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Schulz warnt Athen vor Absage an Lösungsvorschläge der Gläubiger

Archivmeldung vom 08.06.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.06.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat Griechenland davor gewarnt, die neuen Vorschläge der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Lösung der Schuldenkrise abzulehnen. "Die Europäische Union ist bereit, der griechischen Regierung sehr weit entgegenzukommen", sagte der SPD-Politiker der "Welt am Sonntag".

Die Europäer berücksichtigten dabei nicht nur die Zukunft des Euro, sondern "ganz besonders auch" die der griechischen Bevölkerung, die große Opfer gebracht habe. "Ich kann die griechische Regierung, die zwar für die Missstände im Land nicht verantwortlich ist - das waren die Vorgängerregierungen - nur davor warnen, die ausgestreckte Hand wieder auszuschlagen. Die Zeit rinnt davon und die Folgen wären dramatisch."

Die überwältigende Mehrheit der Griechen wolle eine Einigung innerhalb der Euro-Zone, sagte Schulz. "Die Regierung in Griechenland muss endlich akzeptieren, dass sie nicht nur ihren Syriza-Wählern Rechenschaft schuldig ist, sondern Verantwortung trägt für das ganze Land und als Teil der EU auch für den Euro und Europa", verlangte er. "Was mich aber fast noch mehr sorgt, ist die Tatsache, dass fünf Monate mit der neuen Regierung ins Land gezogen sind und immer noch kein schlüssiger Plan vorzuliegen scheint, wie Griechenland zu einer modernen und nachhaltigen Wirtschaft samt Staatswesen reformiert werden kann."

Unionspolitiker wollen Bundestagsabstimmung über weitere Hilfen für Athen

Angesichts der sich hinziehenden Verhandlungen mit Griechenland fordern führende Wirtschafts- und Finanzpolitiker der CDU/CSU-Fraktion, dass der Bundestag über die weitere Auszahlung von Hilfsgeldern an Athen abstimmen muss.

Gegenüber "Bild" (Samstag) erklärte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Peter Ramsauer (CSU): "Deutschland kann sich keine faulen Kompromisse mehr leisten. Deshalb muss der Bundestag auch über die neuen Änderungen am zweiten Hilfspaket abstimmen. Die Grundlagen der letzten Abstimmung sind nämlich längst verlassen, das Parlament getäuscht." Ein neues drittes Hilfspaket lehnte Ramsauer kategorisch ab: "Nach dem unwürdigen mediterranen Gefeilsche mit den griechischen Reformversprechen halte ich ein drittes Hilfspaket für ausgeschlossen."

Auch der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckhard Rehberg (CDU), verlangt eine Bundestagsabstimmung über weitere Auszahlungen. Gegenüber "Bild" erklärte Rehberg, es gehe in den Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Geldgebern gerade über "wesentliche Änderungen" am laufenden Hilfsprogramm. Es sei "ein glasklarer Fall" und "geltende Rechtslage", dass der gesamte Deutsche Bundestag über solch gravierende Korrekturen abzustimmen habe. "Die Zeit dafür müssen wir uns nehmen." Es reiche nicht aus, "die Sache nur im Haushaltsausschuss zu behandeln".

Der CDU-Finanzpolitiker Frank Steffel sprach sich ebenfalls für eine Abstimmung im Bundestag aus und mahnte: "Ein weiteres Entgegenkommen der Bundesregierung an Griechenland darf es nicht geben."

Grüne: Neue Griechenland-Auflagen muss Bundestag absegnen

Die Grünen fordern, dass veränderte Reformauflagen für Griechenland vom Bundestag genehmigt werden müssen. Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der Zeitung "Bild am Sonntag": "Der Bundestag muss wesentlichen Änderungen zustimmen."

Außerdem verlangte Hofreiter ein drittes Hilfspaket: "Griechenland wird mit dieser Heftpflaster-Politik nur kurzfristig geholfen. Eine Umschuldung und ein drittes Hilfspaket sind für eine nachhaltige langfristige Lösung notwendig."

Lindner warnt vor Ausscheiden des IWF aus Griechenland-Rettung

FDP-Chef Christian Lindner hat vor dem Ausscheiden des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus der Rettung Griechenlands gewarnt. Schiede der IWF aus der Rettung des Euro-Krisenlandes aus, "hätten sich am Ende doch die Weichmacher durchgesetzt", schreibt der FDP-Chef in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Samstagausgabe).

Damit steht für ihn "die Geschäftsgrundlage der gesamten Euro-Stabilisierungspolitik in Frage". "Dann blieben die Europäer weitgehend unter sich. Deutschland und andere stabilitätsorientierte Länder würden einen Verbündeten verlieren. Es würde die Bereitschaft wachsen, Strukturprobleme dauerhaft mit Transfers oder billigem Notenbankgeld zu überdecken. Es wäre ein unübersehbares Signal, dass die klare Bindung von finanziellen Hilfen an marktwirtschaftliche Reformen aufgegeben wird", schreibt Lindner.

