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Ein Jahr NSA-Untersuchungsausschuss hat keine Aufklärung gebracht

Archivmeldung vom 19.03.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.03.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Logo - Reporter ohne Grenzen e.V.
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Mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen sind empört, dass ein Jahr nach Einsetzung des NSA-Untersuchungsausschusses so gut wie nichts passiert ist. Reporter ohne Grenzen, Privacy Project, Humanistische Union, der Rechtsanwalt Niko Härting, Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation und das Whistleblower-Netzwerk kritisieren in einer an die Fraktionsvorsitzenden des Bundestages und an die Ausschussmitglieder gerichteten Stellungnahme das am 20. März 2014 eingesetzte Gremium dafür, dass bislang keine Aufklärung darüber stattgefunden hat, in welchem Umfang ausländische Geheimdienste in Deutschland spioniert haben. Die Unterzeichner verlangen zudem, dass der Ausschuss endlich Schritte zur umfassenden Kontrolle der deutschen Geheimdienste unternimmt. Dazu haben sie in der Stellungnahme konkrete Vorschläge aufgeführt.

Die Organisatoren haben während der vergangenen Monate wiederholt gefordert, die Arbeit des NSA-Untersuchungssausschusses so transparent wie möglich zu gestalten. Dabei berufen sie sich auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2009. Die Richter haben damals entschieden, dass die Bundesregierung verfassungswidrig gehandelt habe, indem sie Aussagegenehmigungen für Zeugen eines Untersuchungsausschusses beschränkt und die Vorlage angeforderter Akten verweigert hatte.

BEHINDERUNG DER ARBEIT DES AUSSCHUSSES

Doch auch die Arbeit des NSA-Untersuchungssauschusses wird massiv behindert. Am 5. Februar sagten zwei zur Befragung der Operation Glotaic geladene BND-Mitarbeiter vor den Ausschussmitgliedern, dass sie sich nur in geheimer Sitzung zu der Operation äußern könnten. Die Sitzung verlief daraufhin ergebnislos. (http://bit.ly/1CrOnGt) Kurz darauf wurde bekannt, dass dem Gremium in der gleichen Angelegenheit 130 Dokumente vom BND vorenthalten wurden, obwohl Bundesregierung und Nachrichtendienste verpflichtet sind, umfängliches Material zur Verfügung zu stellen. (http://bit.ly/1B6Nr9I)

Im November verschärfte die Bundesregierung die ohnehin umstrittene Geheimhaltungspraxis und stufte eine Vernehmung als "streng geheim" ein, wodurch die Aufklärungsarbeit des Ausschusses einmal mehr empfindlich gehemmt wurde. (http://bit.ly/1vgYV64) Im Oktober vergangenen Jahres drohte Kanzleramtsminister Peter Altmaier damit, die Weitergabe interner Dokumente aus dem NSA-Untersuchungsausschuss strafrechtlich verfolgen zu lassen.

SCHUTZ VON WHISTLEBLOWERN UNERLÄSSLICH

Die durch Edward Snowden angestoßenen Enthüllungen haben verdeutlicht, wie wichtig der Schutz von Whistleblowern für unabhängige journalistische Berichterstattung ist. Darüber hinaus haben sie auch in Deutschland die unzureichende parlamentarische Kontrolle über die Geheimdienste offengelegt.

Die Unterzeichner fordern, dass der Ausschuss seine Sitzungen uneingeschränkt öffentlich abhält und Zugang zu allen relevanten Dokumenten erhält. Zudem sollte das Gremium endlich Vorschläge unterbreiten, die die Arbeit der Geheimdienste umfassend kontrollieren.

Unerlässlich sind vor allem:

  • Es darf keine Überwachungsmaßnahmen ohne gesetzliche Grundlage geben, weder im Inland noch im Ausland. Die Gesetze müssen verhältnismäßig und angemessen ausgestaltet sein und die Voraussetzungen, die Anordnung und das Verfahren sowie die Rechtsschutzmöglichkeiten klar benennen. Die Ungleichbehandlung von In- und Ausländern in den einzelnen Überwachungsvorschriften ist zu beenden. Die Bundesregierung hat sicherzustellen, dass die deutschen Dienste die gesetzlichen, grund- und menschenrechtlichen Verpflichtungen wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder die von Deutschland mitinitiierte UN Resolution zum "Right to Privacy in the Digital Age" auch bei Einsätzen im Ausland einhalten.
  • Sämtliche Übermittlungen von Kommunikationsdaten an ausländische Stellen sind der G10-Kommission anzuzeigen und in deren jährliche Berichte aufzunehmen, unabhängig davon, ob es sich um Inhalts- oder Metadaten handelt. Eine Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Stellen oder die Entgegennahme solcher Daten von ausländischen Stellen ohne gesetzliche Regelung ist auszuschließen.
  • Der Bundestag muss das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) finanziell und personell so ausstatten, dass es die Kontrolle der Nachrichtendienste auch tatsächlich gewährleisten kann. Dem PKGr ist gesetzlich ein direkter Zugriff auf alle Vorgänge in und Zeugen aus den Diensten einzuräumen. Alle Mitarbeiter der Dienste müssen dem Gremium stets für eine vollständige Auskunft über ihre Tätigkeit zur Verfügung stehen.
  • Die Unterzeichner schlagen die Einrichtung eines Geheimdienst¬beauf¬tragten des Bundestages vor, der das PKGr in seiner Arbeit unterstützt.
  • Aufgrund der fehlenden öffentlichen Kontrolle ist es im Bereich der Nachrichtendienste besonders wichtig, einen funktionierenden Mechanismus für Whistleblower einzurichten. Insbesondere ist die Möglichkeit einzuräumen, dass sich Mitarbeiter der Geheimdienste ohne Einhaltung des Dienstweges jederzeit uneingeschränkt an die parlamentarischen Kontrollgremien sowie die Datenschutzaufsicht wenden dürfen.
  • Das Informationsfreiheitsgesetz muss auch für die Nachrichtendienste gelten, damit abgelehnte Auskunftsbegehren von Gerichten überprüft werden können.
  • Das Bundesdatenschutzgesetz muss auch im Bereich der Nachrichtendienste für alle Datensammlungen uneingeschränkt angewendet werden. Der Bundesdatenschutz-beauftragten ist - wie das Gesetz es vorsieht - uneingeschränkter Zugang zu gewähren. Datensammlungen dürfen nicht ohne Genehmigung der BfDI betrieben werden.
  • Der Schutz des Post- und Telekommunikationsgeheimnisses ist ein universelles Menschenrecht und gilt nicht nur für Deutsche. Das Grundgesetz und internationale Konventionen wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder die von Deutschland mitinitiierte UN Resolution zum "Right to Privacy in the Digital Age" binden die Bundesregierung auch jenseits der deutschen Grenzen. Jede Maßnahme zur Einschränkung muss verhältnismäßig und notwendig sein. Das Bundesverfassungs-gericht und der Europäische Gerichtshof haben in ihren Urteilen dazu klare rechtliche Vorgaben gemacht.

In einer ausführlichen Stellungnahme haben die Unterzeichner ihre Kritik an der bisherigen Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses und ihre Forderungen zur Kontrolle der Geheimdienste dargelegt. Den Text finden Sie hier: http://bit.ly/1BB8r3J

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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