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Griechenland: Parlament spricht Papandreou Vertrauen aus

Archivmeldung vom 22.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Giorgos Andrea Papandreou Bild: Avala / de.wikipedia.org
Giorgos Andrea Papandreou Bild: Avala / de.wikipedia.org

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat in der Nacht zum Mittwoch die Vertrauensabstimmung im Parlament in Athen gewonnen. Bei der Abstimmung sprachen die Abgeordneten Papandreou mehrheitlich das Vertrauen aus und signalisierten damit ihre Rückendeckung für den eingeschlagenen Sparkurs. Das Votum gilt als entscheidender Schritt für den Erhalt weiterer EU-Finanzhilfen für den maroden Staatshaushalt des Landes.

Kurz vor der Abstimmung war es zu einem Eklat im Parlament gekommen. Die Abgeordneten der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) hatten den Saal verlassen, weil sie sich durch eine Rede des Vizeministerpräsidenten Theodoros Pangalos diskreditiert sahen. Wenige Minuten später kehrten sie allerdings zurück.

Papandreou hatte am Sonntag nach der Bildung der neuen Regierung die Vertrauensfrage gestellt. Wenige Stunden vor der Vertrauensabstimmung war es indes zu erneuten Protesten vor dem Parlament in Athen gekommen. Rund 10.000 Menschen demonstrierten friedlich gegen die Sparpläne der Regierung.

Griechenland hatte im vergangenen Jahr internationale Finanzhilfen in Höhe von 110 Milliarden Euro gewährt bekommen. Im Gegenzug hatte die griechische Regierung einem Sparprogramm zugestimmt, dass unter anderem zusätzliche Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen vorsieht, womit der Staatsetat um 6,5 Milliarden Euro entlastet werden soll. Ziel sei es, die Auszahlung der nächsten Kredittranche aus dem Hilfspaket von Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank zu sichern.

Griechischer Top-Journalist kritisiert in Schuldenkrise eigenes Volk

Einer der renommiertesten Journalisten Griechenlands, Takis Michas, hat in der Diskussion um die griechische Schuldenkrise das eigene Volk scharf angegriffen. Michas, der unter anderem für das "Wall Street Journal" schreibt, sagte der "Bild-Zeitung": "Wir Griechen müssen endlich verstehen, dass wir selber schuld sind an der Situation, nur wir sind schuld! Aber immer noch glauben hier viele: Die Milliarden stehen uns einfach zu! Dabei ist unsere Wirtschaft so wie ein post-sowjetisches Reich: Die Politiker haben einen aufgeblähten öffentlichen Sektor aufgebaut, die Unternehmen schmieren wo sie können - und alle profitieren davon. Und egal, welche Regierung gerade am Ruder war: Es lief immer gleich!" Der Journalist kritisiert gleichzeitig, dass in Griechenland immer wieder anderen die Schuld für die Krise angelastet wird.

Michas sagte der "Bild-Zeitung" weiter: "Die Deutschen hat doch niemand gezwungen, dass wir ihnen ihre Autos abkaufen und andere Luxusprodukte, die sich hier gerne alle geleistet haben. Auch die Banken sind nicht schuld daran, wie hier alle phantasieren. Die meisten Griechen haben einfach in einer Parallel-Welt gelebt, aus der sie nicht aufwachen wollen. Es gesteht sich natürlich niemand gerne ein, dass er teilweise in einem korrupten Gebilde gelebt hat, das so einfach nicht funktionieren kann."

Der Wirtschaftsexperte fordert auch von der Europäischen Union ein Umdenken ein. Es könne keine Lösung sein, einfach weitere Milliarden in Griechenland zu investieren. Michas sagte der Zeitung weiter: "Wenn Griechenland versteht, dass es harte strukturelle Reformen braucht, werden die Politiker sehen, dass möglicherweise auch die Rückkehr zur Drachme sinnvoll sein kann. Die Europäer müssen sich ohnehin fragen, welcher Weg der richtige ist: Ein Ende mit Schrecken - oder ein Schrecken ohne Ende."

Wirtschaftsweiser verlangt raschen Schuldenerlass für Griechenland

Der Wirtschaftsweise Lars Feld hat die EU-Staaten aufgefordert, sehr rasch einen echten Schuldenschnitt für Griechenland vorzubereiten. "Man sollte eine echte Umschuldung Griechenlands möglichst bald durchführen", sagte Feld der "Rheinischen Post". Um das europäische Finanzsystem im Falle der Pleite Griechenlands zu stabilisieren, empfahl Feld ein zweistufiges Verfahren. "Im ersten Schritt muss die EU zunächst das europäische Bankensystem stabilisieren, um es auf den Ernstfall der Pleite Griechenlands vorzubereiten", sagte Feld. "Wenn die Banken hinreichend gut refinanziert sind, ist es im zweiten Schritt möglich, Griechenland etwa die Hälfte seiner Schulden zu erlassen. Das muss schnell passieren, also spätestens im ersten Halbjahr 2012", forderte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR).

Der SVR berät die Bundesregierung in wirtschaftspolitischen Fragen. Der neue permanente Euro-Rettungsschirm ESM enthält laut Feld einen elementaren Konstruktionsfehler. "Im ESM fehlt ein wesentliches Element: Es gibt keinen Automatismus, der die Beteiligung privater Gläubiger im staatlichen Insolvenzfall sicherstellt", sagte der Freiburger Ökonom. "Der ESM-Vertrag stellt die Erklärung eines Staatsbankrotts voll und ganz ins Benehmen der Regierungen." Erst wenn sie die Pleite einvernehmlich festgestellt hätten, könnten künftig private Gläubiger beteiligt werden. "Ich fürchte, diese Situation wird niemals eintreten, weil die Regierungen der betroffenen Staaten sie zu verhindern wissen", sagte Feld.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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