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"In Deutschland fühlen wir uns sehr wohl"

Archivmeldung vom 20.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Das große Geld kann die Mafia nur machen, wenn die Politik mitspielt - so wie in Deutschland. Das sagt ein Pate der kalabrischen 'Ndrangheta. Mit SPIEGEL ONLINE spricht der Capo über das Selbstverständnis seiner Organisation und seine Version der Morde von Duisburg.

SPIEGEL ONLINE: Wie sollen wir Sie als Boss ansprechen?

Capo: Ich bin ein Medaglione, der höchste Grad, den man bei uns erreichen kann. Nennen Sie mich doch einfach Fedele.

SPIEGEL ONLINE: Wie wird man Medaglione?

Capo: Man muss sich an die Regeln halten, Meriten erwerben und klug handeln.

SPIEGEL ONLINE: Was sind Meriten?

Capo: Das sind die Taten, an denen wir gemessen werden. Es funktioniert wie in der Wirtschaft. Wer Erfolg hat, steigt auf.

SPIEGEL ONLINE: Gehören auch Morde dazu?

Capo: Dazu können auch blutige Taten zählen.

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie schon jemanden umgebracht?

 

Capo: Sagen wir mal so: Es würde mir mehr Probleme bereiten, einen Hund zu töten. Denn Tiere machen im Gegensatz zu Menschen keine Fehler.

SPIEGEL ONLINE: Was für Fehler meinen Sie?

Capo: Jeder von uns muss sich an die Regeln halten. Dazu gehören Gehorsam, Treue und Wahrhaftigkeit. Wer sich nicht daran hält, muss zahlen. Vielleicht nicht beim ersten Mal, aber spätestens beim siebenten.

SPIEGEL ONLINE: Ihr Geschäft ist Raub, Erpressung und Mord. Wie können Sie da von Regeln sprechen?

Capo: Das sind die Mittel, die uns bleiben. Der römische Staat geht ebenfalls nicht zimperlich mit uns um.

SPIEGEL ONLINE: Aber diese Regierung ist demokratisch gewählt. Ihnen hingegen fehlt jede Legitimation.

Capo: Wir sind ein besetztes Land, und wir nehmen uns, was uns gehört. Der Staat kümmert sich nicht um Kalabrien. Wir hingegen besorgen Jobs und sorgen für Ordnung.

SPIEGEL ONLINE: Ist es nicht vielmehr so, dass Sie jede Entwicklung im Süden Italiens durch Schutzgelderpressung und Korruption verhindern?

Capo: Die Politiker sind ohnehin korrupt. Und hier wollen wir herrschen.

SPIEGEL ONLINE: Ist die 'Ndrangheta auch in Deutschland aktiv?

Capo: Wir sind da, wo das Geld fließt. In Deutschland fühlen wir uns besonders wohl, weil man dort noch Respekt voreinander hat.

SPIEGEL ONLINE: Stehen auch deutsche Politiker auf Ihrer Gehaltsliste?

Capo: Wenn es nicht so wäre, wären wir nicht da. Das große Geld lässt sich nur verdienen, wenn die Politik mitmacht.

SPIEGEL ONLINE: Die Polizei sagt, die Morde von Duisburg seien ein Fehler gewesen, weil die anschließenden Ermittlungen die Geschäfte der 'Ndrangheta gestört haben.

Capo: Wir machen keine Fehler. Die blutigen Taten von Duisburg waren notwendig, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.

SPIEGEL ONLINE: Die Polizei behauptet, es sei ein Rachemord im Rahmen einer jahrelangen Fehde zwischen zwei verfeindeten Clans aus San Luca gewesen.

Capo: Für einen reinen Fehdemord hätten die Bosse in San Luca nie die Erlaubnis gegeben. Nein, in Duisburg lagen die Dinge anders.

 

SPIEGEL ONLINE: Wie denn?

Capo: In Duisburg wollten ein paar Leute, die für den Mord an Maria Strangio Weihnachten 2006 verantwortlich waren, gegen das ausdrückliche Verbot der Bosse eine eigene Gesellschaft gründen und in San Luca die Macht übernehmen. Zum Glück wurde ihr Plan verraten.

SPIEGEL ONLINE: Es war also keine Rache?

Capo: Wäre der Plan der Verräter von Duisburg aufgegangen, hätte das weltweit die Ordnung der 'Ndrangheta durcheinanderbringen können. So etwas kann nicht geduldet werden. Mit den Morden von Duisburg haben wir die Ordnung wiederhergestellt. Jeder weiß, was geschieht, wenn er sich gegen unsere Anordnungen stellt. Gleichzeitig ist damit die Fehde beendet worden. Es war also ein Ehrenmord und ein Fehdemord. Jetzt herrscht wieder Frieden.

SPIEGEL ONLINE: Wissen Ihre Frau und Ihre Kinder eigentlich, womit Sie Ihr Geld verdienen?

Capo: Sie sehen es. Sie wissen es. Aber sie sagen nichts.

SPIEGEL ONLINE: Soll Ihr Sohn einmal den gleichen Weg gehen?

Capo: Nein. Ich möchte, dass er Arzt wird oder Anwalt.

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