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Dobrindt verschiebt den Start der Pkw-Maut

Archivmeldung vom 18.06.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de

Wegen des angekündigten Vertragverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen die deutsche Pkw-Maut verschiebt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) den Start der "Infrastrukturabgabe". Gegenüber "Bild" sagte Dobrindt: "Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungs-Verfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe. Wir verhalten uns rechtsstaatlich und werden eine Gerichtsentscheidung abwarten." Ein Start der Pkw-Maut im Laufe des Jahres 2016 sei damit nicht mehr möglich.

Der Grund: Wegen des schwebenden Verfahrens und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit ist eine Ausschreibung für die Betreiberfirmen der Maut nicht möglich. Er werde die Vorbereitungen für die Einführung jedoch wie geplant weiter vorantreiben, sagte Dobrindt: "Die Bundesregierung hat eindeutig nachgewiesen, dass die Maut-Gesetze EU-konform sind. Deshalb bereiten wir Ausschreibung und Vergabe des Maut-Modells vor. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs können dann Suche und Auswahl eines Betreibers erfolgen, um die Infrastrukturabgabe umzusetzen. Von unserem Kurs, mehr Gerechtigkeit auf der Straße zu schaffen, lassen wir uns nicht abbringen." Eine Benachteiligung ausländischer Autofahrer sei ausdrücklich nicht gegeben, sagte Dobrindt. "Alle zahlen die Infrastrukturabgabe, alle werden gleich behandelt, unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Dabei vermeiden wir Doppelbelastungen für Diejenigen, die sich heute schon an der Finanzierung unserer Straßen beteiligen."

Ausdrücklich verweist Dobrindt dagegen auf ähnliche Kompensationen bei anderen EU-Ländern: "Schauen Sie mal in unsere Nachbarländer: Österreich hat 1997 die Maut eingeführt und gleichzeitig die Pendlerpauschale für Österreicher massiv erhöht. Und Großbritannien hat letztes Jahr eine Lkw-Maut eingeführt und gleichzeitig die Kfz-Steuer erheblich gesenkt. Dies alles war ohne Beanstandung aus Brüssel möglich." Deshalb das Verfahren auch an der grundsätzlichen Einführung der Pkw-Maut in Deutschland nichts ändern: "Die Pkw-Maut wird kommen. Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat haben EU-konforme Gesetze beschlossen. Es geht um Gerechtigkeit auf unseren Straßen: Alle Pkw-Halter, die unsere Straßen nutzen, werden sich zukünftig an den Kosten der Infrastruktur beteiligen. Es geht um Fairness: Denn die meisten Nachbarländer haben bereits Maut-Modelle. Und es geht um einen Mehrwert für alle Autofahrer: Jeder Euro, den wir zusätzlich einnehmen, investieren wir direkt wieder in moderne Straßen."

Dobrindt weiter: "Ich werde mit Brüssel eine harte Auseinandersetzung führen. Am Schluss wird der Europäische Gerichtshof entscheiden. Niemand wird diskriminiert, alle Pkw-Halter entrichten die Infrastrukturabgabe. Was wir mit der Kfz-Steuer machen, ist ausschließlich nationale Hoheit, Brüssel hat da keine Kompetenzen. Deutschland hat einen ausgeglichenen Haushalt, wir schreiben die schwarze Null - wenn wir die Autofahrer bei der Kfz-Steuer entlasten wollen, dann können wir das jederzeit tun. Das ist allein unsere Entscheidung, das geht Brüssel nichts an."

Für das Vorgehen von EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc habe er "kein Verständnis", sagte der Minister: "Ich habe für das Vorgehen der Kommission bei der Pkw-Maut kein Verständnis. Beispiele für Ungleichbehandlung findet man in Österreich: z.B. am Katschbergtunnel haben Österreichs Pendler satte Sonderkonditionen, sparen sich so rund 100 Euro im Jahr gegenüber Autofahrern aus dem Ausland. Unser Maut-Modell gilt hingegen für alle Autofahrer und niemand wird dabei doppelt belastet."

