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Bundesregierung will trotz neuer Spionage-Affäre an TTIP festhalten

Archivmeldung vom 10.07.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.07.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Transatlantisches Freihandelsabkommen (TAFTA): NAFTA, EU, EFTA und die EU-Beitrittskandidaten
Transatlantisches Freihandelsabkommen (TAFTA): NAFTA, EU, EFTA und die EU-Beitrittskandidaten

Foto: Datastat
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Trotz aller Kritik und der neuen Spionage-Affäre will sich die Bundesregierung weiterhin für das geplante transatlantische Freihandelsabkommen einsetzen. "Die Bundesregierung sieht durchaus eine Reihe von bislang ungeklärten Fragen und kritischen Themen, die in den bisherigen Verhandlungen noch keiner ausreichenden Klärung zugeführt wurden", schreibt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in einer Antwort auf eine Große Anfrage der Linkspartei, wie die "Welt" berichtet.

"Jedoch kann ein Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA auch enorme Chancen bieten, ums stärker als bisher zu beginnen, einer globalisierten Wirtschaft Spielregeln zu geben." Europa und die USA könnten mit TTIP "weltweit Maßstäbe" setzen. Gabriel versucht in seiner Antwort, die der Zeitung zufolge mit der gesamten Bundesregierung abgestimmt ist, der heftigen Kritik gegen TTIP entgegenzutreten. Es gelte die Maßgabe des EU-Verhandlungsmandates, "wonach das Abkommen jedenfalls zu keinem Absenken des Verbraucherstandards führen darf", schreibt er. Vielmehr strebe die Bundesregierung "die Verankerung eines möglichst hohen Verbraucherschutzniveaus in TTIP an, da das Abkommen auch Vorbildcharakter für andere Abkommen haben kann." Deshalb fordert die Bundesregierung ein "ehrgeiziges Kapital zur nachhaltigen Entwicklung mit den USA an, das ein hohes Niveau bei Arbeit- und Umweltschutz auch mit Blick auf Drittländer prägen soll".

Auch versucht Gabriel laut "Welt" Ängste vor den geplanten Schiedsgerichten im Rahmen von TTIP zu zerstreuen. Der Wirtschaftsminister hält demnach solche Investorschutzklauseln in einem Abkommen mit den USA zwar für nicht notwendig, da auf beiden Seiten des Atlantiks Rechtssicherheit gewährleistet sei. Doch wenn das Freihandelsabkommen solche Klauseln beinhalten sollte, könne dadurch nicht wie vielfach befürchtet nationale Gesetzgebung ausgehebelt werden.

"Negative Auswirkungen einer Gesetzesänderung auf eine bereits getätigte Investition reichen nicht aus, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen", heißt es der Zeitung zufolge in der Antwort. Vielmehr müsse das Schiedsgericht zu der Auffassung gelangen, dass die Gesetzesänderung "willkürlich, unverhältnismäßig oder diskriminierend" sei.

Bei vielen der 125 Fragen der Linkspartei verweist das Wirtschaftsministerium auf die laufenden Verhandlungen zwischen EU und USA, weshalb konkrete Schlussfolgerungen oder Positionierungen häufig nicht möglich seien, schreibt die Zeitung weiter. "Es ist schon ein starkes Stück, mit welcher Unverbindlichkeit und wie ausweichend die Bundesregierung antwortet", sagte Klaus Ernst, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Bundestag. Dabei würden den Bürgern in Deutschland und Europa seit Monaten viele Fragen unter den Nägeln brennen. Etwa, ob etwa die hohen Schutzstandards bei der Zulassung von Inhaltsstoffen von Arzneimitteln und Kosmetika weiter so hoch bleiben wie bisher.

"Wirtschaftsminister Gabriel gibt darauf keine wirklich überzeugenden Antworten. Er hat lediglich viel aufschreiben lassen, ohne in der Sache konkret zu werden", sagte Ernst. Das Wirtschaftsministerium weist die Kritik zurück, Geheimniskrämerei zu betreiben. "Wir haben auf alle Fragen nach besten Wissen und Gewissen geantwortet", heißt es aus dem Ministerium. "Nur können wir keine Effekte von TTIP auf einzelne Felder abschätzen, wenn es noch nicht mal einen Verhandlungstext gibt."

EU-Handelsausschussvorsitzender für Aussetzen der TTIP-Gespräche

Der neue Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, der deutsche SPD-Abgeordnete Bernd Lange, hat sich für ein Aussetzen der Freihandelsgespräche mit den USA ausgesprochen. "Wir sollten nach den Kongresswahlen in den USA und dem Start einer neuen EU-Kommission im November eine kritische Zwischenbilanz ziehen", sagte Lange der "Frankfurter Rundschau".

Der Parlamentarier war in dieser Woche zum Vorsitzenden im mächtigen Handelsausschuss des Europaparlaments gewählt worden, der die Verhandlungen mit den USA koordiniert. Das Parlament muss einem entsprechenden Abkommen mit den USA zustimmen. Die Verhandlungen zwischen EU und USA waren im vergangenen Jahr aufgenommen worden, doch wächst der Unmut in der Bevölkerung.

Jüngster Sorgenfall sind die von den Kommunen unterstützten Volkshochschulen. In der jüngsten Verhandlungsrunde hatten die US-Unterhändler auf einer Deregulierung des Weiterbildungsmarkts beharrt. Lange verteidigte das deutsche Modell und stellte klar: "Wir haben in der Erwachsenenbildung mit den Volkshochschulen ein System, das sich etabliert hat und das wir nicht in Frage stellen sollten."

Mißfelder rechnet nicht mit US-Entschuldigung in Spionageaffäre

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder (CDU), erwartet auch nach der jüngsten Ausweitung der Geheimdienstaffäre auf formeller Ebene kein Wort des Bedauerns aus den USA: "Ich glaube nicht, dass eine Entschuldigung kommt", sagte der CDU-Politiker und frühere Amerika-Beauftragte der Bundesregierung in einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Angesichts des mutmaßlichen zweiten Spionagefalls in Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums sei das Entsetzen im Bundestag groß. Unter Parlamentariern herrsche eine reservierte Haltung, so Mißfelder.

Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil forderte unterdessen die Aussetzung sämtlicher Abkommen, die den Datenaustausch mit den Vereinigten Staaten regeln. Gegenüber der Zeitung sagte der Sozialdemokrat, "auch das Freihandelsabkommen kann jetzt nicht einfach weiter verhandelt werden".

Spionage und vertrauensvolles Verhandeln passten nicht zusammen, sagte der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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