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Leggewie: Guttenberg hat bewusst Foul gespielt

Archivmeldung vom 22.02.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Karl-Theodor zu Guttenberg Bild: CDU/CSU-Fraktion
Karl-Theodor zu Guttenberg Bild: CDU/CSU-Fraktion

Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie glaubt, dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nicht mehr im Amt bleiben sollte. "Eine derart gefälschte Doktorarbeit ist schon ein Rücktrittsgrund, weil zu Guttenberg bewusst Foul gespielt und seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt hat. So etwas disqualifiziert nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Politik", sagte Leggewie den Zeitungen der WAZ Mediengruppe.

Der Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI) in Essen sagt, es habe bei zu Guttenberg noch "rücktrittsfähigere Affären als die aktuelle" gegeben. "Er hätte schon nach Kundus und nach den Vorfällen auf der Gorch Fock zurücktreten sollen, weil er auch hier nicht die Wahrheit gesagt hat."  Zu Guttenberg habe die neuen Medien routiniert benutzt, um sich mit fremden Federn zu schmücken. "Die Qualität der neuen Medien besteht aber nicht darin, sich hemmungslos bei fremden Autoren zu bedienen, sondern ganz im Gegenteil darin, mit anderen Menschen zusammen zu arbeiten und diese Zusammenarbeit auch klar kenntlich zu machen", so Leggewie. 

Politologe Oberreuter: "An Guttenberg bleibt ein Makel kleben"

Der bayerische Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter geht davon aus, dass der Plagiatsvorwurf "als Makel an Karl-Theodor zu Guttenberg kleben bleiben wird". In einem Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Mittwochsausgabe) sagte der Direktor der Akademie für politische Bildung in Tutzing, dass sich nun zeige, dass "die zu Guttenberg zugeschriebene Glaubwürdigkeit und Gradlinigkeit nicht in allen Facetten seiner Existenz besteht". Dass der Verteidigungsminister dauerhaft auf den Doktortitel verzichten werde, bezeichnet Oberreuter als "symbolische Geste, die offensichtlich mit der Bundeskanzlerin abgesprochen war". Angela Merkel habe kurz vorher deutlich gemacht, dass der Doktortitel nicht entscheidend sei, denn sie hätte einen Minister und keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt. Diese Tonlage habe zu Guttenberg wenige Stunden später bei der Wahlkampfveranstaltung in Kelkheim aufgenommen. 

Unions-Fraktionschef Kauder zu Guttenbergs Doktor-Affäre: "Das Thema ist für mich erledigt"

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht trotz der Plagiatsaffäre voll hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder sagte in einem Interview mit dem Online-Magazin stern.de über die Rückgabe des Doktor-Titels durch den Minister: "Karl Theodor zu Guttenberg hat mit diesem Schritt die Konsequenzen aus der aktuellen Diskussion gezogen. Damit sollte die Debatte beendet sein." Kauder fügte hinzu: "Wir werden ihn auch weiterhin mit ganzer Kraft unterstützen." "Natürlich" bleibe er im Ministeramt.

Auf Frage, ob ein Rosstäuscher als Minister tragbar sei, sagte Kauder: "Diese Wortwahl ist nicht angemessen. Ich wundere mich immer wieder, wie vorschnell in der Öffentlichkeit Urteile gefällt werden." Offenbar spielt für Kauder die noch ausstehende Entscheidung der Universität Bayreuth über die Ab- oder Anerkennung des Doktortitels keine Rolle mehr. Auf eine entsprechende Frage sagte Kauder, er habe der persönlichen Erklärung des Ministers nichts hinzuzufügen.

Der CDU-Politiker sieht darüber hinaus keinen Vertrauensverlust für die Politik insgesamt. Alle Meinungsumfragen zeigten, dass zu Guttenberg nach wie vor hohes Vertrauen genieße. Die Frage, ob der Minister den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags für seine Doktorarbeit missbraucht habe, ließ Kauder nicht gelten. "Jeder Abgeordnete hat das Recht, den Wissenschaftlichen Dienst in Anspruch zu nehmen, auch für Vorträge und Aufsätze, die er anfertigt. Er muss dies allerdings aus meiner Sicht kenntlich machen. In welchem Umfang Karl-Theodor zu Guttenberg dies getan hat, entzieht sich meiner Kenntnis", sagte Kauder. Der Bundestag "könnte" die Sachlage prüfen.

