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Operation Malaya: Marbellas Milliardenskandal

Archivmeldung vom 03.07.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.07.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Urlaubsparadies Marbella in Spaniens Festlandprovinz Malaga Bild: Eric Laubach
Urlaubsparadies Marbella in Spaniens Festlandprovinz Malaga Bild: Eric Laubach

Als der mondäne Luxusbadeort Marbella in Spanien seine goldene Zeit feierte, war die Welt noch in Ordnung.

Im damals kleinen aber feinen Ort, an dem einst der Rolls Royce des Prinzen von Hohenlohe versagte und dieser von der Gegend so begeistert war, dass er dort Grundstücke kaufte und ein Hotel eröffnete, gaben sich schnell der deutsche Adel, spanische und internationale Weltstars und arabische Ölscheichs die Hand, und selbst Osama Bin Laden nahm über Jahre hinweg an den Parties der High Society teil, bevor er sich zu anderem berufen fühlte.

Jenes Marbella, das selbst seinen Namen von einer Königin verliehen bekam, die beim Ausblick auf die Bucht, die Dünen und die markante Bergkette zwischen Malaga und Gibraltar verzückt "que mar bella" rief, war das, was eine tiefe Sehnsucht bei vielen hervorrief. So auch beim arbeitslosen Juan Antonio Roca, der Anfang der 90er abgebrannt in jenem Luxusbadeort auftauchte, um später wahrhaftig als so genannter Baufachmann sogar Milliarden zu scheffeln.

Am 29. März 2006 leitete das spanische Innenministerium die "Operation Malaya“ein und deckte in der Provinz Malaga (der Name der Operation ist an diesen Namen angelehnt) den größten Verschwendungsskandal in der Geschichte Spaniens auf.

Es ging um vorsichtig geschätzte 2,4 Milliarden Euro, die der dem Rathaus als außen stehender Fachmann dienende Roca mit "Kommissionen" für Baugeschäfte erworben und mit Hilfe von Scheinfirmen in ein internationales Kanalsystem von Bankkonten zwischen Singapur und Santo Domingo geleitet haben soll. Wenn die Summe stimmt, dann wäre der arbeitslose Bergbaufachmann, der vor 18 Jahren in einem Fiat Panda nach Marbella gerollt war und für 2005 ein Jahreseinkommen von hundertfünfzigtausend Euro deklarierte, binnen dieser Frist zum viertreichsten Mann Spaniens geworden.

In seinen Anwesen wurden unter anderem Rennpferde, Kampfstiere, ein Tiger im Käfig im Wohnzimmer sowie ein Original-Gemälde von Mira über der Badewanne beschlagnahmt. Die Beamten fanden Müllsäcke voller Geld (die auch bei anderen Stadtratsmitgliedern gefunden wurden), weitere 100 Gemälde, Hubschrauber, ausgestopfte Elefanten, Eisbären und Giraffen, Oldtimer und antike Stadtbusse Marbellas. Hinzu kam, dass er an über 200 Scheinfirmen beteiligt war und mehrere Hundert Immobilien besaß.

Roca verlangte kräftig Schmiergeld, um die vielen Bauvorhaben zu genehmigen. Ein Paradebeispiel für diesen Skandal war auch das Gebäude Banana-Beach, dass in den Dünen Marbellas errichtet wurde. Marbellas Zwangsverwalter entdeckte außerdem Rechnungen, wonach im Rathaus allein für Edelweine und Champagner 855.000 Euro spendiert wurden - die Verträge mussten schließlich begossen werden.

Alles begann, weil der Glücksritter und Verschwender Roca in Marbella auf einen gleichgesinnten Gönner traf: den skandalträchtigen Bürgermeister Jesus Gil y Gil (71), der die Aktienmehrheit des Fußballclubs Atletico de Madrid inne hatte. Dieser schleuste munter Geld aus der Stadtkasse in den Verein, zahlte umstrittene Gagen an spanische Künstler und kam deshalb mehrfach hinter Gitter. Eine seiner Errungenschaften war, dass die Stadt von der Straßenkriminalität befreit wurde und der saudiarabische König Fahd regelmäßig seinen Urlaub in Marbella verbrachte.

