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Millionenklage, Sonderprüfer, Betrugsvorwürfe: Über 600 Thailänder durch herbeigeführte Pleite des Schmuckherstellers PWK arbeitslos

Archivmeldung vom 06.08.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.08.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: "obs/Roderich Schätze/privat"
Bild: "obs/Roderich Schätze/privat"

Wie das Handelsblatt in seiner Ausgabe vom 5.8.2019 berichtete, steckt der Schmuckhandelskonzern elumeo SE, Berlin, in einer schweren Krise. Der Zeitungsbericht zeichnet ein düsteres Bild des von dem ehemaligen Werber Wolfgang Boyé geführten Unternehmens.

So ziehen sich nun über der nächsten ordentlichen Hauptversammlung am 7.8.2019 in Berlin dunkle Wolken zusammen: Antrag auf Einsetzung eines Sonderprüfers, Millionenklagen auf Schadensersatz, Betrugsvorwürfe, ein Großaktionär, der die Beschlüsse anfechtet, desaströse Unternehmenszahlen und nun auch noch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen - für den Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Wolfgang Boyé, und sein Mitmanagement, dürfte die nächste Hauptversammlung ungemütlich werden.

Schon seit Längerem rumort es hinter den Kulissen des schwer angeschlagenen Unternehmens: Board Members klagen gegen Beschlüsse des Aufsichtsrates. Die Ottoman Strategy Holdings (Suisse) SA ist Gründerinvestor und mit 26,23% an der elumeo SE beteiligt. Sie wurde von Boyé am 12. Dezember 2018 daran gehindert, die Stimmrechte auszuüben und führt dagegen vor dem Landgericht Berlin ein Anfechtungsverfahren. Die elumeo SE wird zudem wegen Forderungen des schmuckproduzierenden Unternehmens PWK Jewelry Company (Thailand) und seiner Direktoren auf 10.2 Million EUR verklagt. Die Klage ist eine Teilklage von insgesamt 35 Mio. Euro, die das Unternehmen und seine Tochtergesellschaften dem thailändischen Schmuckhersteller PWK schulden.

Der von Wolfgang Boyé geleiteten Unternehmensgruppe geht es denkbar schlecht: Die erfolgreich an der Börse platzierte elumeo SE musste 2018 einen Rückgang der Umsatzerlöse um 24% hinnehmen, das Eigenkapital schrumpfte um 80.9% und die Gesamtverluste beliefen sich auf 26 Million EUR. Dies ergibt sich aus dem von elumeo veröffentlichten, ungeprüften Konzernabschluss 2018.

Elumeos' Anker-Aktionär, Ottoman Strategy Holdings (Suisse) SA, kritisierte bereits im Sommer 2018 die Entwicklung des Unternehmens und stellte die Unternehmensentscheidungen von Boyé in Frage. Daraufhin wurde der Anker-Aktionär durch den Vorsitzenden Wolfgang Boyé an der Ausübung seines Stimmrechts während der außerordentlichen Hauptversammlung am 12. Dezember 2018 gehindert. Zusammen mit einem weiteren Großaktionär, der FPM Frankfurt Performance Management AG, wurden Don Kogen und Deborah Cavill als Mitglieder des Board of Directors abgesetzt. Auch Don Kogen und Deborah Cavill haben die Handlungen von Boyé als Verwaltungsratsvorsitzender aktiv in Frage gestellt und sogar gegen Verwaltungsratsbeschlüsse geklagt, die laut der bei den Berliner Gerichten eingereichten Klage rechtswidrig getroffen wurden.

FPM hat sich mit ihrer Beteiligung ein massives Reputationsproblem eingekauft: Die Berliner um Wolfgang Boyé sollen laut anhängigen Klagen den thailändischen Schmuckhersteller PWK Jewelery Company Ltd. buchstäblich ausgeplündert haben in dem sie Waren in Millionenhöhe bestellten und sich liefern ließen, für die sie aber nie bezahlten. Laut eingereichter Klage taten sie das mit der Absicht, das Unternehmen in den Konkurs zu fahren, um es auf diese Weise loszuwerden. Insgesamt schuldet die elumeo SE dem Schmuckhersteller PWK Juwelery Company Ltd. rund 35 Millionen Euro.

Offenbar interessiert sich nun auch die Staatsanwaltschaft für das Geschäftsgebahren des eleumeo-Managements: Nach Angaben zweier ehemaliger Mitglieder des Board of Directors von elumeo SE wurden die beiden im Zuge von Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Berlin als Zeugen zu den Vorgängen bei elumeo SE und den Handlungen von Wolfgang Boyé, Bernd Fischer und Thomas Jarmuske befragt.

