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Ukrainische Nationalisten: „Sie werden ihre eigene ‚Nacht der langen Messer‘ erleben“

Archivmeldung vom 11.03.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Schwarz-rote Fahnen des KUN bei Demonstrationen des Euromaidan am 1. Dezember 2013 in Kiew.
Schwarz-rote Fahnen des KUN bei Demonstrationen des Euromaidan am 1. Dezember 2013 in Kiew.

Foto: Antanana
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Ukrainische Nationalisten greifen Menschen an, die anderer Meinung sind als sie selbst, bringen Veranstaltungen ihrer politischen Gegner zum Scheitern und helfen dadurch den Machthabern, „unerwünschte“ Personen und Meinungen zu bekämpfen. Doch was erwartet diese „Aktivisten“ selbst künftig?

Der Gastautor des russischen online Magazins "Sputnik", Anton Lissizyn, schreibt in seinem Beitrag auf deren deutschen Webseite weiter: "Laut diversen Berichten werden in der Ukraine neuerdings Häuser von so genannten „unzuverlässigen“ Bürgern speziell markiert. „Hier wohnen Vertreter der ‚russischen Welt‘“, steht darauf oft geschrieben.

Der ehemalige Abgeordnete der Obersten Rada Alexej Schurawko schreibt in einem Facebook-Post: „Diese Männer ‚durchwühlen‘ Treppenhäuser und schreiben auf die Türen der nach ihrer Auffassung ‚unzuverlässigen‘ Mitbürger das, was Sie auf diesen Fotos sehen können. Sie sind inzwischen sowohl in Slawjansk als auch in Kurachowe (Oblast Donezk) aktiv.“

Auf den Fotos sind folgende Aufschriften zu sehen: „Hier wohnt ein Propagandist der ‚russischen Welt‘. Erste Warnung“ Oder: „Der Frieden im Land beginnt mit dem Frieden in der Familie. Internet-Propagandisten der ‚russischen Welt‘ aus der Wohnung Nr. ___ halten sich nicht an diese Regel.“

„Erinnert das nicht an das Nazi-Deutschland in den 1930er-Jahren?“, kommentiert Schurawko die Bilder.

Solche „Aktivisten“ achten nicht nur auf „mangelhaft loyale“ Mitbürger, sondern auch auf Vertreter der Macht. So haben Mitglieder der Partei „Nationales Korps“ eine Protestaktion vor einem Geschäft der Firma Roshen (gehört teilweise Präsident Petro  Poroschenko) im Zentrum von Borispol organisiert. Die Teilnehmer beklebten das Gebäude mit „Flugzetteln“ wie „Swinartschuk von Poroschenko gehört hinter Gittern!“ (Swinartschuk ist der richtige Name von Oleg Gladkowski, der zum nahen Umfeld des Staatschefs gehört und in einen Korruptionsskandal um die Lieferung von Zulieferteilen für Militärtechnik verwickelt war bzw. ist.)

Unter solchen Aktivitäten ukrainischer Nationalisten leiden auch Unternehmer. So zündeten Neonazis im Sommer des vorigen Jahres Feuerwerkskörper vor einem Einkaufszentrum in Kiew und forderten die Menschen auf, keine in Russland hergestellten Waren zu kaufen. Vor dem Eingang warfen sie mehrere tote Tauben auf den Boden und bemalten die Wände mit Aufschriften wie „Kaufe nichts Russisches!“

Die Radikalen bemühen sich immer darum, ihren Gegnern bei der Organisation von deren Veranstaltungen Steine in den Weg zu legen. Unter anderem greifen sie jedes Jahr Menschen an, die den Tag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion feiern.

2017 kündigten die Nationalisten beispielsweise eine Aktion unter dem Namen „Todesregiment“ an – im Gegensatz zur russischen Aktion „Unsterbliches Regiment“. „Jeder von uns begreift die Gefahr, die von solchen Veranstaltungen ausgeht und von wem sie geplant und finanziert werden“, sagte der Anführer der so genannten „Freiwilligen-Bewegung der Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN)“, Nikolai Kochaniwski.

Am vergangenen 9. Mai kam es zu Straßenkonflikten in Kiew, Odessa, Charkow und Dnepropetrowsk. In der Hauptstadt wurden die Teilnehmer des Gedenkmarsches „Unsterbliches Regiment“ mit Rauchkörpern beworfen, in anderen Städten versuchte man, sie zu Schlägereien zu provozieren. In Saporoschje gingen die Radikalen mit Fotos der Protagonisten der TV-Serie „Game of Thrones“ auf die Straße (Die Teilnehmer des Gedenkmarsches „Unsterbliches Regiment“ nehmen üblicherweise mit Fotos von Kriegsveteranen am Marsch teil, Anm. d. Red.)  – und genossen dabei die Unterstützung der Machthaber. Generalstaatsanwalt Juri Luzenko erklärte beispielsweise, dass Nationalisten von Vertretern des „Oppositionsblocks“ angegriffen worden wären. „Ich habe für Euch, Anführer des ‚Oppositionsblocks‘, eine unangenehme Nachricht. Sie alle (die angeblichen Angreifer, Anm. der Red.) wurden in Eurem Stab im Gebiet Dnepropetrowsk ‚vorbereitet‘“, beschuldigte Luzenko seine politischen Gegner. Nach seinen Worten hätten die Ordnungskräfte Beweise dafür, dass die Unruhen im Voraus geplant worden wären.

