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EZB will wieder Staatsanleihen kaufen

Archivmeldung vom 02.08.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.08.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: SarahC. / pixelio.de
Bild: SarahC. / pixelio.de

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, will die Schuldenkrise mithilfe einer Doppelstrategie eindämmen. Der Plan, den Draghi an diesem Donnerstag vorstellen will, sieht nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" eine konzertierte Aktion der EZB und des künftigen Euro-Rettungsschirms ESM vor. Beide Institutionen sollen dem Vernehmen nach den Kauf von Staatsanleihen etwa aus Spanien oder Italien koordinieren, um so die Zinslast dieser Länder zu senken.

Dabei würde der ESM den Regierungen in kleinerem Umfang direkt Anleihen abkaufen, während die Notenbank zugleich Papiere erwirbt, die bereits auf dem Markt gehandelt werden. Die EZB hat bereits 211MilliardenEuro in Anleihen schwächelnder Euro-Länder investiert.

Das Kaufprogramm ist umstritten, seit diesem Frühjahr ruht es. Vor allem die Bundesbank hält wenig davon, weil es die profitierende Regierung nicht dazu verpflichtet, im Gegenzug für die Hilfen wirtschaftliche Reformen einzuleiten und den Haushalt zu sanieren. Wäre künftig auch der ESM beteiligt, müsste das entsprechende Land zunächst einen offiziellen Hilfsantrag stellen, der an die Erfüllung von Auflagen geknüpft wäre und dem auch der Bundestag zustimmen müsste.

Im EZB-Rat, der sich an diesem Donnerstag in Frankfurt zu einer regulären Sitzung trifft, zeichnet sich eine Mehrheit dafür ab, die Käufe wieder aufzunehmen und sie mit den Regierungen zu koordinieren. Einen offiziellen Beschluss dazu wird der Rat wohl noch nicht fassen. Wahrscheinlicher ist, dass Draghi seine Aussage aus der vergangenen Woche, wonach die EZB alles tun wird, um den Euro zu retten, konkretisiert. Eine endgültige Entscheidung würde dann nach dem 12. September fallen. An diesem Tag will das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über die Errichtung des ESM verkünden.

Der Fonds soll den provisorischen Schutzschirm EFSF ersetzen. Draghis Plänen zufolge könnte sich der ESM direkt an den Anleiheauktionen der betroffenen Länder beteiligen. Das würde den Zinssatz mindern, der in der Versteigerung ermittelt wird. Aufgabe der EZB wäre es, im Vorfeld der Auktionen über den Ankauf schon gehandelter Anleihen den Zinssatz auf ein erträgliches Niveau zu drücken und ihn dort auch langfristig zu fixieren. Die Hoffnung ist, mithilfe dieser Konstruktion das Vertrauen der privaten Investoren in den Anleihemarkt zu stärken. Der ESM müsste vermutlich nur relativ wenig Geld in die Hand nehmen oder könnte sogar in letzter Minute ganz auf ein Gebot verzichten, wenn der Zinssatz auch ohne sein Zutun ein erträgliches Niveau erreicht. Der schonende Umgang mit den ESM-Mitteln wäre ein Vorteil, weil der Fonds sein Volumen von 700 Milliarden Euro erst schrittweise erreichen wird und der bisherige Topf EFSF nur noch 148Milliarden Euro umfasst. Das hieße aber zugleich, dass die EZB die Hauptlast übernehmen müsste und letztlich dauerhaft in die ihr eigentlich verbotene Staatsfinanzierung einstiege. Es ist deshalb äußerst fraglich, ob die Bundesregierung Draghis Doppelstrategie zustimmt. Auch die Bundesbank dürfte die Idee ablehnen.

CSU-Generalsekretär warnt vor EZB-Aufkäufen von Staatsanleihen

Vor der Sitzung des EZB-Rates am Donnerstag hat CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt die Währungshüter gewarnt, erneut Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zu kaufen. Dobrindt sagte der "Bild-Zeitung": "Wenn die EZB Staatsanleihen kauft, wäre das Staatsfinanzierung durch die Hintertüre. Damit verlässt die EZB den Pfad der Geldwertstabilität." Nach Informationen des Blattes will EZB-Präsident Mario Draghi bei der Sitzung den Weg freimachen, das umstrittene Aufkauf-Programm wieder aufleben zu lassen. Unter anderen Bundesbank-Chef Jens Weidmann lehnt das zwar ab, befindet sich aber im EZB-Rat aber in der Minderheit.

