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Oppermann stößt mit Vorstoß für Einwanderungs-Gesetz auf Widerstand

Archivmeldung vom 02.02.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.02.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Thomas Oppermann Bild: Gerrit Sievert
Thomas Oppermann Bild: Gerrit Sievert

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann stößt mit seinem Vorstoß für ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild auf Widerstand in den eigenen Reihen. "Thomas Oppermann hat das sehr offensiv dargestellt", sagte SPD-Fraktionsvize Ralf Stegner dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagausgabe).

Zwar sei in der SPD unstrittig, dass Deutschland mehr Zuwanderung und Arbeitsmigration brauche. Doch müsse sichergestellt werden, dass es dadurch nicht zu einem Unterbietungswettbewerb bei den Löhnen komme. Auch müssten die hiesigen Arbeitslosen qualifiziert werden. "Diese Punkte muss man beachten, sonst führt das an unserer Basis zu einer Diskussion, die im Zweifel den Rechtspopulisten nutzt", mahnte Stegner.

Zuvor hatte es nach Informationen der Zeitung in der Sitzung des SPD-Präsidiums hinter verschlossenen Türen Kritik an Oppermann gegeben. Der SPD-Fraktionschef hatte am Wochenende gefordert, deutlich mehr Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern ins Land zu lassen und dies über ein flexibles Punktesystem zu regeln, das sich an der Qualifikation und den Sprachkenntnissen orientiert. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte anschließend vor Journalisten: "Das Punktesystem kann ein Modell sein." Man müsse aber verschiedene Ansätze prüfen.

Einwanderungsgesetz: Oppermann für flexibles Punktesystem

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann hat die Pläne für ein Einwanderungsgesetz konkretisiert und fordert als zentralen Besandteil die Einführung eines flexiblen Punktesystems: "Es ist sinnvoll, den Bedarf an Nicht-EU-Einwanderern jedes Jahr neu festzulegen. Dafür brauchen wir ein flexibles Punktesystem", sagte Oppermann zu "Bild am Sonntag".

Kämen viele Einwanderer aus der EU brauche Deutschland weniger von außerhalb Europas. Je höher der Bedarf, desto niedriger die benötigte Punktezahl. Der SPD-Politiker schlug zusätzlich eine jährliche Festlegung von Mangelberufen vor. Wer darin eine Ausbildung habe, bekomme besonders viele Punkte. "Damit stellen wir sicher, dass die Menschen kommen, die unsere Wirtschaft braucht. Durch das Punktesystem ist es für Einwanderungswillige berechenbar, ob sie kommen können."

Oppermann sprach sich gegen eine Befristung von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen aus. "Wer gute Arbeitskräfte anlocken will, muss ihnen die Perspektive bieten, dauerhaft bei uns bleiben zu können." Dabei schloss er auch den Familiennachzug mit ein. "Natürlich bringen die Einwanderer ihre Familien mit. Sie würden sonst auch nicht kommen. Mehr Kinder werden unserer alternden Gesellschaft gut tun."

Das Gastarbeiter-Modell sieht der SPD-Politiker als gescheitert an. "Wir sind mit den Gastarbeitern nicht ordentlich umgegangen. Wir haben sie wie Arbeitnehmer zweiter Klasse behandelt, wir haben uns zu wenig um sie und ihre Familien gekümmert. Das hat zu Begleiterscheinungen geführt, die niemand will: Kinder, die kein Deutsch sprechen, integrieren sich nicht und lernen auch nicht unsere Werte. So entstehen Parallelgesellschaften."

Oppermann sieht den Wohlstand Deutschlands gefährdet, wenn die Zuwanderung nicht massiv steigt: "In den nächsten zehn Jahren fallen wegen der schrumpfenden Bevölkerung 6,7 Millionen Arbeitnehmer weg. Ohne Einwanderer können wir diese Lücke nicht schließen und laufen in ein wirtschaftliches Desaster. Nur als Einwanderungsgesellschaft können wir Wachstumsgesellschaft bleiben."

Deutschland habe eine Rekordzahl von Beschäftigten und zugleich einen gigantischen Fachkräftemangel. "Einwanderung ist damit keine Bedrohung mehr, sondern die Chance, unseren Wohlstand zu erhalten." Der SPD-Fraktionschef betonte gleichzeitig, dass Zuwanderer die Grundwerte pluralistischer Gesellschaft zu akzeptieren hätten. "Wer hier sein Glück machen will, mit Anstrengung und Fleiß, ist willkommen. Damit verbindet sich aber auch die klare Erwartung, dass unsere Grundregeln einer freien und offenen Gesellschaft ohne Wenn und Aber akzeptiert werden müssen."

Parallel zum Einwanderungsgesetz will Oppermann ein Bildungspaket verabschieden: "Über eine Million junge Menschen in Deutschland haben keine Berufsausbildung. Das Einwanderungsgesetz kann nur funktionieren, wenn wir zugleich die sogenannten Bildungsverlierer in Deutschland nachqualifizieren - mit einer zweiten oder auch einer dritten Chance. Wichtig ist, dass wir Konflikte zwischen ihnen und Einwanderern schon im Vorfeld vermeiden."