Guttenberg wird nach Auskunft Kauders "einige Male" im baden-württembergischen Wahlkampf auftreten. Am Mittwoch wird sich eine aktuelle Stunde im Bundestag mit der Plagiats-Affäre befassen. Am Montagabend hatte Guttenberg bei einer Veranstaltung im hessischen Kelkheim "gravierende Fehler" bei der Abfassung seiner Doktorarbeit eingestanden und erklärt, er werde den Titel dauerhaft nicht mehr führen. 

SPD-Gesundheitsexperte geht auf zu Guttenberg los

Der SPD-Gesundheitsexperte und Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach greift Verteidigungsminister zu Guttenberg scharf an. In einem N24-Interview sagte Lauterbach: "Ich halte das Umgehen mit dem Problem für unseriös, also wenn ich ganz salopp sprechen darf, glaube ich, dass Herr von Guttenberg hier glaubt, die Bevölkerung verarschen zu können. (...) Hier wird die Bevölkerung in einer für mich noch niemals gesehenen Art und Weise zum Narren gehalten und das ist für einen Minister nicht tragbar. Er sollte aus meiner Sicht zurücktreten. Also aus meiner Sicht ist ein Minister nicht im Amt zu halten, der hier systematisch die Bevölkerung über die Art und Weise, wie die Doktorarbeit zustande gekommen ist, belügt. Ich halte es, nach wie vor, für sehr wahrscheinlich, dass er die Arbeit gar nicht selbst geschrieben hat. (...) Hier geht es darum: Wie steht der Minister zur Wahrheit. Und wenn der Minister ein, ich sag mal, notorischer Schwindler ist und selbst Hochstapelei nicht ausgeschlossen ist, dann ist das kein Minister für uns."

Auch zu Guttenbergs Verzicht auf den Doktortitel stimmt Lauterbach nicht milde: "Das ist ein Witz. Ich kann nicht darum bitten, dass mir der Doktortitel wieder abgenommen wird. Das ist so ähnlich wie ein Bankräuber, der, um der Strafe zu entgehen, die Bank bittet, das Geld wieder zurückzunehmen. Und damit also glaubt, er komme durch. Hier muss der Minister auch vorsichtig sein, dass er sich nicht zur Witzfigur macht. So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gehört, wenn ich offen sein darf." 

Politikwissenschaftler von Alemann fordert Guttenbergs Rücktritt

Der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann sieht die Glaubwürdigkeit von Karl-Theodor zu Guttenberg durch die Doktorhut-Affäre "wirklich angeknackst". Die Erklärung des Verteidigungsministers, er habe beim Verfassen der Arbeit über einen Zeitraum von sieben Jahren die Übersicht verloren, hält von Alemann nicht für überzeugend. "Das ist schon bizarr. Es sind ja keine vereinzelten Fehler begangen worden, sondern hier liegt ein systematisches Verhalten vor", sagte der Universitätsprofessor den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Mittwochausgabe), "er kann die Arbeit ja schließlich nicht im Zustand der Bewusstlosigkeit geschrieben haben." Alemann sieht Guttenberg nachhaltig beschädigt. "Dieser Kratzer wird bleiben, den kann man nicht einfach wegpolieren." Alemann befürwortet den Rücktritt des Ministers. "Ich hätte es besser gefunden, wenn er sich in aller Bescheidenheit zwei, drei Jahre zurückziehen und eine Auszeit nehmen würde." 

SPD-Wehrexperte Arnold: Kanzlerin muss Guttenberg entlassen

SPD-Verteidigungsexpedrte Rainer Arnold hat die Bundeskanzlerin zur Entlassung von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als Bundesverteidigungsminister aufgefordert. In einem Gespräch mit der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch-Ausgabe), sagte Arnold: "Wenn er nicht selbst die Größe aufbringt und zurücktritt muss ihn die Kanzlerin entlassen. Hier geht es um politische Kultur." Wenn sich das Modell Guttenberg erfolgreich in der Politik durchsetze, "dann ist das ein Bärendienst für die Demokratie", sagte Arnold. "Die Kanzlerin steht da eindeutig in der Verantwortung. Der Minister ist nicht mehr handlungsfähig, weil er nicht mehr glaubhaft gegenüber den Soldaten auftreten kann. Bei jeder Krise erweist er sich als überfordert und beweist immer wieder aufs Neue schlechtes Krisenmanagement", kritisierte der SPD-Experte.