Hofreiter fordert Rücknahme der Maut-Gesetze

Angesichts eines zu erwartenden EU-Vertragsverletzungsverfahrens hat der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, die Bundesregierung aufgefordert, ihre Gesetzentwürfe zur Pkw-Maut zurückzuziehen. "Das wäre das Einfachste", sagte Hofreiter der "Saarbrücker Zeitung".

Er ergänzte, mit einem laufenden EU-Verfahren sei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) angeschlagen. "Er hat sich so eng mit der Maut verknüpft, dass er dann überlegen sollte, ob er noch der geeignete Minister ist." Außerdem habe Dobrindt mit der Vorlage von zwei Gesetzen zur Pkw-Maut für ausländische Fahrer "den Betrug am Wähler schon eingepreist". Sollte das Entlastungsgesetz für deutsche Autofahrer am Ende gekippt werden, "kommt die Maut für alle". Die CSU begehe dann einen geplanten Wählerbetrug, um sagen zu können, "wir hätten euch die Entlastung gegeben, aber die böse EU hat das verhindert. Das ist der Rechtspopulismus, den die CSU mit Blick auf Europa so häufig betreibt."

Zeitung: EU-Kommission leitet Donnerstag Verfahren gegen Maut ein

Die EU-Kommission unternimmt wohl rechtliche Schritte gegen die deutsche Pkw-Maut. Die Behörde werde am Donnerstag ein Verfahren wegen Verletzung des EU-Vertrags gegen Deutschland einleiten, berichtet die "Welt" unter Berufung auf die EU-Kommission. "Wir haben erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Pkw-Maut in Deutschland. Ausländische Fahrzeughalter werden aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert. Deutsche Nutzer zahlen die Maut dagegen nicht, weil für sie die KFZ-Steuer in gleicher Höhe gesenkt wird. Diese Ungleichheit ist nicht akzeptabel", hieß es der Zeitung zufolge. Sie bemängelten demnach auch, dass der Preis für Kurzzeittarife bei der Pkw-Maut zu hoch sei.

Die Kommissionsbehörde wird am Donnerstag zunächst ein Mahnschreiben an Berlin schicken, berichtet die "Welt" weiter. Sie räumt darin der Bundesregierung eine zweimonatige Antwortfrist ein. "Das Mahnschreiben bietet Deutschland erneut eine Möglichkeit, die geplante Pkw-Maut zu korrigieren. Die Diskriminierung ausländischer Autofahrer muss geändert werden. Alle weiteren Schritte hängen maßgeblich davon ab, wie Deutschland reagiert", hieß es laut "Welt" weiter in Kreisen der Kommission. Die Rechtsexperten der EU-Kommission hätten in den vergangenen Wochen für den Fall einer Klage bereits intensiv alle möglichen Optionen bis ins Detail geprüft. Dabei werde in den zuständigen Kommissionskreisen auch erwogen, einen Antrag beim EuGH auf eine "einstweilige Anordnung" nach Paragraf 279 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU zu stellen.

Sollte der zuständige EuGH-Vizepräsident Koen Lenaerts im Rahmen eines solchen "Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes" zu dem Ergebnis gelangen, dass das Gesetz dem Anschein nach gegen EU-Recht verstößt, so kann er innerhalb kürzester Zeit anordnen, dass die Pkw-Maut in Deutschland bis zur endgültigen Entscheidung über die Klage, die durchschnittlich 20 Monate in Anspruch nimmt, nicht angewendet werden darf. Die Folge: Das deutsche Mautgesetz könnte bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Klage nicht in Kraft treten. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) müsste in diesem Fall alle Vorbereitungen, wie Ausschreibungen, für die neue Pkw-Maut unverzüglich stoppen.

Ein solches Verfahren wurde beispielsweise im Juli 2003 angewandt, als der EuGH Österreich unverzüglich untersagte, ein teilweises Fahrverbot auf der Brennerautobahn für Lkw durchzusetzen.

Alternativ zu einer einstweiligen Anordnung wäre aber auch ein Antrag auf ein "beschleunigtes Verfahren" denkbar, hieß es in Brüssel. In diesem Fall gäbe es nach fünf bis sechs Monaten eine endgültige Entscheidung. Ein solches Eilverfahren könnte ebenfalls dazu führen, dass die Pkw-Maut in Deutschland niemals eingeführt wird, schreibt die "Welt" weiter.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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