Trotz der ablehnenden Haltung der Union ist Oppermann überzeugt, dass das Einwanderungsgesetz beschlossen wird: "Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, wann das Einwanderungsgesetz kommt. Dass es kommt, steht für mich fest, weil Deutschland die Einwanderer braucht." Als Begründung für die Zurückhaltung bei der Union sagte der SPD-Fraktionschef: "Das Thema weckt die alten Ressentiments, die aus der mangelnden Integration von Gastarbeitern stammen."

Mit einer offenen Debatte über die Regeln von Einwanderung und ihren Nutzen werde dieses Unbehagen überwunden. "Am Ende wird sowieso das ökonomische Interesse entscheiden. Wenn die Renten nicht mehr bezahlt werden können, weil zu wenig Beitragszahler da sind, werden auch die größten Skeptiker nach qualifizierten Einwanderern rufen", so Oppermann.

Handwerkspräsident fordert humanitäres Bleiberecht für Flüchtlinge

Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, fordert für Flüchtlinge in Deutschland ein humanitäres Bleiberecht: "Wer eine dreijährige Ausbildung anfängt, muss zwei weitere Jahre hier bleiben dürfen. Dann ist der Betrieb zusätzlich motiviert, diese jungen Leute einzustellen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Gleichzeitig warnte er davor, die Flüchtlinge in ihren Unterkünften sitzen zu lassen. "Diese jungen Leute werden hier untergebracht und können normalerweise nichts tun, bis womöglich nach etlichen Monaten ihr Asylantrag bearbeitet wird. Ich sage: Sie müssen vom zweiten Tag an Deutsch lernen und so sinnvoll beschäftigt werden."

Bei den in Deutschland gestrandeten Menschen handele es sich häufig um gebildete junge Leute aus dem Irak und Syrien, die sich mit einem starken Willen bis hierher durchgekämpft hätten und etwas tun wollten. "Wir dürfen diese Menschen nicht zum Nichtstun verurteilen. Flüchtling ist kein Beruf", sagte Wollseifer. Für ihn sei dies ein "Akt der Menschlichkeit", abgesehen davon, dass Deutsch natürlich die Grundlage sei, "damit wir die Flüchtlinge hier ausbilden können".

Der Handwerkspräsident sprach sich auch dafür aus, junge Menschen aus Zuwandererfamilien besser in Deutschland zu integrieren und zu bilden, "damit sie nicht von unserem Sozialsystem leben müssen, sondern es stärken".

Ein Blick in die Statistiken zeige, dass leider immer noch "eher der Müller als der Üzgür eingestellt wird". Dies liege aber nicht nur an Betriebsinhabern, die womöglich noch Vorurteile gegenüber Ausländern oder Migranten hätten. "Nach wie vor gibt es jedoch auch das Problem, dass viele der jungen Leute aus Zuwandererfamilien die duale Ausbildung, den Mix aus Praxis im Betrieb und Theorie in der Berufsschule, in Deutschland gar nicht kennen", sagte er.

Zum vermehrten Zuzug von Rumänen und Bulgaren in die Bundesrepublik sagte Wollseifer: "Es gibt viele, die regulär arbeiten oder sich ausbilden lassen. Das ist gut." Es gebe aber auch das Problem, dass in einigen Großstädten sich solche Zuwanderer für zwei, drei Euro die Stunde anböten und manche Unternehmer dies schamlos ausnutzten. "In Deutschland haben solche Arbeiterstriche nichts zu suchen", sagte der Handwerkspräsident.

Ein anderes Problem seien die Scheinselbständigen, die für ein paar Euro auf Großbaustellen arbeiten. "Das schädigt nicht nur ehrliche Handwerksbetriebe, es untergräbt auch unser Sozialsystem." Der Staat müsse deshalb die Kontrolle der Schwarzarbeit verstärken, "zumal wir hier von teilweise organisierter Wirtschaftskriminalität sprechen müssen".

Pistorius: Abgelehnten Asylbewerbern legale Immigration ermöglichen

In der Debatte über ein Einwanderungsgesetz hat der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius vorgeschlagen, abgelehnten Asylbewerbern den Ausweg zu einer legalen Immigration zu eröffnen. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erklärte der SPD-Politiker, dies solle dann greifen, falls die Bewerber etwa einen Facharbeiterabschluss oder über andere gesuchte Qualifikationen verfügen.

"In weiten Teilen des Landes suchen wir händeringend Menschen, die arbeiten können und arbeiten wollen - und schicken sie weg", wunderte sich der Ressortchef. Die Regelung soll nach seiner Vorstellung als Übergang dienen, bis ein umfassendes Einwanderungsrecht beschlossen sei.

Die Union kritisierte der Sozialdemokrat wegen ihres Streits um die Einwanderungspolitik scharf. "Die Kakophonie dort muss enden: Jeder sagt etwas anderes in der CDU. Dabei muss allen klar sein: Wir brauchen eine gesteuerte Einwanderung von Arbeitskräften", so Pistorius.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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