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Müntefering kritisiert Rentenpaket der großen Koalition

Archivmeldung vom 01.02.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.02.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Franz Müntefering Bild: franz-muentefering.de
Franz Müntefering Bild: franz-muentefering.de

Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat das am Mittwoch beschlossene Rentenpaket der großen Koalition scharf kritisiert. "Neue Frühverrentungen sind ein falsches Signal", sagte Müntefering in einem Interview mit der F.A.S. Mit ihren Rentenplänen betreibe die große Koalition "eine Form von Realitätsverweigerung". Statt dessen müsse die Politik "den Mut haben, sich die lange Strecke anzugucken und nicht nur für den Tag zu arbeiten".

üntefering hatte während seiner Zeit als Bundesarbeitsminister gegen starke Widerstände in der eigenen Partei die "Rente mit 67" eingeführt. Zugleich forderte Müntefering mehr Investitionen zugunsten der jungen Generation. "Im Sauerland gibt es den Spruch: Man darf die Saatkartoffeln nicht verfüttern", sagte er. "Was nützt es, dieses Jahr etwas mehr zu essen, wenn im nächsten Jahr die Ernte ausfällt?" Deshalb müsse die Politik mehr Geld "in die Köpfe und Herzen der Jungen" investieren.

Gegen die Rentenpläne der Regierung sprach sich in dem Blatt mit dem CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn erstmals auch ein Koalitionsabgeordneter aus. Das Heraufsetzen des Rentenalters sei "nach langer Überzeugungsarbeit eigentlich endlich akzeptiert" gewesen, sagte er der F.A.S. "Dahinter wieder zurück zu gehen, fällt echt schwer." Die Rentenpolitik der Regierung sei eine Folge der Überalterung in der Wählerschaft: "Bereits heute sind ein Drittel der Wähler über 50 Jahre alt. Parteien wollen Wahlen gewinnen. Da ist es nur logisch, dass sie dort um Stimmen werben, wo die meisten zu holen sind."

Auch Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae kritisierte in der F.A.S. die Benachteiligung der jüngeren Generation. "Die Jungen müssen die teuren Wahlversprechen von Union und SPD bezahlen, ohne selbst davon zu profitieren", sagte sie. "Das ist alles andere als generationengerecht."

Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett beschlossen, Arbeitnehmern mit 45 Versicherungsjahren einen vorgezogenen Ruhestand mit 63 Jahren zu ermöglichen. Außerdem sollen künftig auch Erziehungszeiten für Kinder anerkannt werden, die vor 1992 geboren wurden. Das Gesetzespaket soll schon am 1. Juli in Kraft treten.

Umfrage: Mehrheit der Deutschen würde gern mit 63 in Rente gehen

Die Mehrheit der Deutschen würde gern schon mit 63 Jahren in Rente gehen. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap im Auftrag der "Welt am Sonntag". Dagegen will ein knappes Drittel bis zum regulären Renteneintrittsalter weiterarbeiten. Nur 14 Prozent können sich der Umfrage zufolge vorstellen, über die reguläre Altersgrenze hinaus zu arbeiten. 53 Prozent der befragten Berufstätigen plädieren für die Rente mit 63 - auch wenn sie dafür Abschläge in Kauf nehmen müssen und sie immer noch fit genug sind, arbeiten zu gehen.

Der Wunsch nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben geht durch alle Bildungsschichten - er herrscht bei den Berufstätigen sowohl mit eher niedrigen, als auch mit mittleren und höheren Bildungsabschlüssen vor. Selbst gravierende Unterschiede je nach finanzieller Situation sind nicht auszumachen. Allerdings steigt der Wille, bis zur Altersgrenze oder sogar darüber hinaus weiterzumachen, mit dem Haushaltseinkommen und dem Bildungsniveau leicht an. Wollen rund 63 Prozent der Befragten mit Hauptschulabschluss und schmaler Haushaltskasse vorzeitig in Rente, sind es bei Akademikern und Gutverdienern nur noch 47 Prozent.

