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Dario Rivolta: Für Europa wird es Zeit, die amerikanischen Fehler zu korrigieren, um Russland nicht zu verlieren

Archivmeldung vom 13.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
US-Außenminister Kerry mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk (links) und Parlamentspräsident / Übergangspräsident Turtschynow (rechts) in Kiew
US-Außenminister Kerry mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk (links) und Parlamentspräsident / Übergangspräsident Turtschynow (rechts) in Kiew

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Dario Rivolta, ehemaliger Abgeordneter des italienischen Parlaments und stellvertretender Vorsitzender der Kommission für auswärtige Angelegenheiten, meint, für Europa sei es an der Zeit, die amerikanischen Fehler zu korrigieren, um Russland nicht zu verlieren. Im nachfolgenden Interview mit Radio "Stimme Russlands" sagte er dazu Näheres.

Dario Rivolta berichtet: "Ich habe stets vermutet und fahre fort, es zu tun, dass die USA ein großer demokratischer liberaler Staat sind und dass die amerikanischen Werte für uns Europäer ein Beispiel sein können. Ich bin auch überzeugt, dass sich die USA, wie jeder andere Staat, in ihrer Außenpolitik nicht von einem irren Altruismus, sondern von dem durchaus natürlichen Wunsch leiten lassen, den Wohlstand ihrer Bürger möglichst zu erhöhen.

Ich war drei Legislaturperioden lang Abgeordneter des Italienischen Parlaments und befasste mich, nicht allein in dieser Zeit, mit Fragen der Außenpolitik. Wie die meisten von uns nahm ich mit Schmerz und Befremden den heimtückischen Terroranschlag vom 11. September wahr und rechtfertigte den Krieg, den Washington gegen die afghanische Taliban begann. Allerdings sehe ich mich genötigt zuzugeben, dass unsere Bündnispartner und Freunde eine ganze Reihe Fehler begangen haben, zumindest seit jenem Augenblick und später.

Ein riesiger strategischer Fehler war der Krieg im Irak, der die Westgrenze des Irans, der nach einer Expansion in Richtung des Mittelmeerraums strebte, vom Druck seitens seines alten Feindes absicherte. Natürlich empfand ich keinerlei Sympathie für Saddam Hussein, aber noch vor Ausbruch des Kriegs habe ich auf den Seiten einer internationalen Version einer US-amerikanischen Zeitung geschrieben, dass Husseins Sturz zu einem gefährlichen Machtvakuum führen werde oder dass er eine lange Präsenz eines großen US-Truppenkontingents erfordern würde.

Aber im Irak waren diese Fehler nicht zu Ende. Wie die Ereignisse zeigten, machte man dieselben Fehler in Syrien, Ägypten, Libyen (unter Mithilfe von Sarkozy mit dessen Größenwahn). Und nun macht man sie in der Ukraine, was zu einer äußerst gefährlichen Situation führt.

Mir ist sehr gut bekannt, dass es wegen des engstirnigen Horizonts, der Nostalgie und teilweise auch des Fanatismus unter den Politikern und auch den einfachen Amerikanern noch viele gibt, die vermuten, dass eine Politik der „Zügelung“ Russlands im Interesse der USA liege. Ich weiß ebenso, dass die Polen und die Bürger der Länder des Baltikums unter einem Atavismus der Furcht vor einer russischen Expansion leiden. Von der sich von Zeit zu Zeit offenbarenden „humanitären“ Heuchelei der Schweden schon ganz zu schweigen. Dennoch vermute ich, dass es ein tragischer Fehler ist, Russland im Grunde genommen die nicht existierende Absicht zuzuschreiben, die Sowjetunion wiederherstellen zu wollen. Natürlich besitzen die Russen ebenfalls eigene nationale Interessen, und da ist es durchaus natürlich, dass Moskau nach dem vom Westen Gorbatschow gegebenen und gebrochenen Versprechen, die Nato nicht nach Osten zu erweitern, ernsthaft an den wahren Absichten des Westens zweifelt und an seinen Grenzen keine ihm feindlich gesinnten Staaten oder Staaten haben will, die ihm militärisch gegenüberstehen.

