Union lehnt Auto-Plan der FDP ab - Kritik auch aus eigenen Reihen
Archivmeldung vom 13.08.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.08.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo Babić
        
        
        Foto: FlickreviewR 2
Lizenz: CC BY-SA 2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.
Der Beschluss des FDP-Präsidiums zur Stärkung des Autoverkehrs in deutschen Städten stößt in der Union auf Kritik. "Die FDP und die Grünen verschanzen sich beim Thema Auto einmal mehr in ihren jeweiligen ideologischen Gräben", sagte Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) der "Welt".
Am Montag hatte das FDP-Präsidium einen Beschluss gefasst, wonach die 
erst jüngst von der Ampel-Koalition bei der Reform des 
Straßenverkehrsgesetzes geschaffenen Möglichkeiten für Kommunen zur 
Umwidmung von Straßen in Radwege oder Fußgängerbereiche durch neue 
Anforderungen faktisch wieder zurückgenommen würden. Zudem will die FDP 
das kostenlose Kurzzeit-Parken in Städten ausbauen oder ersatzweise mit 
einer bundesweiten Park-Flatrate nach dem Muster des Deutschlandtickets 
für eine Verbilligung sorgen.
Lange weist den Plan zurück: 
"Genauso plump, wie die Grünen den Autoverkehr bekämpfen, ist der 
FDP-Plan für mehr Autos in den Innenstädten. Beides funktioniert so 
nicht." Deutschland benötige einen Weg, "bei dem alle Verkehrsträger 
eine gleichwertige Rolle spielen und sich die Nutzer frei entscheiden 
können, wie sie sich fortbewegen wollen".
"Wer auf dem Land oder 
in der Stadt mit dem Auto fahren will, soll das tun können. Genauso muss
 es aber auch möglich sein, den ÖPNV, den Zug oder das Rad nehmen zu 
können", sagte Lange. "Wir brauchen keine ideologiegetriebenen, sondern 
technologieoffenen Ansätze. Die Ampel und insbesondere Verkehrsminister 
Wissing sind gut beraten, das zu berücksichtigen und in diesem Sinne ein
 vernünftiges Konzept auf die Beine zu stellen."
Kritisiert wurde
 der Plan der FDP auch von der SPD-Verkehrspolitikerin Isabel 
Cademartori, die die FDP an die Reform des Straßenverkehrsgesetzes 
erinnerte: Dieses habe die Ampel novelliert, "um den Kommunen mehr 
Freiheit in ihren individuellen Verkehrsplanungen zu geben". Freiheit 
und Subsidiarität, das seien "mal die Kennwerte der FDP" gewesen, sagte 
Cademartori der "Welt".
Zudem forderte Cademartori die FDP mit 
ihrem Vorsitzenden, Bundesfinanzminister Christian Lindner, dazu auf, 
neue Finanzierungskonzepte für den Verkehrswegebau jenseits der 
Schuldenbremse zu entwickeln: "Wenn die FDP den Autofahrern etwas Gutes 
tun möchte, sollte sie mit uns gemeinsam Mittel für einen 
Infrastrukturfonds organisieren. Nur so wird es uns endlich gelingen, 
kraftvoll in den Erhalt unserer Straßen und Brücken zu investieren", 
sagte Cademartori. Die "desolaten Zustände unserer Straßen" würden die 
Menschen genauso ärgern "wie das marode Schienennetz, das die ohnehin 
schon zu vollen Straßen zukünftig mit noch mehr verlagertem Güterverkehr
 belasten wird".
Kritik an den Plänen der FDP kam aber nicht nur 
aus anderen Parteien, sondern auch aus den eigenen Reihen. So 
distanzierte sich Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) vom 
Auto-Plan seiner Partei und sprach sich gegen kostenloses Parken in 
Innenstädten aus.
"Mein Ziel ist es, dass Autofahrer, die nach 
Jena kommen, möglichst alle in die Parkhäuser und Tiefgaragen fahren", 
sagte Nitzsche dem "Spiegel". Pkw dürften nicht aus der Stadt 
ausgesperrt werden. "Wir haben über 20.000 Pendler, die täglich nach 
Jena kommen. Aber die Autos sollen in der Innenstadt möglichst nicht 
sichtbar sein, sondern schnell verschwinden. Lebenswert wird eine 
Innenstadt, wenn Autos nicht im Weg sind", so Nitzsche.
Das 
Parken in Tiefgaragen und Parkhäusern solle in Jena im Vergleich 
günstiger werden, aber nicht kostenfrei, das Parken entlang der Straßen 
teurer, so der FDP-Kommunalpolitiker. "Gleichzeitig wollen wir den 
öffentlichen Personennahverkehr ausbauen und Radfahrer und Fußgänger 
massiv stärken."
Nitzsche sagte zu dem Beschluss des 
FDP-Präsidiums: "Ich möchte als Oberbürgermeister von Jena bewusst 
überparteilich agieren. Und ich kann nur von meinen Erfahrungen hier 
berichten. Ein Beispiel: Die Wagnergasse, Jenas Kneipenmeile, ist der 
place to be für alle Studenten. Vor 25 Jahren sind da noch Autos 
gefahren, später durften nur noch Busse durch. Aber erst seitdem die 
Straße eine vollständig verkehrsberuhigte Fußgängerzone ist, ist sie 
richtig aufgeblüht."
Dieser Effekt sei ähnlich vielerorts zu 
sehen. "Wo Fußgängerzonen eingerichtet werden, wird die Innenstadt 
attraktiv. Das heißt nicht, dass wir den Weg für Autos abschneiden 
wollen. Die Innenstadt muss erreichbar sein, aber sie selbst soll nicht 
von Autos geprägt sein", sagte Nitzsche dem "Spiegel".
Quelle: dts Nachrichtenagentur

        
      
      