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Drohnen für die Bundeswehr: Bewaffnung offensichtlich konkreter geplant als bisher bekannt

Archivmeldung vom 06.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Der „Heron“ bei Nacht. Bild: Bundeswehr
Der „Heron“ bei Nacht. Bild: Bundeswehr

Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" ist die Bewaffnung der Drohnen für die Bundeswehr deutlich konkreter geplant als bisher bekannt. Das geht aus dem Vertrag für die Beschaffung der Drohne G-HERON TP hervor, der "Report Mainz" exklusiv vorliegt. Darin werden bereits konkrete Schritte für die Bewaffnung der unbemannten Luftfahrzeuge festgelegt. So wird unter anderem die Anpassung und der Einbau der Munition für die deutsche Version der Drohne vereinbart.

Darüber hinaus die taktische Ausbildung der Soldaten an dem bewaffneten System. Außerdem werden sehr konkrete Anforderungen für bewaffnete Einsätze formuliert. Am 13. Juni dieses Jahres wurde im Deutschen Bundestag eine der bedeutendsten Militäraufträge aus jüngster Vergangenheit beschlossen. Es ging um die Anschaffung von fünf israelischen Drohnen vom Typ HERON TP und dazugehörige Dienstleistungen. Der Auftrag beläuft sich auf knapp 900 Millionen Euro für eine Anmietung der Fluggeräte.

In Zusammenhang mit dem Großauftrag gab Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen stets zu Protokoll, dass es sich nicht um eine bewaffnete Drohne handele. Die Entscheidung zur Bewaffnung würde erst getroffen, nachdem eine breite gesellschaftliche Debatte stattgefunden habe. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Auch die vertrauliche Vorlage des Finanzministeriums an den Haushaltsausschuss bekräftigt: "Die Herstellung der vollumfänglichen Bewaffnungsfähigkeit, die eine taktische Waffenausbildung des Bedienpersonals voraussetzt sowie eine Munitionsbeschaffung sind nicht beauftragt."

Doch in dem als vertraulich eingestuften Vertrag zwischen dem Bundesverteidigungsministerium und Airbus werden im Anforderungsprofil für die Drohnen detaillierte Einsatzszenarien beschrieben. So heißt es zum Beispiel, die HERON TP müsse in der Lage sein, "die identifizierten Bodenziele mit vom RPA mitgeführter SP zu bekämpfen". SP ist die im Vertrag verwendete Abkürzung für "Special Payload", gemeint damit ist Munition. Außerdem müsse die G-HERON TP laut Vertrag in der Lage sein, mindestens einmal am Tag die "präzise Bekämpfung von mindestens zwei leichtgepanzerten (ungepanzerte) Fahrzeugen oder weichen (Personen) Zielen nacheinander in einer Mission" leisten zu können.

Der Bundestagsabgeordnete Tobias Pflüger (Die Linke) sagt gegenüber "Report Mainz": "Die Öffentlichkeit wird an dem Punkt konkret getäuscht, weil die Beschaffungsentscheidung, die gefällt wurde, wurde als bewaffnungsfähige Drohne beschrieben. Es geht nicht um den Schutz von Truppen, sondern es geht um den Abschuss von Fahrzeugen und Personen. Das Problem ist, dass die Öffentlichkeit darüber nicht wirklich in Kenntnis gesetzt wird, weil im Grunde genommen ist klar: Man hat jetzt das Ziel, eine bewaffnete Drohne anzuschaffen und mit der vor allem in Mali oder in Afghanistan zu agieren."

