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Betreuungsgeld: Linken-Politikerin Lay fühlt sich durch OECD-Studie in Kritik bestätigt

Archivmeldung vom 11.06.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.06.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Petra Bork / pixelio.de
Bild: Petra Bork / pixelio.de

Caren Lay, stellvertretende Vorsitzende der Linken, fühlt sich durch eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrer Kritik am Betreuungsgeld bestätigt. "Eine Studie der OECD belegt, dass die geplante `Herdprämie` nicht nur Frauen vom Arbeitsmarkt fernhält, sondern die Integration von Frauen mit Migrationshintergrund erschwert", erklärte Lay am Montag in Berlin.

Ihre Partei habe das "unsoziale und lebensferne Projekt" stets scharf kritisiert, weil es ein Familienbild längst vergangener Zeiten propagiere. "Die Kritik der OECD ist nur ein weiterer Beleg dafür, wie überflüssig und sinnlos das Festhalten der schwarz-gelben Regierung am Betreuungsgeld ist", so Lay weiter.

Grüne fordern ordentliches parlamentarisches Verfahren beim Betreuungsgeld

Die Grünen haben Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) aufgefordert, sich für ein ordentliches parlamentarisches Verfahren beim Betreuungsgeld einzusetzen. "Rechtliche, haushalts- und familienpolitische Fragen zu diesem Gesetz müssen im Parlament angemessen beraten werden", sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, "Handelsblatt-Online". Ein solches Beratungsverfahren lasse dann aber eine Verabschiedung des Gesetzentwurfes vor der Sommerpause nicht zu. Beck unterstrich in diesem Zusammenhang, dass auch Koalitionsabgeordnete "massive verfassungsrechtliche Bedenken" angemeldet hätten. "Diese müssen im Familien-Ausschuss mit Sachverständigen erörtert werden können", sagte er. "Für ein parlamentarisches Hopplahopp beim Betreuungsgeld gibt es keinen Grund. Wir sind ja nicht auf der Flucht und es gibt auch keinen Staatsnotstand."

Harsche Kritik äußerte Beck an Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU), der Kritik an einem "Durchpeitschen" des Gesetzes durch den Bundestag zurückgewiesen und erklärt hatte:"Gerade weil wir schon so lange darüber diskutieren, sollten wir jetzt endlich mal entscheiden." Beck sagte dazu: "Wenn Grosse-Brömer jetzt künstlich beim Tempo Druck macht, zeigt das nur eines: Die Koalition ist auf der Flucht vor gesellschaftlichem Widerstand und hat Angst vor einer öffentlichen Diskussion in der Sommerpause." Wer aber vernünftige Politik mache, müsse die Diskussion nicht scheuen. "Wer aber nur der CSU ein milliardenteures Geschenk macht, muss fürchten, dass die Unterstützung in der Koalition für den Gesetzentwurf wie Butter in der Urlaubssonne dahin schmilzt", so Beck.

Merkel will mit Unionsfraktionsfrauen über Betreuungsgeld reden

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" am Donnerstag dieser Woche mit den Frauen der Unionsfraktion treffen, um deren Unmut über das Betreuungsgeld, den schleppenden Krippenausbau und die bisher ergebnislose Debatte um eine Frauenquote zu dämpfen. An dem Gespräch will nach Angaben ihres Hauses auch Familienministerin Kristina Schröder (CDU) teilnehmen. Am Freitag steht die erste Lesung des Gesetzentwurfs zum Betreuungsgeld im Bundestag an. Ohne die Stimmen der Frauen hätte die Koalition keine Mehrheit.

Die Unionsführung befürchtet außerdem, dass sich die Frauen an einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag für eine gesetzliche Frauenquote in den Aufsichtsräten beteiligen könnten. Der Koalitionsvertrag verpflichtet CDU, CSU und FDP dazu, im Bundestag gemeinsam abzustimmen. Die Beteiligung an einem Gruppenantrag würde deshalb einen weiteren Koalitionskonflikt auslösen, denn die FDP ist gegen jede Form der Quote.

