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Armutsbericht 2016: Verbände kritisieren anhaltend hohe Armut und fordern von Bundesregierung sozial- und steuerpolitischen Kurswechsel

Archivmeldung vom 23.02.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.02.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Christian Pohl / pixelio.de
Bild: Christian Pohl / pixelio.de

Ein Verharren der Armutsquote in Deutschland auf hohem Niveau beklagt der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem aktuellen Armutsbericht, der erstmals in erweiterter Form und unter Mitwirkung weiterer Verbände und Fachorganisationen erscheint. Während in neun Bundesländern die Armutsquoten 2014 gesunken seien, belegt der Bericht einen Anstieg der Armut in den bevölkerungsreichen Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen. Hauptrisikogruppen seien Alleinerziehende und Erwerbslose sowie Rentnerinnen und Rentner, deren Armutsquote rasant gestiegen sei und erstmals über dem Durchschnitt liege. Die Herausgeber sehen daher auch keinerlei Anlass zur Entwarnung und fordern von der Bundesregierung einen sozial- und steuerpolitischen Kurswechsel, um dringend notwendige Maßnahmen zur Armutsbekämpfung auf den Weg zu bringen.

Das gute Wirtschaftsjahr 2014 habe zu keinem nennenswerten Rückgang der Armutsquote in Deutschland geführt. Die Armut verharre mit 15,4 Prozent auf hohem Niveau, so der Bericht. Die Armutsquote sei zwar von 2013 auf 2014 um 0,1 Prozentpunkte gesunken. Ob der Negativtrend seit 2006, als die Armutsquote noch 14 Prozent betrug, damit gestoppt sei, sei jedoch offen. Während es insbesondere in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern signifikante Rückgänge der Armutsquoten gegeben habe, setze sich der Negativtrend in Nordrhein-Westfalen ungebrochen fort. Das Ruhrgebiet bleibe mit Blick auf Bevölkerungsdichte und Trend die armutspolitische Problemregion Nummer Eins in Deutschland. Seit 2006 sei die Armutsquote im Ruhrgebiet um 27 Prozent angestiegen auf einen neuen Höchststand von 20 Prozent. Die am stärksten von Armut betroffenen Gruppen sind nach dem Bericht Erwerbslose (58 %). Auch die Kinderarmutsquote (19 %) liegt nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt, wobei die Hälfte der armen Kinder in Haushalten Alleinerziehender lebt. Die Armutsquote Alleinerziehender liegt bei sogar 42 %, was u.a. an systematischen familien- und sozialpolitischen Unterlassungen liegt. Alarmierend sei die Entwicklung insbesondere bei Rentnerhaushalten. Erstmalig seien sie mit 15,6 Prozent überdurchschnittlich von Armut betroffen. Die Quote der altersarmen Rentnerinnen und Rentner sei seit 2005 um 46 Prozent und damit so stark angewachsen wie bei keiner anderen Bevölkerungsgruppe. Ergänzend zu den empirischen Befunden beleuchten die Experten in dem Bericht auch umfassend die Lebenslagen einzelner nach der Statistik überdurchschnittlich von Armut betroffener Personengruppen wie bspw. Kinder oder Migrantinnen und Migranten, sowie derjenigen, die bisher gar nicht von der Statistik erfasst werden, wie Obdachlose oder Flüchtlinge.

Herausgeber des Armutsberichts sind Der Paritätische Gesamtverband, das Deutsche Kinderhilfswerk, der Volkssolidarität Bundesverband, die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, der Deutsche Kinderschutzbund, der Verband alleinerziehender Mütter und Väter, der Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte und die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie. PRO ASYL hat sich zudem mit seiner flüchtlingspolitischen Expertise in die Erstellung des Berichts eingebracht. Die Herausgeber verstehen den gemeinsamen Bericht als "parteiisch und aufklärerisch im besten Sinne" und erklären: "Wir sind Verbände und Fachorganisationen, die die Lebenslagen der Betroffenen kennen und ihnen mit diesem Bericht eine Stimme geben wollen. Wir wissen, wovon wir reden und was Armut in Deutschland bedeutet. Es ist Zeit für eine Sozialpolitik, die wirklich alle Menschen mitnimmt und keinen zurück lässt. Es ist Zeit für einen sozial- und steuerpolitischen Kurswechsel, um Armut zu bekämpfen und eine Verringerung sozialer Ungleichheit zu erreichen." Für den 7. und 8. Juli 2016 kündigen die Herausgeber als nächste gemeinsame Aktion einen großen armutspolitischen Hauptstadtkongress an, für den bereits weitere Mitveranstalter wie u.a. der DGB gewonnen werden konnten.

Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband (ots)

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