Ärger in der Unionsfraktion über die Ungleichgewichte in der EZB-Bilanz

In der Unionsfraktion des Bundestags wächst der Unmut über die gewaltigen Ungleichgewichte in der Bilanz der Europäischen Zentralbank (EZB), die zu einer erheblichen Belastung Deutschlands führen können. Allein die Bundesbank hat über das EZB-interne Verrechnungssystem Target 2 mittlerweile Forderungen von fast 730 Milliarden Euro gegenüber den übrigen Notenbanken der Euro-Zone aufgehäuft. Bei einem Zerbrechen der Währungsunion wäre wohl der größte Teil davon verloren.

"Die Target-2-Entwicklung bietet Anlass zu großer Sorge, weil damit eine wachsende Haftung für Deutschland außerhalb jeglicher parlamentarischer Zustimmung entsteht", sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef Johannes Singhammer (CSU) der "Süddeutschen Zeitung". Er verwies zudem darauf, dass von den großen Euro-Ländern inzwischen nur noch Deutschland auf der Seite der Target-Gläubiger stehe, während Staaten wie Frankreich, Italien und Spanien zu den Schuldnern zählten. Damit sei die Bundesrepublik "in eine gefährliche singuläre Position" geraten.

Die Target-Salden der Notenbanken haben sich seit Ausbruch der Weltfinanzkrise im Jahr 2007 stark auseinander entwickelt. Grund ist, dass ein Land wie Deutschland in großem Stil Waren in die Euro-Zone exportiert, Bürger aus den Krisenländern zugleich ihr Geld in der Bundesrepublik anlegen und sich zudem die Geschäftsbanken untereinander kaum noch Geld leihen. Derzeit weisen nach Informationen der SZ neben Deutschland nur noch die Niederlande (155 Milliarden Euro), Luxemburg (115 Milliarden Euro), Finnland (73 Milliarden Euro) und Estland (0,7 Milliarden Euro) positive Target-Salden auf. Die übrigen zwölf Euro-Mitgliedsländer haben Verbindlichkeiten, angeführt werden sie von Spanien (408 Milliarden Euro) und Italien (274 Milliarden Euro). Für sich genommen stellen die Salden kein Risiko dar, da es sich - anders als vom Präsidenten des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, behauptet - nicht um Kredite handelt. Vielmehr dient das Target-System dazu, bereits zur Verfügung stehende Liquidität innerhalb der Währungsunion zu verteilen. Darauf weist auch der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter, in einem Schreiben an den CSU-Abgeordneten Paul Lehrieder hin, das der SZ vorliegt. Was nicht in der Antwort steht: Sollte die Euro-Zone auseinanderbrechen, wäre es tatsächlich äußerst fraglich, ob die nationalen Notenbanken willens und in der Lage wären, ihre Defizite zu begleichen. Auch beim Austritt eines einzelnen Landes könnte viel Geld verloren gehen, im Falle Griechenlands etwa wären es bis zu 100 Milliarden Euro. Allein die Bundesbankbilanz würde dadurch mit 27 Milliarden Euro belastet. Ein Limit für die Target-Salden der beteiligten Notenbanken gibt es nicht. "Im bestehenden Rechtsrahmen würden Obergrenzen zu einer Beschränkung des Zahlungsverkehrs führen", heißt es in einem Brief des Finanzstaatssekretärs Hartmut Koschyk an Unionsfraktionsvize Singhammer, der der SZ ebenfalls vorliegt. Darin heißt es weiter: "Im Eurosystem lassen sich Risiken sinnvoller dadurch verringern, dass die übermäßige Inanspruchnahme der Notenbank-Refinanzierung durch einzelne Kreditinstitute zurückgeführt wird." Damit sich die Banken ihr Geld wieder untereinander borgten, statt es sich bei der nationalen Notenbank zu leihen, müsse es gelingen, das Vertrauen der Finanzmärkte zurückzugewinnen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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