Auch Frauen sind mit 57 Prozent eher für die Rente mit 63 als Männer mit 49 Prozent. 31 Prozent gaben an, sie wollten erst im regulären Renteneintrittsalter aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Unterschiede gibt es jedoch nach dem Alter der Befragten: So wollen 46 Prozent der 18- bis 29-Jährigen bis zur regulären Altersgrenze weiterarbeiten, 19 Prozent sogar noch länger. Nur jeder dritte Junge träumt von der Rente mit 63. In den mittleren Jahrgängen ist der vorzeitige Ruhestand dagegen eindeutig der Favorit. Bei den 45- bis 59-Jährigen erreicht die Rente mit 63 eine Zweidrittelmehrheit. Wer dagegen schon über 60 Jahre alt ist, der will eher bis zur regulären Altersgrenze durchhalten (39 Prozent), als schon mit 63 ausscheiden (37 Prozent).

In der vergangenen Woche hatte das Kabinett das Rentenpaket von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gebilligt, das auch eine abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren beinhaltet. Die abschlagsfreie Rente ab 63 soll allerdings nur bekommen, wer 45 Beitragsjahre nachweisen kann. Mitgezählt werden dabei aber auch Zeiten der Arbeitslosigkeit, sofern Arbeitslosengeld und nicht Arbeitslosenhilfe oder Hartz IV gezahlt wurde. Kritiker bemängeln, dass sich so langjährige Arbeitnehmer sogar schon mit 61 Jahre aus dem Berufsleben verabschieden könnten. Diese könnten zwei Jahre Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen, um dann mit 63 in Rente zu gehen.

Rente mit 63: Annäherung zwischen Union und SPD zeichnet sich ab

In der Debatte über die Ausgestaltung der Rente mit 63, bei der bisher der Hauptstreitpunkt ist, wie lange jemand arbeitslos gewesen sein darf, der nach 45 Beitragsjahren vorzeitig mit 63 Jahren in Rente gehen will, zeichnet sich eine Annäherung zwischen Union und SPD ab.

Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion, der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.): "Wenn man nur die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I anrechnet, dann bleibt man in der Regel unter einer Gesamtzeit von fünf Jahren." Würde man hingegen eine Zeit von fünf Jahren formal als Höchstgrenze im Gesetz festschreiben, dann bestünde das Risiko, dass auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II angerechnet werden müssten. Dann würden die Kosten um 1,5 Milliarden Euro steigen, sagte Weiß.

Im Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zur Rentenpolitik findet sich eine Höchstdauer von fünf Jahren Arbeitslosigkeit nicht wieder, die in den Koalitionsverhandlungen und auch danach von der Union gefordert worden war. Allerdings steht dort, dass nur solche Jahre der Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 angerechnet würden, in denen jemand Arbeitslosengeld I bezogen habe.

Im Arbeitsministerium heißt es, Innen- und Justizministerium hätten erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine willkürliche zeitliche Begrenzung der Dauer von Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 vorgebracht. Nach Berechnungen des Arbeitsministeriums werden weniger als fünf Prozent derjenigen Beschäftigten, die nach 45 Jahren einen Renteneintritt mit 63 beantragen können, mehr als fünf Jahre Arbeitslosengeld I bezogen haben. Bei der "ganz überwiegenden Mehrheit" der Versicherungsbiographien, die für die Rente mit 63 in Frage kämen, gebe es überhaupt keine Zeiten der Arbeitslosigkeit, hieß es im Arbeitsministerium.

Clement nennt Rentenpolitik von Schwarz-Rot "absurd"

Nach Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und dessen Arbeitsminister Franz Müntefering hat jetzt auch der Superminister für Arbeit und Wirtschaft des Schröder-Kabinetts, Wolfgang Clement, die Rentenreform der schwarz-roten Regierung scharf kritisiert. "Die Rentenpolitik der großen Koalition ist absurd", sagte Clement dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Angesichts der demographischen Entwicklung macht es keinen Sinn, die ältere Generation mit zusätzlichem Geld zu versorgen. Klüger wäre es, das Geld in Kinderbetreuung und Schulen zu investieren, denn da haben wir wirklich Nachholbedarf. Außerdem verteilt Schwarz-Rot wieder Geschenke nach dem Gießkannenprinzip. Das können wir uns nicht mehr leisten."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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