Gleich nach den Auseinandersetzungen ließ sich der Staatsanwalt zudem nicht gefallen, dass Polizeibeamte die Teilnehmer der Aktion „Unsterbliches Regiment“ geschützt hatten. „Es wird das schändliche Zusammenwirken von Beamten der Nationalpolizei mit ‚Tituschki‘ (so werden in der Ukraine junge Kämpfer und Schläger genannt, die angeblich extra für Gewaltaktionen angeheuert werden) ermittelt. Dafür werden sie sich verantworten müssen“, drohte Luzenko.

Zugleich verwarnte er quasi die „Freiwilligen“ wegen deren mangelhaften Aktivität: „Es kam im Grunde zu einer Pro-Kreml-Aktion, weil sich patriotische Organisationen und Parteien zurückgezogen hatten.“

Ebenfalls in Dnepropetrowsk hatten Mitglieder der Bewegung „Staatliche Initiative Jaroschs“ im Jahr 2016 einen „Separatisten“ gelb-blau gefärbt. Sie behaupteten, diesen gefasst zu haben, als er an einer Mauer das Wort „Russland“ geschrieben hätte.

Und in Kiew griffen Kämpfer von dem „Zivilen Korps Asow“ – wieder im Jahr 2016 – eine Gruppe von älteren Menschen an, die den Jahrestag des Referendums über die Aufrechterhaltung der Sowjetunion feiern wollten. „Die Separatisten wurden auseinandergejagt, prorussische Attribute wurden ihnen weggenommen“, berichteten die „Aktivisten“ in einem sozialen Netzwerk.

Und im April hatte ein politischer Werbespot für Kontroversen gesorgt, in dem die Ukrainer aufgefordert wurden, „Separatisten im Alltagsleben“ anzuzeigen. Im Süden und Osten des Landes, wo es viele ethnische Russen gibt, erschienen Plakate, auf denen erläutert wurde: „Separatisten im Alltagsleben schänden die nationalen Interessen und warten auf die Erscheinung des Russki Mir (dt. „Russische Welt“, ursprünglich ein Kulturkonzept)“. Solche Handlungen wurden als Straftat im Sinne des Artikels 110 des Strafgesetzbuchs („Angriff gegen die territoriale Integrität und Unantastbarkeit der Ukraine“) qualifiziert. Auf den Plakaten wurden die Telefonnummern der Hotline des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU) angegeben.

Es wurden auch Flugblätter verbreitet: „Ich habe heute Nikolai Pokrowski (Pressesprecher der Gebietsverwaltung von Odessa) gebeten, Vertretern der Verwaltungen für Bildungs- und für Gesundheitswesen Bescheid zu sagen, dass Volontäre Plakate in Schulen, Hochschulen und medizinischen Einrichtungen kleben werden. Man sollte sie nicht abreißen“, teilte eine Aktivistin mit. In diesen Flugblättern wurden neue Merkmale der „Separatisten“ angegeben: Aufrufe, „sich Russland zu ergeben“, „Verbreitung von Gerüchten über die Gefahr für die russische Sprache“ und sogar einfach „Untergangsstimmung“.

Das Ukrainische Krisen-Medienzentrum, das angeblich für diese Kampagne zuständig war, distanzierte sich von der Aktion. Und im Sommer desselben Jahres wurden zwei Schilder mit solcher „patriotischen“ Werbung in Odessa in die Luft gesprengt.

Ein früherer Soldat der ukrainischen Streitkräfte namens Alexander Medinski, der später nach Russland flüchtete, erzählte, dass die „Maidan“-Führer sofort nach der Machtübernahme begonnen hätten, paramilitärische Formationen zu bilden. „In der Ukraine gibt es eine solche munizipale Polizei, und in einigen Städten besteht sie fast ausschließlich aus „S14-Kämfern“ (rechtsradikale, paramilitärische Gruppierung), betonte er und ergänzte, dass diese oft Binden mit Hakenkreuz tragen würden. „Das Problem ist nur, dass solche Kampfgruppen oft verschiedenen ‚Fürsten‘ unterstellt sind. Die S14-Kämpfer werden vom Präsidialamt und vom SBU kontrolliert, und ‚Asow‘ vom Innenminister Arsen Awakow.“

Deshalb kommt es Medinski zufolge ziemlich oft zu Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppierungen.

„Im Grunde haben solche Gruppen von jungen Kämpfern die ‚Euromaidan‘-Führer an die Macht gebracht“, stellt der Politologe Konstantin Dolgow fest. „Aber auch später fand sich für diese Aktivisten Arbeit, die oft sehr schmutzig war und mit der sich die ukrainischen bewaffneten Strukturen und Beamten nicht befassen wollen. Solche Kämpfer verfolgen und schlagen ‚unerwünschte‘ Mitbürger zusammen, und das Innenministerium sagt darauf nur: ‚Daggen kann man nichts machen – es gibt nun einmal unerzogene und grobe Menschen‘.“

Der Experte vermutet, dass es in der Ukraine solche Kämpfer geben werde, solange die aktuellen Machthaber in Kiew sie bräuchten. „Irgendwann werden diese ‚Straßenaktivisten‘ aber selbst ihre ‚Nacht der langen Messer‘ erleben – wie einst die deutschen Nazi-Stürmer. Besonders wenn man bedenkt, dass die Kampfeigenschaften der ukrainischen Nationalisten nicht gerade gut sind: Wenn sie sich nicht mit friedlichen Demonstranten, sondern mit gut organisierten Kräften – selbst mit solchen Kräften wie die heutige ukrainische Polizei – auseinandersetzen müssen, dann ziehen sie es vor, einfach wegzulaufen“, resümiert Dolgow."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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