Die griechische Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras hätte durch ihre Strategie des Verzögerns und Täuschens ein Tor aufgestoßen, das auch andere Linkspopulisten in Europa nur zu gerne passieren würden, um sich aus der Verantwortung zu stehlen. Deshalb erwartet die FDP "von der Bundeskanzlerin, dass sie das Engagement des IWF in der Euro-Stabilisierung weiter als Geschäftsgrundlage verteidigt. Alles andere würde den Generalkonsens der staatstragenden Parteien zur Eurokrise in Deutschland gefährden."

CDU-Wirtschaftspolitiker: Griechenland-Experiment muss beendet werden

Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unions-Bundestagsfraktion (PKM), Christian von Stetten, hat sich für ein Ende der Griechenland-Hilfen und ein Ausscheiden des Mittelmeer-Anrainers aus dem gemeinsamen Währungsraum ausgesprochen. "Die europäischen Regierungen müssen sich ehrlich machen: Das Experiment mit den reformunwilligen Griechen im Euro-Raum ist gescheitert und muss beendet werden", sagte der CDU-Politiker dem "Handelsblatt".

Ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro oder die Einführung einer Zweitwährung bürge natürlich auch Risiken, "aber es würde dem Euro und seinen Vertragsstaaten die Glaubwürdigkeit und Würde zurückgeben. Es würde deutlich machen, dass sich in Zukunft wieder alle Euro-Staaten an die vereinbarten Regeln halten müssen".

Von Stetten kritisierte, dass den Bürgern in Deutschland zu lange "das wahre Ausmaß des griechischen Desasters" vorenthalten worden sei. "Nichts, aber auch gar nichts ist in Griechenland auf einem guten Weg", betonte er. Die neue griechische Regierung führe das Land vielmehr "noch tiefer in die Rezession und die politische Unglaubwürdigkeit".

Die griechische Bevölkerung solle aber von den EU-Partnern nicht im Stich gelassen werden. "Wir werden über Jahre hinweg mit europäischen Förderprogrammen viele Milliarden zur Existenzsicherung nach Griechenland überweisen müssen, und dazu sind wir auch bereit", so von Stetten. Aber diese Hilfe könne nicht durch die ständige Verlängerung von nicht vertragskonformen Euro-Rettungsprogrammen zu Lasten der Glaubwürdigkeit und Stabilität der Gemeinschaftswährung erfolgen, sagte von Stetten weiter.

Wer einen internationalen Vertrag schließt, müsse sich auch an die strengen Regeln halten. "Wer diese permanent ignoriert, muss mit den Konsequenzen leben – unter Umständen führt dies zum Ausschluss des vertragsbrüchigen Partners." Nur so sei der Euro zu rechtfertigen und behalte die Akzeptanz bei seinen Bürgern und an den Kapitalmärkten.

Unionsfraktionsvize kritisiert IWF wegen Zahlungsaufschub für Griechenland

Der stellvertretende Chef der Unionsfraktion, Michael Fuchs, hat die Entscheidung des internationalen Währungsfonds (IWF) kritisiert, die Rückzahlungsfrist der Kredite für Griechenland zu verlängern. "Warum der IWF diese Milde an den Tag legt, erschließt sich mir nicht", sagte Fuchs der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). "Diese Entscheidung halte ich nicht für klug. Mit welcher Begründung will man einem anderen Land einen solchen Zahlungsaufschub nun nicht gewähren."

Fuchs ergänzte: "Ich glaube nicht, dass die Stundung für die Griechen etwas nutzt. Die Griechen haben bis heute nicht begriffen, wie ihre Lage ist."

Ökonomen warnen Bundesregierung vor "faulem Kompromiss" mit Athen

Angesichts immer neuer Versuche zur Rettung Griechenlands warnen führende Ökonomen die Bundesregierung und die anderen europäischen Geldgeber vor Zugeständnissen und einem "faulen Kompromiss" mit Athen. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sagte der "Bild-Zeitung": "Die Idee der Krisenpolitik - Hilfe als Gegenleistung für Reformen - darf nicht aufgegeben werden. Wenn Europa jetzt wackelt, bricht irgendwann auch der Rest zusammen."

Der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, Christoph Schmidt, mahnte: "Die Geldgeber müssen in den Verhandlungen mit Griechenland hart bleiben, weil gut gemeint in diesem Fall leider nicht gut gemacht ist. Es ist inakzeptabel, dass die griechische Regierung aus rein ideologischen Gründen den bereits funktionierenden Reformpfad verlassen hat und nicht darauf zurückkehren will." Schmidt warnte, ein Nachgeben der Gläubiger wäre "auch für die europäische Integration insgesamt schädlich", weil eine Transferunion in den Geberländer keine breite Akzeptanz hätte.

