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Bundestags-Vizepräsidenten gegen Beschneidung des Rederechts

Archivmeldung vom 16.04.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.04.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Makrodepecher / pixelio.de
Bild: Makrodepecher / pixelio.de

Die von Union, FDP und SPD geplante Einschränkung des Rederechts stößt auch in den eigenen Reihen auf Kritik. Insbesondere in der SPD rührt sich deutlicher Widerstand, aber auch Vize-Bundestagspräsident Hermann Otto Solms von der FDP lehnte die geplante Änderung ab. Er sehe keine ausreichende Begründung für diese Einschränkung der Rechte von Abgeordneten, "die nach dem Grundgesetz nur ihrem Gewissen verpflichtet sind", sagte Solms der "Süddeutschen Zeitung".

Auch Vize-Bundestagspräsidentin Petra Pau von der Linkspartei sprach sich in der SZ dafür aus, eine solche Regelung in Karlsruhe prüfen zu lassen, falls der Bundestag die Novelle beschließen sollte. Ihre Grünen-Kollegin Katrin Göring-Eckardt sagte, damit würden die Rechte von Abgeordneten beschnitten, aber auch alle Möglichkeiten, die Debatten im Bundestag lebhafter zu gestalten, indem man auch denen das Wort erteile, die anderer Meinung seien als die Fraktionsmehrheit. Das gelte insbesondere dann, "wenn man nicht will, dass Politik in Talk-Shows sondern im Bundestag interessant debattiert wird", sagte die Vize-Präsidentin des Parlaments.

Der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Swen Schulz kündigte in der SZ an, er könne diese Einschränkungen nicht akzeptieren: "Ich werde diesem Vorschlag nicht zustimmen und ich gehe davon aus, dass andere in der Fraktion es genauso sehen. Dieser Drops ist noch nicht gelutscht`, sagte Schulz. Der SPD-Vize-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer brachte für den Fall größeren Widerstandes eine Verschiebung der Abstimmung ins Spiel, die bislang für den 26. April geplant ist. Zwar halte er die angestrebte Regelung nicht für "das Ende der Demokratie" Es handele sich im wesentlichen um eine Verkürzung des Rederechts bei persönlichen Erklärungen von bislang fünf auf drei Minuten. "Aber wir stehen nicht unter Zeitdruck", sagte Schäfer und fügte hinzu, eine Klage gegen diese Regelung in Karlsruhe müsse verhindert werden. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler hat bereits angekündigt, bei einer Beschneidung der Rederechte vor das Verfassungsgericht zu ziehen.

Grüne wollen Abstimmung über Einschränkung des Rederechts verschieben

Die Grünen im Bundestag drängen auf eine Verschiebung der für den 26. April geplanten Abstimmung über die Beschränkung des Rederechts von Abgeordneten. "Wahrscheinlich werden wir einen Antrag stellen, um das Thema in die Ausschüsse zurück zu überweisen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck der "Saarbrücker Zeitung". "Hier gibt es noch großen Gesprächsbedarf", so Beck weiter. Das Vorhaben stelle eine "unnötige Regulierung und eine Gängelung der Abgeordneten" dar. Alle Parlamentarier seien aufgefordert, dieser Selbstbeschränkung nicht zuzustimmen, sagte der Grünen-Politiker.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Dagmar Enkelmann, kritisierte das Vorhaben ebenfalls als "erheblichen Eingriff in die Rechte des einzelnen Abgeordneten". Das sei nicht hinnehmbar, so Enkelmann gegenüber dem Blatt.

