Finanzkrise kostet allein USA 12,8 Bio. Dollar
Archivmeldung vom 15.09.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie von den Banken maßgeblich mitverursachte Finanzkrise kostet die USA mindestens 12,8 Bio. Dollar. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Non-Profit-Organisation Better Markets, die sich für eine Regulierung des US-Bankensektors einsetzt. Diese Summe sei sogar noch "sehr konservativ", so die Studienautoren. Die Untersuchung wurde anlässlich des vierten Jahrestags der Lehman-Brothers-Pleite vorgestellt und soll das oft von Banken vorgebrachte Argument, eine Regulierung der Finanzmärkte verursache zu hohe Kosten, entkräften.
"Persönlich halte ich solche Rechnungen kaum für machbar. Der Versuch kann aber durchaus werthaltig sein, um ein Gefühl für die Größenordnungen zu vermitteln. Bei konkreten Zahlen ist Vorsicht geboten, weil ja nicht einmal klar ist, wie viel des Vor-Krisen-Bruttoinlandsprodukts einer Blase geschuldet war. Gerade die USA liefern immer erstaunliche Wachstumsraten, die nur dank des globalen Reservewährungs-Status des Dollars machbar sind. Aus deutscher Sicht macht diese Schätzung klar, dass die Aussage, wir würden von der Krise profitieren, reine Fiktion ist", sagt Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim gegenüber pressetext.
Nicht alle Kosten enthalten
In der von Better Markets errechneten Schadenssumme enthalten sind bisher erlittene Einbußen beim Bruttoinlandsprodukt sowie auf Modellrechnungen basierende zukünftige negative Auswirkungen auf die US-Wirtschaftsleistung bis 2018. Diese beiden Faktoren führen zu Verlusten im Wert von 7,6 Bio. Dollar. Die restlichen 5,2 Bio. Dollar ergeben sich aus Simulationen für die durch Gegenmaßnahmen der Fed - Zinssenkungen, Staatsanleihenkäufe und Notkredite - verhinderten Verluste für die US-Wirtschaft. Die Rechnung basiert also teilweise auf Annahmen, die Größenordnung dürfte aber wohl in die richtige Richtung weisen.
Die elf Bio. Dollar, um die sich das Vermögen der US-Privathaushalte verringert hat und ein bis zu acht Bio. Dollar großes Loch im US-Staatshaushalt zwischen 2008 und 2018 sind in der Rechnung nicht enthalten, obwohl sie direkte Folgen der Krise sind. Auch die direkten Gegenmaßnahmen der Regierung sowie die Kosten die durch "menschliches Leid" verursacht werden, sind laut den Studienautoren noch nicht miteinberechnet.
Banken wollen so weitermachen
Die Banken in den USA warnen ständig vor einer Regulierung der Finanzmärkte. Eine oft zitierte Schätzung geht beispielsweise davon aus, dass die von Präsident Obama angedachte Einführung der Volcker-Regel, die Banken Spekulationen auf eigene Rechnung verbietet, die Banken 315 Mrd. Dollar kosten würde. Im Vergleich zur Better-Markets-Studie nimmt sich diese Summe jedoch als winzig aus. Genau wie die rund 500 Mrd. Dollar, die US-Banken selbst durch die Krise an Marktkapitalisation eingebüßt haben, wie sie gerne betonen. Jamie Dimon, CEO von JPMorgan Chase, hat jüngst wieder vor "unüberlegten Eingriffen in den besten und transparentesten Kapitalmarkt der Welt" gewarnt.
"Die Frage ist nicht, ob Banken reguliert werden sollen, sondern wie. Perfekte Regeln gibt es nicht. Zu hohe Eigenkapitalvorschriften verhindern beispielsweise, dass Banken ihre Funktion ordentlich erfüllen können. Trotzdem sollten wir größte Anstrengungen unternehmen, damit so etwas nicht mehr passiert", so Burghof. Gerade in den USA, wo die Finanzlobby großen politischen Einfluss hat, sei das wichtig. "In den USA gibt es ein oligarchisches System. Die Abhängigkeit vom Finanzsektor ist riesig. Ein Teil der Krise ist die gewollte Privatisierung von Steuervermögen. Eine solche Schadensschätzung kann politisch nützlich sein, um der Bevölkerung klarzumachen, wie die Interessen der Mächtigen gelagert sind", so Burghof.
Die ganze Schuld für die Krise auf Banken und Regulatoren abzuschieben, wäre laut dem Fachmann aber ebenfalls zu einfach. "Die Politik hat sich mit dem Finanzsektor verschworen, um das Konsumniveau auf Pump hochzuhalten. Eine zufriedene Bevölkerung hat das Angebot dankend angenommen, was die Machtverhältnisse zementiert", so Burghof. Diese Probleme gibt es aber nicht nur in den USA. "Auch in Europa steigt der Einfluss der Finanzlobby. Einige Politiker missbrauchen das Ideal 'Europa' um auch hier oligarchische Herrschaftsstrukturen zu zementieren", so Burghof.
Quelle: www.pressetext.com/Markus Keßler