Was Boyé und seine geschäftsführenden Direktoren einst als "strategischen Kern" des Unternehmens feierten, sieht er heute laut Handelsblatt als "Belastung": Die Schmuckherstellung in Thailand. Nach den Maßgaben von Wolfgang Boyé wurde der Schmuckhersteller auf eine Produktion von 2 Millionen Stück pro Jahr ausgelegt, also rund 150.000 Schmuckstücke pro Monat. Dies sollte dem von Boyé geträumten Wachstum der elumeo-Gruppe entsprechen. Der Aufbau der Schmuckherstellung in Thailand basierte auf Bankkrediten, für welche die Geschäftsführer der PWK-Schmuckherstellung als auch Mitbegründer Teerasak Jamratkittiwan persönlich bürgen sollten. Doch die Verkaufsstrategien von Boyé und seinen Mitmanagern Bernd Fischer und Thomas Jarmuske erwiesen sich als Desaster - Juwelos Verkäufe hinkten in den Jahren 2017 und 2018 schwer den angepeilten Ergebnissen hinterher.

Obwohl die Verkäufe drastisch zurückgingen, bestellte Boyé und sein Team aber weiterhin Schmuck bei der PWK in Thailand. Er bestellte so lange, bis die Vorräte an Metallen und Edelsteinen aufgebraucht waren. Die Schmuckstücke verkaufte er anschließend über die Konzerntochter Juwelo allerdings ohne jemals das dafür erhaltene Geld für die Bezahlung der PWK zu verwenden. Die fehlende Bezahlung der Schmuckstücke führte letztendlich zur Insolvenz der PWK. Gehälter konnten nicht mehr gezahlt und die Kredite nicht mehr bedient werden. Trotz mehrfacher Bitten der Thailänder schickte das Management der elumeo SE weder Geld, noch die bislang nicht verkauften Schmuckstücke nach Thailand zurück, damit sie dort für die Auszahlung der Gehälter und für die Tilgung der Darlehen verwendet werden konnten.

Bei der insolventen PWK verloren über 600 Arbeiter - überwiegend Frauen - ihre Arbeitsplätze. Die Geschäftsführer der PWK stehen vor dem persönlichen Konkurs, da sie für die nach thailändischem Recht ausstehenden Gehälter und Abfindungen persönlich haften. Nach dem thailändischen Arbeitsgesetz droht ihnen nun wegen Nichtzahlung der Gehälter und Abfindungen und damit aufgrund der Handlungen von Wolfgang Boyé, Bernd Fischer und Thomas Jarmuske eine hohe Gefängnisstrafe. In diesem Zusammenhang wurden sie für den 7. August 2019 von der örtlichen Polizei in Chanthaburi, Thailand, vorgeladen. Thailändische Politiker haben angekündigt, die Bundesregierung über die skandalösen Vorfälle um elumeo und PWK zu informieren.

Kern der Klage gegen Wolfgang Boyé, Bernd Fischer und Thomas Jarmuske ist der Vorwurf, sie hätten die PWK ganz bewusst über die "Klinge springen" lassen. Die Schmuckfabrik war für die letztendlich kläglichen Verkaufsergebnisse überdimensioniert. Eigentlich hätten Arbeiter der PWK ordnungsgemäß entlassen werden müssen. Nach thailändischem Recht müssen in diesem Fall aber Abfindungen für die entlassenen Arbeiter bezahlt werden. Das wollte Boyé und sein Management umgehen und ließen stattdessen die PWK finanziell ausbluten und in die Insolvenz schlittern. Dem Handelsblatt gegenüber erklärte Boyé, dass der Schmuckhersteller aufgrund der erstarkten thailändischen Währung Baht zur Belastung geworden sei. Die Klägerpartei bewertet dies als "einen mehr als kläglichen Versuch, die eigenen Fehlleistungen zu kaschieren."

Jetzt soll auf Antrag der Ottoman Strategy Holdings (Suisse) S.A. ein Sonderprüfer klären, was bei dem einstigem Vorzeigeunternehmen elumeo SE passiert ist. Die Sonderprüfung soll Pflichtwidrigkeiten und Verstöße gegen das Gesetz durch Wolfgang Boyé (Vorsitzender des Verwaltungsrats), Bernd Fischer (Mitglied des Verwaltungsrats und geschäftsführender Direktor) und /oder Thomas Jarmuske (Mitglied des Verwaltungsrats und geschäftsführender Direktor) aufdecken. Auch soll die Einsetzung von Direktoren oder Verwaltungsratsmitgliedern durch Wolfgang Boyé geklärt werden und wie diese zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre handelten. Dabei sind auch mögliche Schadensersatzansprüche der elumeo gegen Wolfgang Boyé, Bernd Fischer und Thomas Jarmuske zu ermitteln und festzustellen.

Die insolvente PWK hat zwischenzeitlich das Recht auf Klage auf Schadensersatz abgetreten, da sie selbst nicht mehr über die finanziellen Ressourcen verfügt, einen solchen Prozess zu führen.

Quelle: Roderich Schätze (ots)

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