Djir-Sarai sieht Chancen für Regime-Wechsel im Iran
Der ehemalige Vorsitzende der inzwischen aufgelösten deutsch-iranischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag, Bijan Djir-Sarai (FDP), bewertet die Chancen auf einen Regime-Wechsel im Iran als sehr viel besser als in anderen Ländern, in denen die Zivilgesellschaften beim Arabischen Frühling nicht in der Lage gewesen seien, eine Demokratie aufzubauen.
"Das ist im Iran anders", sagte er dem TV-Sender "Welt" am Donnerstag.
"Die iranische Zivilgesellschaft ist sehr weit entwickelt. Wir haben im
Iran eine junge Generation, die extrem gut ausgebildet ist", sagte der
FDP-Politiker. "Das heißt, die Chancen im Iran eine echte Demokratie zu
erreichen, nachdem die Mullahs weg sind, diese Chance ist tatsächlich
gegeben."
Im Iran gebe es unterschiedliche Gruppen, wie etwa eine
starke Umweltbewegung und eine sehr starke Frauenbewegung. "Und
weiterhin gibt es auch eine starke Exil-Community mit unterschiedlichen
Akteuren, die auch Demokratie-Erfahrung mitbringen", sagte Djir-Sarai.
"Letztendlich sind die Iraner für den Fall, dass das jetzige
Mullah-Regime zusammenbricht, dann auch gefragt, gemeinsam die Zukunft
ihres Landes zu gestalten."
Ob das Regime in Teheran militärisch
den israelischen Angriffen überhaupt noch viel entgegensetzen kann, sei
fraglich; schließlich habe der Iran "viele Ressourcen in den letzten
Stunden und Tagen verloren". Außerdem seien die "die militärischen
Fähigkeiten des Irans längst nicht so gut, wie man das im Vorfeld ja
immer vermutet hätte", so Djir-Sarai. Aber die "Grundstrukturen des
Regimes funktionieren, also nach innen die Menschen zu unterdrücken, das
wird weiterhin funktionieren und der Iran wird ein Stück versuchen auf
Zeit zu spielen und auch die Karte von Verhandlungen über das
Atomprogramm wieder ins Spiel zu bringen."
An einen europäischen
Verhandlungserfolg bei den für Freitag geplanten E3-Gesprächen in Genf
glaubt der FDP-Politiker nicht. In der aktuellen Situation würden im
Wesentlichen die US-Administration und die israelische Führung
entscheiden, sagte er. "Die Europäer haben ja schon in den letzten
Jahren immer an dem Atomabkommen festgehalten." Das sei aus seiner Sicht
nach dem Ausstieg der USA ein strategischer Fehler gewesen. "Die
Israelis haben uns immer gesagt, das Atomabkommen ist ein Fehler. Selbst
die arabische Welt hat gesagt, das Atomabkommen sei ein Fehler, dadurch
wird nur der Iran bzw. die islamische Republik stärker werden", sagte
Djir-Sarai. "Und das haben wir ignoriert. Deswegen glaube ich auch
nicht, dass die Europäer, die Europäische Union, mit Verhandlungen
Erfolg haben werden."
Djir-Sarai, selbst gebürtiger Teheraner,
macht sich große Sorgen um Freunde und Verwandte im Iran, mit denen er
fast täglich in Kontakt sei. "Die können natürlich nicht viel erzählen,
weil sie auch Angst haben vor dem iranischen Geheimdienst. Aber die
Angst und die Hoffnung sind vorhanden", sagte der FDP-Politiker.
Die
Bedrohung durch den iranischen Geheimdienst sei allgegenwärtig und
steige mit der aktuellen Bedrohung des Regimes sogar noch, warnte er.
"Im Iran gibt es mehrere Geheimdienste - und die sind in der
Vergangenheit auch immer gut aufgestellt gewesen, leider. Und vor allem
in so einer Situation wie jetzt, wo dieses Regime ja auch von außen
massiv unter Druck steht, umso mehr will man natürlich nach innen
agieren und mögliche Kritiker und Oppositionen mundtot machen. Da sieht
man auch gerade, dass es sehr viele nächtliche Kontrollen gibt, also
beinahe ist es für viele schon fast unmöglich beispielsweise die Stadt,
also Teheran, zu verlassen", sagte Djir-Sarai. "Diese Dinge werden
kontrolliert; Telefonate, Nachrichten werden zum Teil mitgehört. Die
Strukturen, die Grundstrukturen des Regimes existieren nach wie vor."
Quelle: dts Nachrichtenagentur