Bestandteil des Vertrags ist darüber hinaus eine eventuell erforderliche Modifikation von Präzisionsmunition, um den Bestimmungen der Bundeswehr zu entsprechen. In der Vereinbarung mit dem israelischen Verteidigungsministerium wird ein sehr detaillierter Integrationsprozess der Munition in das Gesamtsystem beschrieben bis hin zum Test mit scharfer Munition. Im Vertrag ist auch die Anschaffung von bis zu 17 Präzisionsraketen optioniert. Das Bundesverteidigungsministerium hat für die Herstellung dieser so genannten "technischen Bewaffnungsfähigkeit" rund 51 Millionen US-Dollar angesetzt, obwohl der Aspekt der Bewaffnung vom Parlament eigentlich noch nicht beschlossen ist.

Auf Anfrage von "Report Mainz" verweist das Bundesverteidigungsministerium darauf, dass die Vereinbarungen nur eine "technische Fähigkeit zur Bewaffnung" darstellten. Darunter versteht das Verteidigungsministerium Maßnahmen, "die zur Zertifizierung der Bewaffnung und zur Qualifikation der Munition beitragen".

Tobias Lindner (B'90/Grüne) kritisiert vor dem Hintergrund der "Report Mainz"-Recherchen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen: "Die ganze Beschaffung, das sieht man, ist ausgelegt auf Bewaffnungsfähigkeit. Sonst würde man nicht 50 Millionen Euro jetzt für die Zertifizierung des Systems im Hinblick auf diese Eigenschaft ausgeben. Das ist unverantwortlich, wenn es um Geld geht, und das ist unverantwortlich auch, wenn es um Moral geht."

Außerdem soll laut Vertrag zwischen Airbus und dem Verteidigungsministerium auch die "Durchführung von Flügen im Rahmen von Training und Ausbildung inklusive Trainingsflüge zum SP-Einsatz (innerhalb spezieller Luft/Bodenschießplätze)" bereitgestellt werden - also Trainingsflüge für bewaffnete Einsätze.

In der Stellungnahme des Bundesverteidigungsministeriums heißt es: "Weitere Zwischenschritte mit Blick auf einen potenziellen Einsatz von bewaffneten G-HERON TP wären die Ausbildung des Personals und die Beschaffung entsprechender Munition. Die parlamentarische Billigung hierzu steht aus. Somit kann zukünftig, nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung, über die Beschaffung der Munition sowie die dazugehörige Ausbildung von Personal gesondert entschieden werden."

Eingeschränkte Zulassung

Nach "Report Mainz"-Recherchen wird die G-HERON TP offenbar - anders als ursprünglich vorgesehen - nie in Deutschland fliegen. Der Grund dafür: Ursprünglich vorgesehene Systemkomponenten, die einen Betrieb unter hiesigen Wetterbedingungen ermöglicht hätten, sollen nun doch nicht mehr eingebaut werden. So wird zum Beispiel der ursprünglich geplante Blitzschutz für das Flugzeug nicht mehr eingebaut. Erstmals bestätigt nun das Bundesverteidigungsministerium: "Die nachträgliche Integration eines Blitzschutzes wäre aus unserer Sicht mit einem unverhältnismäßig hohen Entwicklungsaufwand verbunden." Über die Veränderung in der geplanten Zulassung sagt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Fritz Felgentreu, gegenüber "Report Mainz": "Da die G-HERON TP ohnehin in Deutschland nicht eingesetzt werden soll, dient es der Beschleunigung des Beschaffungsvorganges, wenn wir auf ein Zulassungsverfahren für den deutschen Luftraum zum gegenwärtigen Zeitraum ganz verzichten."

Aus Sicht der Opposition erinnern die Schwierigkeiten bei der Zulassung an das Drohnendebakel um die Euro Hawk. Auch diese Drohne scheiterte an der Zulassung. Tobias Lindner (B' 90/Grüne) dazu: "Da sind 750 Millionen Euro Steuergeld versenkt worden und hätte Herrn de Maizière fast das Amt gekostet. Jetzt bei der G-Heron TP löst man das Problem nicht, man mogelt sich quasi drumherum und stellt einfach die Drohne in Israel ab, damit man keine deutsche Zulassung anstreben muss."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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