Die Gruppe der Frauen lehnt die Einführung des Betreuungsgeldes seit Jahren ab. Deren Vorsitzende Rita Pawelski hatte vorsorglich schon im April 2010 ein Meinungsbild in der Gruppe erstellen lassen. Dabei hatten sich 30 der 47 Mitglieder gegen die jetzt vorgesehene Barauszahlung ausgesprochen. Trotzdem hatte der Koalitionsausschuss im November 2011 die Einführung des Betreuungsgeldes in dieser Form beschlossen, sie ist jetzt auch im Gesetzentwurf vorgesehen. Die Frauen fühlen sich deshalb mit ihren Argumenten nicht ernst genommen.

Am 24. Mai hatte sich Merkel bereits allein mit Pawelski getroffen. Es wird erwartet, dass die Mehrheit der Unionsfrauen trotz ihrer Abneigung gegen das Betreuungsgeld bei der für Ende Juni geplanten Verabschiedung nicht gegen das Gesetz stimmen wird, um den Bestand der Koalition nicht zu gefährden. Einige Mitglieder der Gruppe haben nach Informationen der Zeitung intern aber bereits erklärt, sie wollten der Abstimmung fern bleiben oder sich enthalten. Eine Ja-Stimme wäre mit ihrem Gewissen nicht vereinbar. Zur Quote liegt dem Bundestag bisher nur ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vor. Er sieht eine Frauenquote von 40 Prozent in den Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen vor. Die Quote soll spätestens im Jahr 2015 eingehalten werden.

Die Grünen haben bisher noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt, weil sie die Chance auf einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag nicht gefährden wollen. Nach Informationen der Zeitung trifft sich Pawelski bereits seit mehreren Monaten regelmäßig mit der Vorsitzenden des Familienausschusses, Sibylle Laurischk (FDP), der stellvertretenden CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär, der Grünen Ekin Deligöz und anderen Frauen, um die Chance für eine Zusammenarbeit auszuloten. Das bislang letzte Treffen fand am 23. Mai statt.

Während Merkel und Schröder eine freiwillige Flexi-Quote bevorzugen, verlangt Pawelski eine gesetzlich festgelegte starre Quote. Die Unionsfrauen könnten die Einführung einer solchen Quote nach der Sommerpause in ihrer Fraktion zur Gewissensfrage erklären, um sie dann per Gruppenantrag zusammen mit der Opposition durchzusetzen. Auf ähnliche Weise wurde 1997 auch die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe beschlossen.

OECD: Betreuungsgeld wirkt sich negativ auf Integration von Zuwanderern aus

Das in Deutschland geplante Betreuungsgeld kann laut einer OECD-Studie nicht nur die Beschäftigungsquote von Frauen schwächen, sondern sich darüber hinaus negativ auf die Integration von Zuwanderern auswirken. Besonders Frauen aus Zuwandererfamilien mit sozial schwachem Hintergrund tendieren demnach dazu, Geld vom Staat anzunehmen und ihre Kinder zu Hause zu versorgen, statt eine Arbeitsstelle und Betreuung zu suchen. So ist in Norwegen die Quote der am Arbeitsmarkt beteiligten Zuwanderinnen in der Folge des Betreuungsgelds um 15 Prozent gesunken.

Die OECD-Studie wird am heutigen Montag in Paris veröffentlicht und lag der "Welt" vorab vor. "Subventionen, die Eltern gezahlt werden, deren Kinder nicht in einen Kindergarten gehen, können sich auf die Arbeitsmarktbeteiligung von Zuwandererfrauen höchst nachteilig auswirken. Dies gilt besonders für gering ausgebildete Frauen mit mehreren Kindern, die in Ländern mit hohen Betreuungskosten leben", heißt es in der Studie "Jobs for Immigrants", die Zahlen aus Norwegen, Österreich und der Schweiz auswertet. Aber nicht nur in Bezug auf die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt, sondern ganz generell kann sich das Betreuungsgeld negativ auf die Integration von Zuwanderern auswirken: "Die Integration von Zuwanderermüttern in den Arbeitsmarkt - besonders jene mit geringer Ausbildung - ist direkt verbunden mit der Bildung ihrer Kinder. Es gibt zunehmend klare Belege dafür, dass die Teilnahme an kindlicher Bildung für ab Dreijährige einen starken Einfluss auf den Bildungswerdegang von Kindern aus sozial schwachen Zuwandererfamilien hat. Nachweislich profitiert diese Gruppe am meisten von den Bildungsangeboten."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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