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Lipobay: BAYER muss erstmals Schadensersatz zahlen

Archivmeldung vom 15.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In Argentinien wurde BAYER erstmals zu Schadensersatz an ein Lipobay-Opfer verurteilt. Alle bisherigen Prozesse endeten mit Vergleichen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert wegen der vermeidbaren Todesfälle strafrechtliche Konsequenzen.

Ebenfalls heute veröffentlicht wurde ein Bericht des US-Fernsehsenders CBS, wonach durch einen rechtzeitigen Rückzug des Herzmittels Trasylol 22.000 Menschenleben hätten gerettet werden können. Ein Interview mit Prof. Jürgen Fischer, dem Leiter des Instituts für Experimentelle Medizin der Universität Köln, zeigt, dass die Risiken von Trasylol schon vor 25 Jahren bekannt waren.

Ein Gericht in der argentinischen Stadt Rosario hat erstmals einem Lipobay-Geschädigten Schadensersatz zuerkannt. Der Kläger, Carlos Potocnik, litt nach Einnahme des Cholesterin-Senkers unter Muskelzerfall, der zu schweren Nierenschäden und einer dauerhaften Behinderung führte. In den bisherigen Verfahren war der BAYER-Konzern, der Hersteller von Lipobay, einer Verurteilung stets mit Hilfe von Vergleichen zuvorgekommen.

Die zuständige Richterin Sylvia Aramberri verwies darauf, dass die Firma BAYER die Nebenwirkungen von Lipobay im Vorhinein kannte, diese jedoch bewusst in Kauf genommen hat. Der Schadensersatz in Höhe von 160.000 Peso (knapp 40.000 Euro) setzt sich aus Schmerzensgeld, Behandlungskosten sowie entgangenem Lohn zusammen. Potocnik hatte ursprünglich 570.000 Peso gefordert.

Mindestens hundert Personen in aller Welt waren an Nebenwirkung von Lipobay gestorben. Tausende von Prozessen endeten mit Vergleichen, bei denen der Konzern offiziell keine Schuld anerkannte.  Ein Vertrag, der kürzlich einer Lipobay-Geschädigten aus Bayern vorgelegt wurde, zeigt, wie die Betroffenen zum Schweigen verpflichtet werden. Darin heißt es: „Mit BAYER wurde ein Vergleich geschlossen. Über den Inhalt und die Umstände wurde Stillschweigen vereinbart. Weiter möchte ich daher zu dem Thema des Vergleichsabschlusses keine Stellung nehmen“. Bei Zuwiderhandlungen droht eine Vertragsstrafe in Höhe des Abfindungsbetrages.

Die Entscheidung in Argentinien wirft auch Fragen nach der Verantwortung des Managements auf. Hubert Ostendorf von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Das Gericht hat eindeutig ein schuldhaftes Verhalten der Verantwortlichen bei BAYER festgestellt. Da es zu Dutzenden von vermeidbaren Todesfällen kam, müssen nun strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden.“ Die Coordination gegen BAYER-Gefahren bemängelt, dass einseitige Gewinnmaximierung nicht Maxime des Gesundheitssystems sein dürfe. Der Verband fordert ein demokratisch kontrolliertes und ethisch vertretbares Gesundheitssystem.

BAYER hatte den von weltweit sechs Millionen Menschen eingenommenen Cholesterin-Senker im Jahr 2001 vom Markt genommen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Risiken lange bekannt gewesen. Bereits in der ersten Test-Phase hatte die Lipobay-Version mit einer 0,8 Milligramm-Dosis, wie sie auch Carlos Potocnik verschrieben wurde, zu Muskelzerfall und Nierenversagen geführt - etwa zehn mal häufiger als bei Produkten der Konkurrenz. In Japan klagten Probanden über so starke Nebenwirkungen, dass der leitende Arzt die Studie einstellen wollte. Selbst ein BAYER-Mitarbeiter riet angesichts des stark erhöhten Risikos dazu, „den Marketing-Enthusiasmus zu dämpfen“. Die Verantwortlichen im Konzern hatten sich davon unbeeindruckt gezeigt und Lipobay in den USA und Südamerika mit der 0,8 Milligramm-Dosis herausgebracht. In Europa blieb es bei der ungefährlicheren Dosis von 0,3 oder 0,4 Milligramm pro Tablette. Vergleiche und Entschädigungszahlungen kosteten BAYER bislang mehr als eine Milliarde Euro.

15. Februar 2008, Reuters

Arzt: Früherer Stopp von Bayer-Herzmittel hätte 22.000 gerettet

New York - Ein schnellerer Vermarktungsstopp des umstrittenen Bayer-Herzmittels Trasylol hätte nach Angaben eines amerikanischen Mediziners 22.000 Patienten das Leben retten können.

Die US-Behörden hätten das Präparat bereits im Januar 2006 vom Mart nehmen sollen, als er erstmals seine Studie zu dem Mittel veröffentlichte und darin auf Gefahren hinwies, sagte Dennis Mangano in einem Interview des US-Fernsehsenders CBS. Der Arzt sagte zudem, Bayer habe im September 2006 der US-Gesundheitsbehörde FDA bei einer Diskussion der Studie eigene Forschungserkenntnisse vorenthalten, die die von ihm aufgezeigten Gefahren bestätigten. Der Vorsitzende des FDA-Beratergremiums, William Hiatt, sagte CBS zufolge, er hätte sich dafür ausgesprochen, Trasylol vom Markt zu nehmen, wenn er von Bayers eigener Studie gewusst hätte.

Das Gespräch mit Mangano sollte am Sonntag in der Sendung "60 Minutes" ausgestrahlt werden, "CBS News" griff das Thema jedoch schon vorab in einem Bericht auf seiner Internet-Seite auf. Bayer-Sprecherin Meredith Fischer sagte, sie könne sich zu dem "60 Minutes"-Bericht nicht äußern, so lange er nicht ausgestrahlt worden sei.

Wegen zunehmender Hinweise auf ein erhöhtes Sterberisiko musste Bayer den Verkauf von Trasylol im November stoppen. Das Medikament, mit dem Bayer jährlich gut 150 Millionen Euro umsetzte, wurde bei bestimmten Herzoperationen eingesetzt, um den Blutverlust zu verringern. In den USA hatte Trasylol 1993 die Marktzulassung erhalten.

Finanz und Wirtschaft, 15. Feb. 2008

Aktien von Bayer könnten ebenfalls Aufmerksamkeit finden. Händler verwiesen auf Medienberichte, wonach ein schnellerer Vermarktungsstopp des umstrittenen Herzmittels Trasylol durch die US-Gesundheitsbehörde FDA nach Angaben eines amerikanischen Mediziners 22.000 Patienten das Leben hätte retten können. Der Chemie- und Pharmakonzern hat die Trasylol-Vermarktung im November 2007 vorübergehend weltweit ausgesetzt. Zudem habe Bayer im September 2006 den US-Behörden bei einer Diskussion einer belastenden Studie eigene Forschungserkenntnisse vorenthalten. "Sicher keine erfreulichen Neuigkeiten", sagte ein Börsianer. Gegen Bayer seien bereits mehrere Klagen im Zusammenhang mit Trasylol anhängig. Ihre Anzahl könnte steigen, sollte Bayer wirklich Informationen zu spät weitergeleitet haben.

weitere Informationen zu Lipobay:

weitere Informationen zu Trasylol:

Quelle: Coordination gegen BAYER-Gefahren

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