Die ganze westliche Welt kann und darf nicht an einer Isolierung Russlands interessiert sein. Im Gegenteil, in der Perspektive dieses Jahrhunderts muss diese Schatzkammer an Naturressourcen, die Europa kulturell nahe steht, als einer unserer wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Bündnispartner betrachtet werden. Russland besitzt enorme Entwicklungsperspektiven, und um diese Entwicklung zu gewährleisten, hat der Kreml stets nach Westen geschaut. Außerdem befindet sich das Land, das in Zukunft unsere Positionen bedrohen könnte, weit im Osten, und gerade darauf sollten die USA angesichts des Ausmaßes ihrer Staatsschulden ihre Aufmerksamkeit richten.

Die USA begehen einen Fehler. Aber was ich nicht verstehen kann und was in mir immer größeres Befremden weckt, ist das Verhältnis der Europäer, die wie Masochisten handeln und den eigenen Interessen der nächsten und mittelfristigen Zukunft schaden.

Man behauptet, ein wahrer Freund sei jener, der dir die Wahrheit sagt, egal wie bitter sie ist, und der alles tut, um zu helfen, den Fehler zu korrigieren. Es gab einen Augenblick, als Deutschland, Italien und Frankreich versuchten, das zu tun, heute aber haben sie sich in eine Reihe mit den anderen gestellt.

Man soll mir nicht sagen, dass das ukrainische Volk auf dem Maidan für Demokratie gestimmt habe. Nun ist bereits allen klar, wie die durchaus gerechte Unzufriedenheit der Leute durch die finanzielle und „organisatorische“ Hilfe mancher westlicher Staaten angeheizt wurde. Man sollte nicht Russland beschuldigen, dass es den Aufständischen im Südosten der Ukraine mit Waffen und Leuten hilft. Tun die USA und einige ihrer Bündnispartner in Kiew nicht genau dasselbe?

Das Schlimmste ist, dass die Regierungen jener europäischen Länder, die Druck ausübten, um das Abkommen zwischen der Ukraine und der EU zu unterzeichnen, gar nicht darüber nachdenken, welchen politischen und vor allem wirtschaftlichen Preis die europäischen Steuerzahler dafür werden zahlen müssen. Wir haben die Griechen und die Portugiesen an der Gurgel gepackt und nötigen sie, sich mit den Schwierigkeiten und dem viel zu hohen Ausmaß der Arbeitslosigkeit abzufinden, aber zugleich sind wir bereit, zig Milliarden Euro auszugeben, um ein Land mit einer 50-Millionen-Bevölkerung zu finanzieren, dessen Wirtschaft zu mehr als 50 Prozent von der russischen abhängt.

Mir ist bewusst, wie wichtig es ist, eine innere Spaltung in der EU zu vermeiden, und ich bin überzeugt, dass die Mitgliedschaft in der westlichen Gemeinschaft unsere strategische Wahl bleiben muss.

Aber alles hat seine Grenzen! Wenn die USA einen Fehler nach dem anderen begehen und ihre Lage als führende Weltmacht riskieren, wenn es uns nicht gelingt, sie umzustimmen, so sollten wir zumindest nicht zusammen mit ihnen in den Abgrund gleiten. Weder uns noch ihnen würde es dadurch besser gehen.

Als Bürger, als Politiker und ehemaliger Abgeordneter des Italienischen Parlaments verlange ich, dass unsere Regierung nach Möglichkeit zusammen mit jenen in Europa, die sich noch einen gesunden Menschenverstand bewahrt haben, erklärt, sie lehne eine Politik ab, die zur Zerstörung unserer guten Beziehungen zum russischen Nachbarn führt.

Unsere Außenministerin Mogherini tut zweifellos Vieles, und wir können ihr für ihre Vernunft und ihre Bemühungen, zu vermitteln, nur dankbar sein. Aber leider kennt die Öffentlichkeit auf Verschulden einer Meute italienischer und europäischer Journalisten, die engstirnig denken und Wohlwollen heucheln, nicht die Wahrheit über das Geschehen. Und obwohl es für die Ministerin unter diesen Bedingungen immer schwieriger wird zu handeln, hoffe ich aufrichtig, dass das Außenministerium und die Regierung, sollten keinerlei Alternativen auftauchen, insgesamt den Mut aufbringen werden, sich von dieser für uns alle und unsere Wirtschaft zerstörerischen Politik zu distanzieren."

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