Christen in Syrien nach tödlichem Anschlag unter Schock
Der tödliche Selbstmordanschlag auf eine Abendmesse mit mindestens 22 Toten und über 50 Verletzten am vergangenen Sonntag hat die christliche Gemeinschaft in Syrien tief erschüttert. Darauf weist das überkonfessionelle christliche Hilfswerk Open Doors hin, das sich in über 70 Ländern für verfolgte Christen einsetzt.
Es war der erste große Terroranschlag gegen Christen seit dem Sturz des Assad-Regimes Anfang Dezember 2024. Jedoch hatten Erinnerungen an die Gräueltaten des "Islamischen Staates" und anderer islamischer Extremisten in der jüngeren Vergangenheit viele Christen in großer Anspannung gehalten.
Am vergangenen Sonntag, dem 22. Juni, hatten sich Hunderte Gläubige zur Abendmesse in der St.-Elias-Kirche im Stadtviertel Dweila der Hauptstadt Damaskus versammelt, als mindestens ein Bewaffneter die Kirche betrat. Er eröffnete das Feuer auf die Besucher und zündete anschließend eine Sprengstoffweste, so dass er die Umstehenden mit sich in den Tod riss. Die Zahl von derzeit 22 Getöteten könnte noch steigen, da unter den 50 Verwundeten einige schwer verletzt sind. Am Dienstag findet die Beerdigung der Opfer statt.
"Versteck mich, Pater, ich will nicht sterben!"
Das Stadtviertel Dweila zählt zu den ärmeren von Damaskus. Unmittelbar neben der griechisch-orthodoxen St.-Elias-Kirche steht die katholische St.-Joseph-Kirche. Dort fand während des Angriffs ebenfalls eine Messe statt. Pater Baselios, Priester dieser Kirche, berichtet: "Ich predigte gerade, als die Schüsse fielen. Dann kamen die Schreie. Alle warfen sich instinktiv auf den Boden. Die Angst ... es war unbeschreiblich. Wir standen alle unter Schock und waren wie gelähmt von dem Schrecken."
Als Moment größter Ohnmacht schildert Pater Baselios die Begegnung mit einem flüchtenden Kind: "Ein Kind, eines von denen, die ihre Familie verloren haben, rannte zu mir und sagte: 'Versteck mich, Pater, ich will nicht sterben'. Alle Menschen in der Gegend sind müde, viele Kinder stehen unter Schock, einige von ihnen können nach diesem Vorfall nicht mehr sprechen. Sie haben ihre Stimmen verloren, sogar der Priester der Kirche sagte: 'Obwohl ich ein Priester mit großer Hoffnung bin, bin ich unglaublich müde und kämpfe für die Gemeinde.'"
Warten auf den nächsten Angriff
In den vergangenen Monaten waren bei Gewaltausbrüchen bereits zahlreiche Angehörige anderer Minderheiten wie Alawiten und Drusen getötet worden. Mourad*, Koordinator einer Partnerorganisation von Open Doors in Syrien, schildert die Situation der Christen: "Sie erhalten täglich Drohungen von Fundamentalisten, dass sie die nächsten sein werden. Die bewaffneten Gangster, die über das ganze Land verstreut sind, dürsten nach noch mehr Mord." Die Behörden des neuen Regimes gäben zwar vor, die Rechte aller Menschen in Syrien zu schützen. Aber: "Der Druck der Islamisierung ist in Syrien an jeder Ecke zu spüren. Dieser Vorfall wird Christen und Kirchenleiter dazu bringen, auf Zehenspitzen zu leben und auf den nächsten Angriff zu warten. Wir beten, dass die internationale Gemeinschaft sich für die in Syrien verbliebenen Christen einsetzen wird." Seine Organisation hat bereits in der Vergangenheit mit der St.-Elias-Kirche zusammengearbeitet und bietet jetzt Hilfe bei der Traumabewältigung an "für den Fall, dass die Kirche selbst nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt, um den Betroffenen eine umfassende Betreuung zukommen zu lassen."
Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland, betont: "Das Wichtigste ist, dass wir die Christen in ihrem Schmerz und ihrer Verzweiflung nicht allein lassen. Sie brauchen unseren Trost und unsere Gebete, damit sie die Hoffnung nicht verlieren."
Nahostexperte Matthew Barnes von Open Doors steht für Interviews zur aktuellen Situation in Syrien zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich hierzu an unser Pressebüro.
Quelle: Open Doors Deutschland e.V. (ots)