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Tschernobyl auch nach 25 Jahren noch gefährlich

Archivmeldung vom 21.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Eine Statue vor dem Kraftwerksgelände (links) und der Sarkophag des zerstörten Blocks 4 (rechts) Bild: de.wikipedia.org
Eine Statue vor dem Kraftwerksgelände (links) und der Sarkophag des zerstörten Blocks 4 (rechts) Bild: de.wikipedia.org

Der neue Sarkophag um den zerstörten Atomreaktor in Tschernobyl kann die Außenwelt nur für einige Jahrzehnte vor den Folgen eines Zusammenbruchs der ersten Schutzhülle und damit vor der Ausbreitung hochradioaktiven Staubs schützen. Das belegt eine aktuelle Studie der Physikerin Oda Becker im Auftrag der unabhängigen Umweltschutzorganisation Greenpeace.

25 Jahre nach der Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl sind Schätzungen zufolge bis zu 95 Prozent des Kernbrennstoffs im Reaktorgebäude verblieben. Greenpeace fordert die internationale Staatengemeinschaft auf, die Bergung des Brennstoffs endlich anzugehen und einen Plan dafür vorzulegen. Gestern hatte die Staatengemeinschaft in Kiew angekündigt, zusätzliche 550 Millionen Euro für die Beseitigung der Tschernobyl-Folgen bereitzustellen.

"Die Aufstockung der Mittel muss an Bedingungen geknüpft werden: Die Vorlage eines Konzepts zur Bergung und Verwahrung des hochradioaktiven Brennstoffs aus dem Reaktor, sowie der Verzicht auf den weiteren Ausbau der Atomkraft in der Ukraine müssen Grundbedingungen für weitere Zahlungen sein," sagt Tobias Münchmeyer, Atomexperte bei Greenpeace, vor Ort in Kiew.

Die ukrainische Regierung plant, eine neue Schutzhülle aus Stahl zu bauen. Sie soll den maroden Sarkophag überwölben. Mit einer Fläche von über 42.000 Quadratmetern wäre das Bauwerk dreimal so groß wie der Petersdom in Rom. Zur Finanzierung hat die internationale Staatengemeinschaft bis jetzt 864 Millionen Euro bereit gestellt. Deutschland ist mit 60 Millionen Euro daran beteiligt. Die Einschätzung der Gesamtkosten liegt mittlerweile bei 1,6 Milliarden Euro.

"Mit dem neuen Sarkophag hangelt man sich von einem Provisorium zum nächsten", so Münchmeyer. "Die Staaten geben viel Geld ihrer Steuerzahler zur Bewältigung der Tschernobyl-Katastrophe aus und gleichzeitig setzen sie neue Anreize für den Ausbau der Atomkraft in der Ukraine. Das ist absurd." Anstatt die Ukraine beim Umbau des veralteten atomlastigen Energiesystems zu unterstützen, finanzieren die internationalen Banken (European Bank for Reconstruction and Development und die European Investment Bank) für knapp eine Milliarde Euro neue Hochspannungsleitungen. Über diese soll zukünftig ukrainischer Atomstrom aus bis zu vier Reaktoren sowjetischer Bauweise in die EU exportiert werden.

"Mit Fukushima steht die Welt vor einem zweiten Tschernobyl. Wieviele Tschernobyls will sich die Welt noch leisten bevor sie aus der Atomkraft aussteigt?", fragt Münchmeyer. 2006 hat Greenpeace eine Studie vorgelegt, derzufolge die Tschernobyl-Katastrophe mindestens 93.000 Todesopfer allein durch Krebserkrankungen gefordert hat.

Ukraine bringt beispiellose 550 Mio. EUR für Tschernobyl-Projekte auf

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch drückte seine Dankbarkeit gegenüber den ausländischen Staatsoberhäuptern und den Regierungsbeamten aus, welche kamen, um an der heute stattfindenden internationalen Geberkonferenz teilzunehmen, auf der sie sich zur Spende von mehr als einer halbe Milliarde Euro zur Umsetzung von Tschernobyl-Projekten verpflichtet haben.

Das ukrainische Staatsoberhaupt Viktor Janukowitsch hob hervor, dass basierend auf der Erfahrung der Ukraine mit dem Kampf gegen die Tschernobyl-Konsequenzen "kein einzelnes Land der Welt in der Lage ist, diese Herausforderung allein zu bewältigen - dafür sind die vereinten Kräfte der internationalen Gemeinschaft notwendig." Laut Janukowitsch war diese Konferenz, verglichen mit ähnlichen Veranstaltungen für Tschernobyl-Projekte, ein wahrer Durchbruch bei der Finanzmittelbeschaffung.

Frankreichs Premierminister François Fillon hob die Bedeutung der diesjährigen Tschernobyl-Konferenz hervor, besonders im Angesicht der jüngsten Ereignisse in Japan. Er merkte an, dass die teilnehmenden Länder "einmal mehr ihre Bereitschaft beweisen, finanzielle Hilfe bereitzustellen, um den Bau eines neuen Shelters und einer temporären Lagereinrichtung für verbrauchte Kernbrennstoffe zu finanzieren."

Der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, hofft, dass die gesammelten Finanzmittel es ermöglichen, die weltweiten Ziele zu erreichen, welche auf der Konferenz diskutiert wurden. "Als Europäische Union sind wir stolz auf den Beitrag zu diesem Prozess", erklärte der Präsident der Europäischen Kommission.

Laut José Manuel Barroso stellt die EU, unter Berücksichtigung der Beiträge der EU und ihrer Mitgliedsstaaten sowie unter Berücksichtigung der Beiträge von der Europäischen Union, die Hälfte der finanziellen Mittel für den "Shelter" und für die Finanzmittel des Nuklearen Sicherheitsfonds Tschernobyl bereit. "Dies ist ein deutlicher Ausdruck unserer Solidarität mit unseren ukrainischen Freunden", erklärte der Präsident der Europäischen Kommission.

Vorgestern haben die Europäische Kommission und die Ukraine das Abkommen über die Finanzierung des Massnahmenprogramms für Nukleare Sicherheit 2010 - Teil II unterschrieben. Die Europäische Kommission wird gemäss dieser Vereinbarung 110 Mio. Euro für die Ukraine bereitstellen.

Die EU ist der grösste internationale Spender für Tschernobyl-Projekte. Bisher wurden mehr als 470 Mio. Euro investiert. Die USA hat mehr als 34,5 Mio. Dollar gespendet.

Es ist das Ziel der internationalen Geberkonferenz, Finanzmittel für Tschernobyl-Wiederherstellungsprojekte aufzubringen. Das Geld soll für den Abschluss des Baus eines langfristigen Sarkophags verwendet werden, welcher den vierten Reaktor in Tschernobyl abdecken soll, der am 26. April 1986 explodierte. Weiterhin soll damit eine temporäre Lagereinrichtung gebaut werden, in der radioaktiver Abfall und verbrauchte Kernbrennstoffe von den anderen drei ausser Dienst genommenen Reaktoren der Anlage gelagert werden sollen. 

Quelle: Greenpeace / Worldwide News Ukraine (ots)

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