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Maas nimmt Karlsruhe gegen Kritik aus der Union in Schutz

Archivmeldung vom 20.04.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.04.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Roben der Richter am Bundesverfassungsgericht
Roben der Richter am Bundesverfassungsgericht

Foto: UrEvilboyheber
Lizenz: CC-BY-SA-3.0-de
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Justizminister Heiko Maas (SPD) hat das Bundesverfassungsgericht gegen Kritik aus Reihen der Union in Schutz genommen. "Die Kritik am Bundesverfassungsgericht ist völlig unangemessen", sagte Maas der "Welt". "Das Gericht ist ein Garant für Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechte. Sein Ansehen bei den Bürgerinnen und Bürgern ist völlig zu Recht sehr hoch."

Die Urteile der Karlsruher Richter würden nicht immer jedem Politiker gefallen mögen, führte Maas aus. "Das darf doch aber kein Grund sein, nun eine Verringerung seiner Kompetenzen zu fordern. Wenn viele grundsätzliche politische Fragen in Karlsruhe geklärt werden müssen, hat sich die Politik das am Ende auch selbst zuzuschreiben", sagte der Minister. "Wer nicht den Mut hat zu entscheiden, sollte sich nicht über Urteile anderer beschweren."

Führende Vertreter von CDU und CSU hatten in der "Welt am Sonntag" eine Reihe der jüngsten Entscheidungen des Karlsruher Gerichts kritisiert. Der Präsident des Deutschen Bundestags, Norbert Lammert (CDU), hält den "deutlich erkennbaren Gestaltungsanspruch" der Karlsruher Richter in "hoch politischen Fragen" wie der Ausgestaltung des Wahlrechts für problematisch und plädierte für eine Grundgesetzänderung: "Das Grundgesetz schweigt zu den Grundsätzen des Wahlsystems, zur Frage nach Mehrheits- oder Verhältniswahlrecht, nach Sperrklauseln oder dem Ausgleich von Überhangmandaten - und beschränkt sich auf den Hinweis, dass die Mitglieder des Bundestages in allgemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahlen gewählt werden." Diese Lücke verleite das Gericht dazu, in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers einzugreifen, monierte der Parlamentspräsident.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), griff das Gericht wegen der Abschaffung der Drei-Prozent-Hürde bei Europawahlen an. Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, bemängelte die Urteile zum Kopftuchverbot für Lehrerinnen und zur Erbschaftsteuer.

Britta Haßelmann, erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, distanzierte sich ebenfalls von den Äußerungen aus CDU und CSU. "Wenn die Union das Wahlrecht ändern will, dann soll sie einen Vorschlag vorlegen, mit dem man sich auseinandersetzen kann, anstatt grundsätzlich den Einfluss des Bundesverfassungsgerichtes zu beklagen", sagte Haßelmann der "Welt".

Wer ein Gesetz wie das Betreuungsgeld im Bewusstsein der verfassungsrechtlichen Probleme beschließe, dürfe sich nicht wundern, wenn das Gericht es womöglich verwerfe. "Viele Urteile würden sich erübrigen, wenn die Bundesregierung bei der Gesetzgebung mehr Sorgfalt an den Tag legen würde und keine verfassungswidrigen Gesetze mehr beschließen würde. Die Union sollte sich an die eigene Nase fassen, statt mit dem Finger auf Karlsruhe zu zeigen", sagte Haßelmann.

Kritik kam auch vom FDP-Vorsitzenden Christian Lindner. "Der Großen Koalition ist die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts ein Dorn im Auge", sagte der Chef der Freidemokraten der "Welt". Das Gericht stehe der ungehemmten Machtausübung der Politik entgegen. "Auf Karlsruhe kann man sich in Fragen der Bürgerfreiheit verlassen. Es wäre ein Tabubruch, wenn aus durchsichtigen parteipolitischen Motiven diese geachtete Institution beschädigt würde", sagte Lindner.

Unmut in der Union über Bundesverfassungsgericht wächst

In den Unionsparteien wächst der Unmut über das Bundesverfassungsgericht: Führende Vertreter von CDU und CSU kritisieren eine Reihe der jüngsten Entscheidungen des Karlsruher Gerichts. Sie beklagen eine Überdehnung von Kompetenzen und mangelnde Rücksichtnahme der Richter auf die gesellschaftspolitischen Folgen ihrer Urteile. "Das Bundesverfassungsgericht legt seinen Auftrag aus meiner Sicht in den letzten Jahren besonders weitreichend aus", sagte Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, der "Welt am Sonntag".

Das Gericht versuche, "relativ stark" in die politische Entscheidungsfreiheit einzugreifen. "Zugleich setzt das Verfassungsgericht fast unlösbare Aufgaben für den Gesetzgeber. Das sehe ich kritisch", sagte Hasselfeldt. Konkret bemängelte sie das Urteil zum Kopftuchverbot für Lehrerinnen, mit dem das Gericht für Konflikte in den Schulen sorge. In der Entscheidung zur Erbschaftsteuer hätten die Richter der Politik mit der sogenannten "Bedürfnisprüfung" die Einführung eines Instruments vorgeschrieben, den das Steuerrecht eigentlich nicht kenne. "Nun gezwungenermaßen ein artfremdes Instrument in das Erbschaftssteuerrecht einzuführen, macht eine ordnungspolitisch saubere Lösung schwierig", sagte Hasselfeldt. Derart konkrete Vorgaben seien nicht Aufgabe des Gerichts: "Karlsruhe ist nicht der bessere Gesetzgeber."

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), griff das Gericht wegen der Abschaffung der Drei-Prozent-Hürde bei Europawahlen scharf an. "Mit dem Urteil schwächt Deutschland sich selbst. Einerseits klagt das Verfassungsgericht über zu wenig Demokratie in der EU, und dann hindert es das Parlament, vernünftige demokratische Kontrolle auszuüben", sagte Brok der Zeitung. In dem Urteil komme "die Verachtung einiger Richter für Politik zum Ausdruck. Ich würde die Damen und Herren gern einmal zu einem vierwöchigen Praktikum ins EU-Parlament einladen, damit sie dessen Funktionsweise verstehen."

Norbert Lammert (CDU), Präsident des Deutschen Bundestags, hält den "deutlich erkennbaren Gestaltungsanspruch" der Karlsruher Richter in "hoch politischen Fragen" wie der Ausgestaltung des Wahlrechts für problematisch. Lammert zielt vor allem auf die Karlsruher Entscheidung, die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen aufzuheben und die damit einhergehende Zersplitterung der Gemeindeparlamente. Das Urteil habe "ruinöse Folgen" für die Entscheidungsfindung auf kommunaler Ebene und erschwere die Rekrutierung von geeigneten Mandatsträgern. "Die Verdoppelung der Beratungszeit bei gleichzeitiger Reduzierung der Erfolgsaussichten ist tödlich für die Bereitschaft zum ehrenamtlichen politischen Engagement."

Lammert plädierte in der "Welt am Sonntag" für eine Grundgesetzänderung, um den Einfluss der Richter einzudämmen. "Wir haben hier eine der wenigen wirklichen Lücken in der Verfassung", sagte der Bundestagspräsident: "Das Grundgesetz schweigt zu den Grundsätzen des Wahlsystems, zur Frage nach Mehrheits- oder Verhältniswahlrecht, nach Sperrklauseln oder dem Ausgleich von Überhangmandaten." Diese Lücke verleite das Gericht dazu, in den Spielraum des Gesetzgebers einzugreifen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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