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Schäuble warnt vor ungeordneter Insolvenz Griechenlands

Archivmeldung vom 08.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Dr. Wolfgang Schäuble Bild: Büro Schäuble
Dr. Wolfgang Schäuble Bild: Büro Schäuble

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat vor einer Pleite Griechenlands gewarnt, sollte das Land nicht weitere Unterstützung erhalten. "Wir stehen vor dem realen Risiko der ersten ungeordneten Staatsinsolvenz innerhalb der Euro-Zone", schrieb er in einem Brief, der unter anderen an EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sowie die Finanzminister der Euro-Zone adressiert ist. Das Schreiben liegt der Tageszeitung "Die Welt" vor.

Vor diesem Hintergrund sehe er den Bedarf eines neuen Hilfsprogramms, so Schäuble. "Eine Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt im Jahr 2012, wie im laufenden Programm geplant, scheint mehr als unrealistisch." Das aber bedeute, dass das Volumen des jetzigen Programms nicht ausreiche, Athens finanzielle Bedürfnisse zu decken. Schäuble erwartet daher eine "substanzielle" Ausweitung der Hilfe durch Europa - auch damit der IWF aus den Hilfsprogrammen nicht aussteigt. Der deutsche Finanzminister fordert in dem Schreiben eine Umschuldung Griechenlands, an der die privaten Gläubiger beteiligt werden sollen. Jede neue Vereinbarung über weitere Griechenland-Hilfen beim Finanzministertreffen am 20. Juni müsse ein klares Mandat enthalten, mit dem Athen - möglicherweise gemeinsam mit dem IWF - einen Verhandlungsprozess mit seinen Gläubigern starten könne. Jede zusätzliche Unterstützung für Griechenland müsse eine faire Lastenteilung zwischen Steuerzahlern und privaten Investoren enthalten, damit das Land in der Lage sei, seine Schulden dauerhaft zu tragen, heißt es in dem Brief. Der Prozess müsse zu einem "substanziellen Beitrag der Besitzer griechischer Anleihen" führen.

Schäuble fordert Umschuldung und weitere Hilfszahlungen für Griechenland

Die Bundesregierung hat erstmals offen eingeräumt, dass Griechenland ein weiteres milliardenschweres Hilfsprogramm und eine Umschuldung benötigt. Ohne ein solches Paket drohe "der erste ungeordnete Bankrott" eines Euro-Landes, heißt es in einem Brief von Finanzminister Wolfgang Schäuble, der der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt. An der Umschuldung müssten sich auch die privaten Gläubiger, also etwa Banken, beteiligen. Sie sollen sieben Jahre länger auf die Rückzahlung ihres Geldes warten. Schäubles Schreiben ist an seine EU-Amtskollegen, den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, EU-Finanzkommissar Olli Rehn und den amtierenden Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), John Lipsky, gerichtet.

Mit dem Brief gesteht er ein, dass das bisherige Konzept der EU, der EZB und des IWF für eine Stabilisierung Griechenlands gescheitert ist. Es sah vor, dass die Regierung in Athen rigide Programme zur Sanierung des Haushalts und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auflegt und im Gegenzug Kredite der Partner erhält. Vom Frühjahr 2012 an sollte sich das Land sein Geld dann wieder schrittweise bei Banken, Versicherungen, Investmentfonds und Kleinanlegern leihen. Schäuble hält eine solch rasche Rückkehr an den privaten Markt jedoch mittlerweile für "mehr als unrealistisch". Er sehe deshalb "die Notwendigkeit, dass wir uns auf ein neues Programm für Griechenland verständigen, um die Finanzlücke zu schließen und eine Insolvenz zu verhindern".

Welchen Umfang das Paket haben muss, sagt der Minister in dem Schreiben nicht, er spricht lediglich von einer "substantiellen Erhöhung" der bisherigen Summe von 110 Milliarden Euro. Im Gespräch ist eine Aufstockung um mindestens 60 Milliarden Euro. Sollte sich Griechenland allerdings auch 2013 und 2014 noch allein über die Kredite der EU-Partner, der EZB und des IWF finanzieren müssen, wäre ein Zusatzbetrag von mehr als 100 Milliarden Euro nötig. Schäuble betonte, dass "jede weitere finanzielle Hilfe für Griechenland eine faire Lastenteilung zwischen den Steuerzahlern und den privaten Investoren beinhalten" müsse. Um einen "substantiellen Beitrag" der privaten Gläubiger sicherzustellen, sei ein "Bond Swap" der richtige Weg, also ein Umtausch alter in neue Staatsanleihen. Konkret schwebe ihm vor, dass die Investoren alle Papiere, die sich aktuell in ihrem Besitz befinden, in neue Schuldverschreibungen mit einer um sieben Jahre verlängerten Laufzeit umtauschen. Sie erhielten ihr Geld damit später, aber immerhin in voller Höhe zurück. Die alten Anleihen würden dagegen bei einer doch noch eintretenden Insolvenz womöglich nicht zurückbezahlt.

Schäuble ließ in seinem Schreiben offen, ob die privaten Gläubiger zu einer Beteiligung an dem Programm gezwungen werden sollen. Das hatten bisher sowohl Trichet als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel abgelehnt. Trichet fürchtet, dass eine Umschuldung - zumal bei Beteiligung der privaten Gläubiger - das Finanzsystem erneut in schwere Turbulenzen stürzen und zudem ein tiefes Loch in die Bilanz der EZB reißen könnte. Hintergrund ist, dass die Notenbank längst der größte Gläubiger Griechenlands ist. In Berliner Regierungskreisen wurde hingegen darauf verwiesen, dass viele Banken ihre griechischen Papiere abstießen. "Wenn wir noch lange warten, hat Griechenland gar keine privaten Gläubiger mehr", hieß es.

Quelle: dts Nachrichtenagentur



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