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Tote in Kairo und Tunis bei Protesten gegen Mohammed-Schmähfilm

Archivmeldung vom 15.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Bei den anhaltenden Protesten gegen einen Mohammed-Schmähfilm sind in mehreren arabischen Ländern erneut Menschen getötet worden. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo starb in der Nacht zum Samstag ein Mann am Tahrir-Platz. Der 35-Jährige war in der Nähe der stark gesicherten US-Botschaft erschossen worden.

Bereits am Freitag war es vor der US-Vertretung der Hauptstadt zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Die Muslimbruderschaft rief die ägyptische Bevölkerung zu weiteren Protesten am Sonntag auf. In Tunesien stieg die Zahl der Toten inzwischen auf vier. Bei einem Angriff auf die US-Regierung in Tunis hatten Demonstranten Fenster eingeschlagen und Steine und Brandsätze gegen die Sicherheitskräfte geworfen. Die Polizei soll daraufhin das Feuer auf die Demonstranten eröffnet haben. 

Paris: Rund 100 Demonstranten nahe US-Botschaft festgenommen

Die französische Polizei hat am Samstag rund 100 Demonstranten nahe der US-Botschaft in Paris festgenommen. Medienberichten zufolge wollten die Demonstranten an einer Kundgebung teilnehmen, diese sei allerdings nicht angemeldet worden. Am Dienstag hatten Demonstranten in Libyen mit einem Angriff auf die US-Botschaft auf ein Mohammed-Schmähvideo reagiert. Bei den Protesten wurden der US-Diplomat und drei libysche Sicherheitskräfte getötet.

Ein Ableger der radikal-islamischen Al Kaida im Jemen forderte die Muslime in allen Ländern zu weiteren Angriffen auf US-Botschaften auf.

In den folgenden Tagen entlud sich auch in weiteren arabischen Ländern die Wut der Demonstranten. In Tunesien, Libyen, dem Jemen und Ägypten griffen Demonstranten westliche Botschaften an, im Sudan wurde die deutsche Vertretung in Brand gesetzt.

Nach Angriffen: Westerwelle will Botschaften konsequent schützen

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) will die westlichen Botschaften konsequent gegen Angriffe schützen. Das sagte der Außenminister am Samstag auf dem Landesparteitag der Thüringer FDP in Saalfeld. Sollten die Angriffe auf westliche Botschaften anhalten, werde das weitreichende Konsequenzen haben. Der Schutz der Botschaften müsse in vollem Umfang gewährleistet werden, so Westerwelle. Gleichzeitig forderte der Außenminister Deutschland zu einer geschlossenen Reaktion auf das Hassvideo auf. Die Gesellschaft müsse deutlich machen, dass sie derartige Hassparolen verabscheue. 

Westerwelle (FDP) ist empört über die Zerstörung deutscher Hoheitszeichen beim Angriff auf die deutsche Botschaft im Sudan. "Die Stürmung unserer Botschaft in Khartum ist nicht hinnehmbar. Dass eine aufgewiegelte Menge auf deutschen Staatssymbolen herumtrampelt, ist unerträglich", sagte Westerwelle der "Bild am Sonntag".

Nach dem gewaltsamen Übergriff auf die deutsche Botschaft im Sudan hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) die Regierung in Khartum in scharfer Form aufgefordert, die Sicherheit deutscher Staatsbürger zu gewährleisten. "Dass unsere Botschaft trotz vorheriger Aufforderung nicht ausreichend geschützt wurde, können wir nicht akzeptieren", sagte der FDP-Politiker der "Welt am Sonntag" (E-Tag: 16. September 2012). "Ich erwarte vom Sudan, dass er die Integrität unserer Botschaft und die Sicherheit unserer Landsleute in vollem Umfang garantiert." Für den Sonntag ist eine weitere Demonstration geplant, die sich gegen Deutschland richten soll. Westerwelle ließ offen, wann die deutsche Botschaft in dem Land ihre Arbeit wieder aufnehmen wird. "Ich erwarte, dass die Vorfälle aufgeklärt werden. Erst nach einer genauen Analyse der Vorfälle und der entstandenen Schäden werden wir entscheiden, wie und wie schnell wir die Arbeitsfähigkeit unserer Botschaft Schritt für Schritt wieder herstellen können."

Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in der arabischen Welt mahnt Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zur Besonnenheit. "Ich habe schon zu Beginn der Veränderungen in der arabischen Welt darauf hingewiesen, dass wir es weniger mit einem arabischen Frühling, sondern mit arabischen Jahreszeiten zu tun haben", sagte Westerwelle dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Wir erleben in diesen Ländern einen komplexen Wandel, der nicht ohne Rückschläge verlaufen wird. Wichtig ist, dass wir die jetzigen Proteste nicht verallgemeinern: Die Mehrheit der Menschen in den arabischen Ländern will friedliche Veränderungen und lehnt Gewalt ab."

"Spiegel": Berliner Demonstration provozierte Angriff auf deutsche Botschaft

Der Angriff auf die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum war offenbar eine Vergeltungsaktion für das Zeigen von Mohammed-Karikaturen in Berlin. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Bereits am ersten Freitag im September hatten mehrere radikale Vorbeter in Khartum in ihren Predigten auf eine Demonstration der rechtsextremen "Pro Deutschland"-Bewegung hingewiesen, bei der am 18. August in Berlin Karikaturen des Propheten vor drei Moscheen gezeigt worden waren. In ihren Gebeten hatten die Imame auch auf die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts hingewiesen, das Zeigen der Mohammed-Karikaturen zu erlauben. Am Dienstag vergangener Woche hatten sich daraufhin mehrere islamistische Organisationen in Khartum getroffen und mit Verweis auf die Berliner Gerichtsentscheidung zu einer Demonstration vor der deutschen Botschaft aufgerufen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat bereits am Vorabend der Attacke in Khartum vor Angriffen auf deutsche Einrichtungen gewarnt. Es sei damit zu rechnen, schreiben die Staatsschützer vom BKA in einem internen Papier, dass das islamfeindliche YouTube-Video eine "breite Mehrheit der Muslime" erreichen und "empfindlich ansprechen wird". Auch Muslime in Deutschland könnten sich aufgerufen fühlen, Aktionen gegen amerikanische und jüdische Einrichtungen zu starten.

Angesichts der Eskalation hat Bundesinnenminister Hans- Peter Friedrich (CSU) die Veröffentlichung eines Werbetrailers für einen antiislamischen Film auf der Website von "Pro Deutschland" scharf kritisiert. "Solche Gruppen und Organisationen wollen die Islamisten auch in Deutschland provozieren", so Friedrich. "Damit gießen sie grob fahrlässig Öl ins Feuer." Gegenüber dem "Spiegel" beharrte Pro-Deutschland-Chef Manfred Rouhs darauf, er wolle den umstrittenen Film in voller Länge in Berlin zeigen. "Uns geht es um die Kunst- und Meinungsfreiheit", sagte Rouhs. Der Bundesinnenminister kündigte an: "Dagegen muss man mit allen rechtlich zulässigen Mitteln vorgehen." Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) bekräftigte, "die Protagonisten der salafistischen Szene in Nordrhein-Westfalen ab sofort noch stärker ins Visier" zu nehmen.

US-Polizisten befragen Regisseur von Mohammed-Schmähfilm

Der mutmaßliche Autor und Organisator des Schmähfilms über den Propheten Mohammed, der in der islamischen Welt für Wut und Empörung gesorgt hatte, ist von US-Polizisten zu einer Befragung abgeholt worden. Die örtlichen Behörden betonten, dass der Mann nicht verhaftet worden sei. Er könnte allerdings gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben. Der mutmaßliche Autor des Schmähfilms war im Jahr 2010 zu 21 Monaten Haft und zu einer Geldstrafe in Höhe von knapp 800.000 US-Dollar verurteilt worden, den Angaben seines ehemaligen Anwalts zufolge sei sein früherer Mandant in mehreren Fällen wegen Kreditbetrugs verurteilt worden. Eine Bewährungsauflage lautete, dass der Mann ohne vorherige behördliche Genehmigung keinen Computer oder das Internet benutzen dürfe. Die Ermittler untersuchen nun, ob er gegen diese Auflage verstoßen hat. In dem Film wird der Prophet Mohammed unter anderem als Frauenheld dargestellt. Nach Bekanntwerden des Films war es in mehreren islamischen Ländern zu teils blutigen Ausschreitungen gekommen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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