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„Krieg in Köpfen ausgebrochen“: DRF zu Ausweg aus deutsch-russischer Konflikt-Spirale

Archivmeldung vom 08.11.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.11.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Matthias Platzeck Bild: Bernau LIVE, on Flickr CC BY-SA 2.0
Matthias Platzeck Bild: Bernau LIVE, on Flickr CC BY-SA 2.0

Als „erschreckend“ bezeichnet Matthias Platzeck, Vorstandsvorsitzender des Deutsch-Russischen-Forums (DRF), die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage, wonach ein Drittel der Bundesbürger (36 Prozent) einen Krieg gegen Russland für möglich hält. Während des deutsch-russischen Gesprächsabends zum Thema „Vertrauen und Politik“ in Moskau sprach sich Platzek (SPD), der ehemalige Ministerpräsident Brandenburgs, dafür aus, dass man auf beiden Seiten versuchen müsse, in dieser Situation so nüchtern wie nur möglich zu bleiben, um sich nicht weiter voneinander zu entfernen. Dies berichtet das russische online Magazin "Sputnik".

Weiter heißt es auf deren deutschen Webseite: "Er bedauere, dass es in den letzten zwei Jahren deutlich weniger Begegnungen gab; dass das Deutsch-Russische Jahr des Jugendaustausches 2016/17 in Deutschland so gut wie unbekannt ist. „Ich habe gehört, dass in diesem Jahr weniger Jugendliche ‚ausgetauscht‘ wurden, als in den Jahren vorher. Das ist verheerend“, so Platzeck. Erste Auswirkungen folgten sogleich: „Wir fangen an, weniger voneinander zu wissen. So glaubt man irgendwelchen Dingen, und damit ist die Tür des Misstrauens wieder ein Stück weiter offen.“

Gerade in schwierigen Situationen sei es wichtig, nicht weniger, sondern mehr Gesprächsmöglichkeiten zu eröffnen. Platzeck sieht eine zivilisatorische Notwendigkeit darin, trotz aller großen Differenzen immer wieder Treffen und Gespräch zu suchen. Wenn nicht, dann „kommt man in eine Spirale, die irgendwann keiner mehr anhalten kann. Dies zu verhindern, erfordert Riesenanstrengungen von beiden Seiten.“

Es helfe uns nicht weiter, fährt der Chef des Deutsch-Russischen Forums fort, wenn „wir dabei permanent sagen, dass wir in allen Fragen Recht haben. Selbst wenn es so wäre, dies zu Beginn eines Gesprächs zu stellen, macht das Gespräch fast schon obsolet“, fügte er hinzu.

Platzeck kritisiert: „Wir haben in den letzten zwei-drei Jahren eine Bezeichnung für Menschen – es gibt glücklicherweise eine ganze Menge – zugelassen, die sich bemüht haben, wenigstens dahinter zu kommen, was in Russland vor sich geht, warum Russland macht, was es macht, und wie es das macht. Und dafür hat man die Begriffe,Russlandversteher‘ und,Putin-Versteher“, wenn man eine schlechtere Steigerung sucht, erfunden.“

Platzeck habe es nach eigenen Worten dabei zum ersten Mal im deutschen Sprachgebrauch erlebt, dass das Wort „verstehen“ mit einer negativen Konnotation versehen werden könne. „Ich würde unbedingt versuchen, selbst meinen intensivsten Feind zu verstehen, damit ich weiß, was ihn treibt, und wie ich mit dem Sachverhalt umgehen kann“, meint der SPD-Politiker.

Die 36 Prozent der Antworten in der Forsa-Umfrage, die einen Krieg gegen Russland für möglich halten, müsse man ernst nehmen, das sei eine durchaus gefährliche Zahl. Kriegsangst sei niemals ein guter Berater für eine Wiederbelebung eines Dialogs. Ihm stimmte Michail Fedotow, Vorsitzender des Menschenrechtsrates bei Russlands Präsident zu. Fedotow zitierte dabei die Präambel der Unesco-Verfassung: „Da Kriege in den Seelen von Menschen ihren Ursprung haben, muss auch die Verteidigung des Friedens in der Seele des Menschen entstehen.“

Sprache abrüsten!

Wenn man sich die Berichterstattung in deutschen Mainstream-Medien ansehe, so Fedotow, erscheine diese Sprache ungewöhnlich militärisch. Da wäre es doch angebracht zu deeskalieren. Der Krieg in den Köpfen sei schon ausgebrochen, sagt Fedotow: „Dort herrscht bereits fürchterliche Zerrüttung.“ Er schlägt darum dringend eine propagandistische Abrüstung sowie Entmilitarisierung des gesellschaftlichen Bewusstseins vor: „Beides muss wechselseitig geschehen, sozusagen im Zweirichtungsverkehr. Zwar steigen wir nicht mehr in denselben Fluss, aber wir wollen doch einen besseren finden, in den wir steigen können.“

Laut dem russischen Menschenrechtler müsse man sich nicht nur treffen und diskutieren, sondern darüber hinaus auch etwas gemeinsam unternehmen. Als Beispiel nannte er das Projekt „Ziviles Minsk“, welches von Frauenorganisationen Russlands, der Ukraine und Deutschlands initiiert wurde und eine zivile Kontrolle der Umsetzung des Minsker Friedensabkommens vorsieht. Inzwischen stiegen allmählich auch Franzosen, Polen und Schweizer in das Projekt ein.

Auch dem Vorsitzenden des Bundestags-Unterausschusses zu Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der Nato, Robert Hochbaum, wäre es lieber, wenn nur fünf oder zehn Prozent der Deutschen Angst vor einem Krieg gegen Russland hätten. Im Kontext der aktuellen politischen und medialen Lage in Deutschland allerdings sehe er die Forsa-Umfrage überraschend positiv: „Fast zwei Drittel der Deutschen sagen:,Wir sehen keine Gefahr, dass der Krieg mit Russland kommt‘, ist ein deutlicher Beweis dafür. Er bestätigt, dass wir diesen Vertrauensverlust  überwinden können.“

Das russische Levada-Zentrum führte derweil jüngst eine Umfrage zu den Möglichkeiten eines echten Dritten Weltkrieges unter Russen durch. 38 Prozent der Befragten drückten „einige Zweifel“ aus. 31 Prozent meinen jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit eines Krieges gering sei. Und elf Prozent haben überhaupt keine Angst. Lediglich zehn Prozent der befragten Russen fürchten sich vor einem neuen Krieg."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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