Bundesregierung weicht geplante Asbest-Neuregelung auf
Archivmeldung vom 09.08.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.08.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Bundesregierung macht bei der bislang kaum in der Öffentlichkeit diskutierten Neufassung der sogenannten Gefahrstoffverordnung einen Rückzieher, bei der es vor allem um den Umgang mit alten, potenziell mit Asbest belasteten Gebäuden gehen sollte.
Über mehrere Jahre hinweg hatten viele Beteiligte wie Gewerkschaft und 
Berufsgenossenschaft, Bauunternehmen und Wohnungswirtschaft, Experten 
und Politiker unter Federführung des Arbeitsministeriums beraten, um 
einen besseren Schutz vor Asbest im Bestand zu schaffen. Das Ergebnis: 
Wer Bau- oder Umbauarbeiten in einem Haus mit Baujahr 1993 oder älter in
 Auftrag gibt, sollte verpflichtet werden, vorab nach gefährlichen 
Stoffen suchen zu lassen. Erst dann sollten die Arbeiten beginnen.
Und
 so stand es auch bis vor wenigen Wochen auch in einem Entwurf des 
Arbeitsministeriums für Änderungen an der Gefahrstoffverordnung. 
Inzwischen aber fehlt die sogenannte Asbest-Erkundung, schreibt die 
"Süddeutsche Zeitung" in ihrer Freitagausgabe. Stattdessen sollen die 
Auftraggeber nun nur noch verpflichtet werden, Unterlagen zur Verfügung 
zu stellen, die sie mit "zumutbarem Aufwand" beschaffen können.
Hinter
 der Kehrtwende stecken offenbar keine fachlichen, sondern politische 
Erwägungen. So fürchtet die Bundesregierung vor allem Mehrkosten für die
 Eigentümer im Fall von Asbest-Funden. So gebe es "erhebliche Bedenken, 
dass zu weitreichende Pflichten beispielsweise die energetische 
Gebäudesanierung behindern könnten", schrieb Kanzleramtsminister 
Wolfgang Schmidt (SPD) vor wenigen Tagen in einem Brief an mehrere 
Verbände aus der Bauwirtschaft, über den die SZ berichtet. Aus dem 
ebenfalls SPD-geführten Arbeitsministerium heißt es auf Anfrage, die 
neue Verordnung "befindet sich derzeit in der regierungsinternen 
Ressortabstimmung, die abzuwarten bleibt".
Dass nun der 
Klimaschutz gegen die Gesundheit der Bauarbeiter ausgespielt werde, sei 
"unredlich", heißt es aus der Baubranche. Statt Menschen in Gefahr zu 
bringen, sollte die Bundesregierung lieber Bauherren bei der Erkundung, 
Sanierung und Entsorgung finanziell fördern, fordert etwa Norbert Kluger
 von der Berufsgenossenschaft Bau. Asbest ist am Bau zwar seit 1993 
verboten, noch immer aber ist die Mineralfaser nach offiziellen Daten 
für mehr als jede zweite tödliche Berufskrankheit verantwortlich. Nach 
Schätzungen sterben Jahr für Jahr etwa 1.500 Menschen an den Folgen von 
Asbest. Und noch immer gibt es wohl mehr als 20 Millionen Tonnen 
asbesthaltiger Materialien in älteren Häusern: nicht nur in den 
bekannten Eternitplatten, sondern auch in Fensterkitt, Fliesen- und 
Teppichklebern, Rohren, Putz oder Estrich. Zu diesem Ergebnis kam im 
vergangenen Jahr eine Auswertung des Pestel-Instituts im Auftrag der 
Gewerkschaft IG Bau.
Quelle: dts Nachrichtenagentur

        
      
      