Die Tageszeitung "El Mundo" wunderte sich auch lauthals über die Verschwendungssucht des Königs, denn der kam zuletzt im Sommer 2001 mit einem 3000-köpfigen Mitarbeiterstab, 100 Mercedes-Dienstwagen, Flugzeugen, Hubschraubern, Luxusjachten und einem ganzen Geschwader von Bodyguards angereist, um pro Tag die unglaubliche Summe von umgerechnet sechs Millionen Euro auszugeben. Sehr zur Freude der Boutiquen, Juweliere, Hoteliers und auch der Kellner des Luxusortes, die neben ihrem Umsatz auch schon mal umgerechnet mehrere Hundert Euro als Trinkgeld auf die Hand bekamen, damit der Service stimmte.

Bürgermeister Gil y Gil war von alledem natürlich hoch angetan. Er ließ sich von dem Gerede der Medien nicht beeinflussen, benannte eine Straße zu Ehren des König Fahd und stellte der sich nicht mehr der besten Gesundheit erfreuenden saudiarabischen Exzellenz vorsorglich eine ganze Etage des örtlichen Krankenhauses zur Verfügung, damit diese noch lange Zeit wieder kommen konnte. Allerdings verstarb König Fahd wenige Jahre später und dies wurde sein letzter Urlaub in Marbella. Zu dieser Zeit war Juan Antonio Roca, der vor Jahren arbeitslos nach Marbella kam, bereits Berater des Stadtplanungsamtes und somit Entscheidungsträger für Baugenehmigungen im gerade boomenden Spanien. Roca arbeitete eher hinter den Kulissen und Gil y Gil war eine zu schillernde Persönlichkeit, als dass Roca im Vergleich zu ihm in Erscheinung treten konnte. Als Bürgermeister war es Gil y Gil egal, mit völlig aufgeknöpftem Hemd und Fächer schwitzend vor die Kameras zu treten und er antwortete auf die berechtigte Frage, warum er sich denn einen Flugzeugträger(!) gekauft hätte, kurz und knapp mit: "Ich hatte noch keinen."

Auch dass tagtäglich die Landpolizei Guadia Civil Streifenfahrten entlang der verbliebenen Dünen unternehmen musste, um wiederholt die trotz gegenteiligen Gerichtsbeschlusses anrückenden Bagger zu vertreiben, schob man Jesus Gil y Gil in die Schuhe und mit dessen Tod galt die Stadt eigentlich als weitgehend von der Korruption befreit. Gil y Gil wurde bereits zwei Jahre zuvor wegen anhaltender Verstöße für amtsunfähig befunden und machte so den Weg frei für den ehemaligen Kellner und Stadtrat für Festangelegenheiten Julian Munoz, der ihn als Bürgermeister ablöste. Es gab zwar kritische Stimmen und lautstark debattierte Stadtratssitzungen, in denen die Opposition mitunter auch Polizeischutz benötigte, doch Julian Munoz gelang vor allem zu landesweiter Berühmtheit, als er auf einer Pilgerfahrt mit Spaniens berühmtester Folkloresängerin anbandelte, für die er dann sogar seine Frau verließ. Kurze Zeit später wurde er von Parteiüberläufern gestürzt und Marisol Yagüe wurde neue Bürgermeisterin, an ihrer Seite wurde die gegen Korruption kämpfende schönheitsoperierte Isabel Garcia Marquez zweite Bürgermeisterin.

Das Spektakel hatte seine Zutaten. Vielleicht wäre auch niemand darauf gekommen, dass der Umbau des Hauses der neuen Bürgermeisterin eine Millionen Euro verschlang, Geld dass sie in Jahrzehnten nicht verdiente, hätte sie sich nicht mit der Baufirma angelegt und wäre nicht in einem Nachbarort ein unglaublicher Skandal ans Tageslicht gekommen, dessen weitere Ermittlungen schließlich zu Beginn des Jahres 2006 eine buchstäbliche Kettenreaktion auslöste, die fast den gesamten Stadtrat hinter Gitter brachte und bei der die zunächst sichergestellten 250 Millionen Euro, eine Flotte an Luxusautos und mehrere hundert Immobilien nichts weiter als ein Anfang waren. 

Quelle: GoMoPa (www.gomopa.net / Eric Laubach)

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