CDU-Abgeordneter Willsch droht im Rederecht-Streit mit Bundesverfassungsgericht

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch will die von mehreren Fraktionen geplante Einschränkung des Rederechts für Abweichler im Bundestag notfalls durch das Bundesverfassungsgericht stoppen lassen. "Die Pläne der Fraktionsgeschäftsführer, die Plenardebatten zu Inszenierungen mit ihnen selbst als Intendanten umzubauen, halte ich für einen Verstoß gegen die Stellung des Abgeordneten in unserem Grundgesetz", sagte Willsch "Handelsblatt-Online". "Nötigenfalls muss das Bundesverfassungsgericht die Rechtsstellung des Abgeordneten klarlegen." Zwar glaubt Willsch, das Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) das nötige Rückgrat habe, um diesen "Disziplinierungsversuchen" zu widerstehen. Künftig könne aber die geänderte Geschäftsordnung von Fraktionsführungen genutzt werden, um vorab "Wohlverhaltenserklärungen" von Kandidaten für das Bundestagspräsidium abzuverlangen. Willsch sieht auch deshalb keinen Grund, das Rederecht der Parlamentarier einzuschränken, da es in der Vergangenheit keinen Missbrauch gegeben habe.

Eingeschränktes Rederecht: FDP-Politiker Schäffler warnt vor "Kastration" der Abgeordneten

Dass das Rederecht der Bundestagsabgeordneten noch stärker als bisher von den Fraktionen kontrolliert werden soll, stößt auf massive Kritik. "Das wäre eine Kastration der Abgeordneten durch die Abgeordneten selbst", sagte der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler "Handelsblatt-Online". "Das Parlament muss auch die Minderheit schützen, das zeichnet eine starke parlamentarische Demokratie aus."

Die geplante Neuregelung gilt auch als Konsequenz aus der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm im vergangenen September. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte damals großen Unmut ausgelöst, weil er außer der Reihe neben Schäffler auch den Abgeordneten Klaus-Peter Willsch (CDU) ans Rednerpult ließ, die von ihren Fraktionen abweichende Meinungen vertraten. Schäffler räumte zwar ein, das es die Fraktionen in der Hand hätten, wie sie den Parlamentsbetrieb organisierten. "Sie dürfen ihn aber nicht monopolisieren", fügte er hinzu. "Generell brauchen wir eine Parlamentsreform, die die Debattenkultur im Plenum des Parlaments fördert und nicht unterdrückt", sagte Schäffler.

Steinmeier widerspricht Eindruck der Einschränkung des Rederechts im Bundestag

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, hat dem Eindruck widersprochen, mit dem vorliegenden Plan zur Neuordnung des Rederechts im Bundestag solle Abweichlern im Parlament das Rederecht genommen werden. "Ich denke, das wird so nicht passieren", sagte er der "Leipziger Volkszeitung".

Er teile jedenfalls nicht "den durch Überschriften erweckten Eindruck". Möglicherweise, so Steinmeier, habe auch "Präsidialspitze" des Bundestages die geplante und zwischen den Fraktionen von Union, SPD und FDP Neuregelung "etwas zugespitzt darstellen wollen". Der SPD-Politiker Peer Steinbrück hatte auf Nachfrage am Rand eines SPD-Wahlkampfauftrittes in Münster Skepsis gegen den Plan zum Ausdruck gebracht.

Vor dem Hintergrund des wachsenden Zulaufs für die Piraten, der Ausdruck einer politischen Unzufriedenheit über die traditionelle Ansprache der Bürger durch die Parteien sei, hatte Steinbrück erklärt: "Man dürfe der Bevölkerung nicht den Zipfel des Verdachts liefern, es solle das Rederecht im Bundestag für andere, unbequeme Meinungen eingeschränkt werden". Bereits vor zwei Wochen hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, erklärt, es sei keine grundsätzliche Einschränkung des Rederechts geplant. Er hatte auch bereits vor Journalisten die seit längerem bekannte geplante Klausel verteidigt, wonach der Bundestagspräsident Abgeordnete mit abweichender Fraktionsmeinung nur noch ausnahmsweise und lediglich drei Minuten lang reden lassen dürfe und dies auch nur "im Benehmen mit den Fraktionen". "Im Benehmen" bedeute nichts anderes, als dass der Parlamentspräsident seine Absichten zur Redeerteilung den Fraktionen mitzuteilen habe. Bislang darf jeder Parlamentarier ein Votum vor einer abschließenden Abstimmung fünf Minuten lang begründen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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