisiert. Wenn die Inflation anziehe, was letztlich passieren werde, dürfte "offensichtlich werden, dass die Zentralbanken zu Dienern der Regierungen geworden sind", sagte die Harvard-Ökonomin dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Die Notenbanken täten alles, um den Regierungen bei ihren Schuldenproblemen zu helfen.

Der Trend zu einer zunehmenden Abhängigkeit der Geldpolitik werde nicht so schnell vorübergehen. "Wenn Zentralbanken anfangen, Schulden zu kaufen, werden sie irgendwo auf diesem Weg Inflation produzieren. Das ist sicher", sagte Reinhart, die durch ihre wissenschaftlichen Beiträge zur Geschichte der Schuldenkrisen bekannt geworden ist. Die Leidtragenden dieser Notenbankpolitik seien die Sparer. Über negative Zinsen werde Geld von ihnen zu den Kreditnehmern transportiert. "Kein Zweifel, die Renten werden aufgefressen", sagte Reinhart.

Bundesbankpräsident: Banken müssen auch abgewickelt werden können

Bundesbankpräsident Jens Weidmann befürwortet ein "Abwicklungsregime" für Banken im Euroraum. "Es ist wichtig, aus Zypern die Lehre zu ziehen, dass Banken auch abgewickelt werden können, trotz all der Probleme auf dem Weg dahin bei der Erarbeitung des Programmes", sagte Weidmann in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview des "Deutschlandfunks". Dabei ginge es darum, eine richtige Haftungsreihenfolge zu definieren. Diese sehe dann "sicherlich so aus, dass die Eigenkapitalgeber, also diejenigen, die unternehmerische Verantwortung tragen, auch die Hauptlast der Anpassung tragen müssen."

Erst am Schluss sollten die Einleger stehen. "Die Krise wird uns noch eine Weile begleiten, weil die strukturellen Ursachen der Krise angegangen werden müssen. Und das braucht eben Zeit", so der Bundesbankpräsident weiter. Die Situation in Zypern habe sich in den letzten Tagen stabilisiert. Er wolle aber trotzdem nicht ausschließen, dass der Liquiditätsbedarf in Zypern noch weiter steigt. Liquidität löse nicht die Probleme in Zypern, die Probleme seien struktureller Natur.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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