Auch der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest, warnte die Bundesregierung vor Zugeständnissen an Athen. "Die Regierung Tsipras wird sich auch an neu vereinbarte Reformauflagen nicht halten. Deshalb muss gelten: Dem schlechten Geld kein gutes Geld nachwerfen", sagte Tuest gegenüber "Bild". "Deutschland sollte über schon vergebene Kredite und die Konditionen verhandlungsbereit sein, aber keinesfalls neue Kredite vergeben."

Der ZEW-Präsident forderte außerdem, die Europäische Zentralbank sollte aufhören, "Griechenland durch Missbrauch der ELA-Notkredite zu finanzieren". Der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, sprach sich gegenüber "Bild" für ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro aus. "Nur ein Austritt und eine Abwertung der Währung kann das Land wieder flott machen und weiteren Schaden für die europäische Integration vermeiden", erklärte Sinn.

Griechenland habe insgesamt über 325 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln von der Staatengemeinschaft erhalten, was mehr als 180 Prozent der Wirtschaftsleistung entspreche. "Geholfen hat alles nichts, denn die Arbeitslosigkeit ist heute mehr als doppelt so hoch wie vor fünf Jahren, als die fiskalischen Hilfsprogramme begannen", erklärte Sinn.

Der Wirtschaftsweise Lars Feld warnte gegenüber "Bild", ohne Willen zu bereits festgelegten Reformen dürfe die griechische Regierung "keine weiteren Kredite erhalten". Scharf wandte sich Feld gegen eine erneute Umschuldung Griechenlands: "Unverschämtheit würde dann noch belohnt."

Chefin der EZB-Bankenaufsicht kündigt Stresstest für 2016 an

Europas Großbanken müssen sich im kommenden Jahr einem neuen Stresstest unterziehen. Das kündigte die Chefin der europäischen Bankenaufsicht, Danièle Nouy, in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" an. Bisher war unklar gewesen, ob ein Stresstest noch in diesem Jahr stattfinden würde oder erst 2016.

"Einen allgemeinen, öffentlichen Stresstest wird es kommendes Jahr wieder geben. Aber dies kann weniger als die 123 Banken betreffen, die wir direkt beaufsichtigen", sagte Nouy der "Welt am Sonntag". Gleichzeitig gebe es ständig kleinere, gezielte Tests mit Blick auf bestimmte Risiken. "Immer wenn wir den Banken die Frage `Was wäre, wenn...` stellen, ist das eine Art Stresstest", sagte die oberste Bankaufseherin der Europäischen Zentralbank (EZB).

Obwohl derzeit an den Finanzmärkten über den Zustand der griechischen Banken spekuliert wird, die unter Kapitalflucht leiden und von Notkrediten ihrer nationalen Notenbank abhängig sind, hält Nouy an der Aussage fest, diese Institute seien sowohl solvent als auch liquide. "Die griechischen Aufseher haben in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet, um den Finanzsektor zu rekapitalisieren und zu restrukturieren. Das hat auch das Ergebnis unseres Stresstests gezeigt", sagte Nouy.

Schwierige Phasen habe es für die griechischen Institute bereits in der Vergangenheit gegeben. "Aber nie zuvor waren sie so gut dafür gerüstet." Die Verantwortung für die Notkredite verwies Nouy an die Geldpolitiker der Zentralbank. "Wenn es um geldpolitische Entscheidungen wie Notfallkredite geht, muss der EZB-Rat entscheiden, welche Banken er als solvent einstuft. Wir machen unabhängig davon unsere eigene Prüfung", sagte die Aufseherin.

Der Frage, was passieren würde, wenn Bankenaufsicht und Geldpolitik die Frage der Solvenz griechischer Banken unterschiedlich beurteilen würden, wich Nouy aus: "Das ist eine hypothetische Frage, die ich nicht beantworte." Gerade der Fall der griechischen Banken gilt Kritikern als Beleg für die Interessenskonflikte, in denen sich die bei der EZB angesiedelte Aufsicht befindet.

In Deutschland wird immer wieder eine strengere Trennung gefordert. Nouy hält das jedoch - anders als ihre deutsche Stellvertreterin, EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger - nicht für nötig. "Ich brauche keine komplette institutionelle Trennung", sagte sie im Interview. Sie sei aber möglicherweise voreingenommen, da sie es aus Frankreich gewohnt sei, so zu arbeiten. "Genau so wie Sabine Lautenschläger die strikte Trennung von Aufsicht und Geldpolitik aus Deutschland kennt und deswegen vermutlich von anderen Erfahrungen geprägt ist."

Nouy erteilte der Forderung nach einer Verschärfung der Schuldenbremse für Banken (Leverage Ratio) eine Absage: "Die Verschuldungsquote sollte keine bewegliche Zielgröße sein. Man hat sich für eine gewisse Kennzahl entschieden. Diese Regel sollte erst einmal umgesetzt werden, was bis 2018 dauern wird. Wenn man später sieht, dass das nicht genug war, kann man meinetwegen nachsteuern." Dies ist eine wichtige Botschaft für Deutschland, da hiesige Institute mit dieser Kennziffer zu kämpfen haben.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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