"Ein roter Faden zieht sich durch das ministerliche Verhalten", meint Arnold: "Herrn zu Guttenberg schert es heute nie, was er gestern gesagt hat. Er ist in der Lage, jeden Tag anders zu reden und setzt darauf, dass getragen vom Wohlwollen des Volkes bei ihm alles vergessen wird." In der Verteidigungspolitik sei er nicht gut aufgestellt. "Vorbereitungslos wird das Ende der Wehrpflicht durchgesetzt. Im Ergebnis steht die Truppe vor einem großen Desaster. Der Mann ist ein schlechter Verteidigungsminister."

Der Minister "hat seine Glaubwürdigkeit verloren", so Arnold. "Er selbst hat sich glorifiziert. Er ist der einzige Politiker, der so viel über seinen eigenen Charakter reflektiert. Die Menschen mit gutem Charakter, die ich kenne, reden nicht darüber, die haben ihn einfach. Der Mann ist an seinen eigenen Maßstäben grandios gescheitert." 

Bundestagspräsident Lammert kritisiert Krisenmanagement zu Guttenbergs

In der WDR Sendung Eins zu eins hat sich heute Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert kritisch zum Krisenmanagement von Karl Theodor zu Guttenberg in der Affäre um seine Doktorarbeit geäußert: "Die Presseerklärung, die Karl Theodor zu Guttenberg am vergangenen Freitag gegeben hat, war jedenfalls kein überzeugender Beitrag zur Problembewältigung und ich kann mir seinen Auftritt (...) nur so erklären, dass ihm zum damaligen Zeitpunkt das Ausmaß der Schlampigkeit nicht klar war, mit der die Arbeit verfasst und eingereicht worden ist."

In der Sendung nahm Lammert im Gespräch mit Anke Plättner auch Stellung zu den Vorwürfen, Guttenberg habe den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages für seine Doktorarbeit genutzt. Er betonte, dass das Recht an der Verwertung dieser gutachterlichen Stellungnahmen keineswegs an den Abgeordneten übergehe. Wenn er es weiter verwerten möchte, bedürfe es einer förmlichen Genehmigung. Wenn Arbeiten des wissenschaftlichen Dienstes ohne Quellenangaben genutzt würden, dann, so Lammert wörtlich, "(...) wäre das offenkundig ein doppelter Verstoß sowohl gegenüber den Regelungen des deutschen Bundestages in der Nutzung des wissenschaftlichen Dienstes als auch gegenüber den wissenschaftlichen Mindeststandards bei der Verfassung von wissenschaftlichen Arbeiten."

Als Konsequenz aus den Vorfällen kündigte Lammert eine erneute Befassung des Ältestenrates an: " Es würde mich nicht überraschen, wenn der jüngste Vorgang Gegenstand einer erneuten Befassung im Ältestenrat des Bundestages mit dem Umgang mit Texten aus dem wissenschaftlichen Dienst sein würde. Ich habe mehrfach alle Fraktionen auf die Regelungen aufmerksam gemacht."

Norbert Lammert sieht auch die Verantwortung der Universität: "Dass dieser Vorgang erhebliche Zweifel an die Seriosität des Umgangs einer deutschen Universität mit der Vergabe von akademischen Titeln erzeugt, das wird - wenn sich der Pulverdampf um die Person verzogen hat - in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken."

Norbert Lammert weiter: "Dass die Medien nun entdecken, dass es sich bei diesem Kollegen nicht um einen Außerirdischen handelt, den sie aber der deutschen Öffentlichkeit über Monate aber genau als solchen verkauft haben, gehört für mich auch zur notwendigen Aufarbeitung."

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung / Neue Westfälische / stern /  N24 /  Leipziger Volkszeitung / WDR

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